Foto: H.S.
07.03.2021 - von Hartmut Jeromin
Generalprobe für den 8.März, am Gänselieselbrunnen in Berlin, Nikolsberger Platz, da sollte es stattfinden, das Traditions-Treffen der sieben relevantesten Damen der Deutschen Republik, aber es kam anders, Mund-Nasenschutz ging einfach nicht und Angela musste umdisponieren: Nehmt eure Tablets, loggt euch ein, verschaltet euch und siehe da, es funktionierte, Angela hatte sie alle am Haken. Sie selbst war natürlich am Treff, wie letztens ja abgesprochen, hatte auch ihre besten Schuhe im Beutel dabei, das kannte sie noch aus ihrer Jugend, wenn sie da am Wochenende ins Nachbardorf zum Tanze wollten … und `s Liesel war auch da, schmiegte sich an Angela und sah zu, wie die mit dem flachen Apparat „spielte“. Neugierig war`s Liesel ja schon immer gewesen und hatte deswegen auch so viel gesehen da an ihrem Platz … aber das war jetzt wohl doch zu viel: Aus dem Off erschienen zwei altmodisch gekleidete Damen wie es 1910 Mode gewesen sein könnte, und drängten sich mit auf das Bänkchen, neben die nicht sehr erstaunte Angela.
Denn es sollte ja gedacht werden dem Herkommen des 8. März. Und eben diese beiden Frauen waren sehr kompetent. Clara Z. und Rosa L. Die hatten schon seit 1902 für diesen Tag gekämpft, sowie auch für das Frauenwahlrecht (welches sie am 12.11. 1918 auch erhielten), für Arbeitszeitverkürzung, Schulspeisung, legalen Schwangerschaftsabbruch und gegen den Krieg! Für diesen Kampf hatten sie schwer gelitten unter damaligen Regenten, Rosa bis zum bitteren Ende.
Und eben da fragte Angela doch die Liesel, wie lange stehst du hier schon so rum? Liesel: Na, 1910 bin ich hier eingestellt worden … Angela: Und kannst du dich an den 05.01.1919 erinnern? Ja, doch, aber nicht gerne. Da drüben in der Cäcilienschule waren die zugange und Rosa und Karl hatten sie da verhört und danach ins Hotel Eden gebracht. Das ist Geschichte. So wurde der „innere Feind“ mundtot gemacht. Die SPD-Oberen spielten dabei eine unrühmliche Rolle, natürlich auch das Offizierscorps und die Kaisertreuen.
Die gerade auch aus dem Off eintreffende Bertha von Suttner wusste: Habe ich schon immer gesagt „Die Waffen nieder“ … und … ja, ja, wäre besser gewesen über die vielen Jahre, meinte nun Christine über ihr Tablet. Und Franziska wollte sofort nur noch für Recht und Gesetz aktiv sein … und AKK blieb sprachlos. Das geht per Smartphone sehr einfach …
Als dann gar noch Helene Stöcker und Käte Dunker auftauchten, gewann die Debatte an Fahrt: Wir kämpften damals für Demokratie und gegen die Monarchie. Und ihr heute? Angela: Ja, sicher doch wohl für Menschenrechte so allgemein und überall, auch für Frauenrechte immer mal wieder und z.B. für die Gleichstellung von Mann und Frau und so … denn nun leben wir ja in einer Republik. Allerdings in einer deutschen Republik.
Rosa: Also doch wieder ein Sonderweg, ein nationalistischer? Na ja, meinte Christine, für Frieden, Abrüstung und gegen Wiederbewaffnung zu kämpfen, damit sind wir immer, meistens oder manchmal noch beschäftigt. In diesen großen Koalitionen sind uns eben oft die Hände gebunden. Käthe: Also eine tote Demokratie? Jeder glaubt vom anderen das Schlimmste? Das verstehe ich nicht, da waren wir damals aber schon viel weiter. Könnt ihr nicht anders oder wollt ihr nicht? Wir bekämpften z.B. auch die damals sehr verbreitete Kinderarbeit, ich entwarf Schul- und Bildungsprogramme. Und natürlich war ich an der Einführung des internationalen Frauentages beteiligt damals in Kopenhagen …
Das ist ja alles schön und gut, meinte Clara, ich las bei Wikipedia, ihr habt nun als Denkmal für Demokratie und Republik sogar einen Palast der Republik für das Volk? Svenja: Hatten wir, hatten … stand ziemlich zentral da neben dem Dom. Ist aber nicht mehr da … ja, musste weg, zu viel Asbest, stattdessen steht da nun als Denk- und Mahnmal wieder das Hohenzollern-Schloss. Rosa wollte es nicht glauben: Stand oder steht da? Und bitte: Mahnung woran? Gedenken an was? An den Kaiser? Wurde doch nicht mehr gebraucht das Hohenzollern-Schloss, seit der Kaiser abdanken musste! Warum also? Ich erinnere mich noch gut an die Soldateska gleich nach dem verlorenen Krieg … daran wollt ihr euch doch etwa nicht erinnern? Anja: Also ich brauchte den Palast nicht, aber eigentlich das Schloss auch nicht: Die SPD möchte sich nicht so gern an Noske, Ebert, Scheidemann und den General Groener erinnern lassen.
Liesel: Aber einen Frauentag möchte ich doch nun gerne auch einmal mitfeiern … da frag Mal die Helene Stöcker. Stöcker: Wir wollten damals eine neue Moral, wir halfen den „gefallenen Mädchen“ und nach dem Krieg 14-18 forderte ich die Abschaffung aller Armeen. Das hatte mich dieser Krieg auch gelehrt, leider aber ging es dann ja weiter … und wie sieht das nun heute bei euch aus?
AKK: Da sind wir gut gerüstet … wir haben uns unter einen Schirm der gegenseitigen Abschreckung mit dem Risiko der irrtümlichen gegenseitigen Auslöschung begeben … kostet aber einiges. Rosa: Und gegen wen, wenn ich fragen darf? Und immer noch Mann gegen Mann, mit allem was sich eignet? Liesel: Das verstehe wer will. Ihr Heutigen könnt euch gegenseitig … und wer bleibt dann übrig? AKK: na, die in den Bunkern und davon haben wir eine Menge. Liesel: au weh, und dann ist überall Wiese für meine Gänse? Und wo bleibt meinesgleichen? Wem verkaufe ich dann die Gänse, wenn alle unter dem Rasen sind?
Die älteren Damen wisperten nun und dann stellten sie Angela die Aufgabe, die jungen Damen da an den Monitoren vorzustellen. Angela: Nun ja, alles sehr ergebene Gehilfinnen an unser großen Aufgabe … die Besten der Besten … die Julia für die Bauern und die Konsumenten (Liesel starrte bewundernd auf den kleinen Bildschirm), die Anja verantwortet Bildung und Forschung, AKK das Militär, Christine ist Scharfrichterin, Franziska ist für F. und S. und J. und so zuständig, da gibt es immer was zu tun, dann noch Svenja für die Umwelt und mich als Mutter der Nation mit Richtlinienkompetenz; alles andere müssen die Männer machen, neun an der Zahl. Reicht euch das?
Die älteren Damen: Also viel Demokratie, aber wenig Demokraten? Oder umgekehrt, je nachdem. Eigentlich eine tote Demokratie. Damit kommt ihr nicht vom Fleck, die Gegenkräfte schlafen sicher auch nicht? Wie soll das nun weitergehen bei euch? Die Macht scheint ihr zu haben, wenn gleich die Männer … au fein, warf Liesel ein, endlich einmal Frauentag? Also was sind eure dringendsten Anliegen für die nähere und fernere Zukunft? Habt ihr dazu Ideale oder gar schon konkrete Vorstellungen?
Nun war guter Rat teuer; Parteiprogramme oder Koalitionsvereinbarungen waren Schnee von gestern, die Welt war einfach zu schnell geworden. Andere Teile der Welt liefen ihnen schon den Rang ab. Helene: Aber für den Frauentag habt ihr doch bestimmt vorgearbeitet … ja, zuerst ein Frauenfrühstück mit einem Mann als Festredner. Wir von der CDU z.B. mit Friedrich Merz. Und dann Blumen, muss nur noch das Finanzielle geklärt werden. Franziska: Eigentlich wollten wir ja einen großen Umzug veranstalten hier in der Hauptstadt, geht aber nicht wegen Corona …
Die älteren Damen sahen sich an, wisperten und fassten dann zusammen: Wir sehen, ihr steht wieder ganz am Anfang. Wir schlagen euch vor: Protest gegen Profitmaximierung, gegen Ausbeutung und Unterdrückung und Überwachung überall in der Welt, für ein Leben ohne Angst, für Bildungsgerechtigkeit, gegen Altersdiskriminierung, für Teilhabe von allen an der Gesellschaft, unabhängig vom Geldbeutel.
Angela: Halt, Stopp, damit werden wir heute nicht mehr fertig. Kommen wir also am 30.04. nochmals zusammen. Sie klappte ihre Tafel zu, ihre guten Schuhe blieben im Beutel und Liesel sagte zu Hartmut Jeromin traurig: Denn eben nicht!
1. Teil: Angela gab keine Ruh`, Annegret schmollte, Franziska löckte gegen den Stachel: Wehe der Gans, die dem Fuchs vertraut! unter: Link
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