Foto: H.S.
Frankreich - 30.03.2021
DIE COMMUNE ? DIE COMMUNE !
Ausgelöst durch militärische Kapitulation vor der preussischen Armee: Das Volk von Paris "rettete" 264 Kanonen vor dem Zugriff durch die Deutsche Armee und stemmte sich gegen die Kapitulation gegenüber den Preußen. In einem Aufstand vereinten sich die zweiunddreißig radikalen revolutionären Kleingruppen in der Stadt. Sie schufen sich eine zentrale Leitung - die Kommune, aus 92 in den Stadtteilen gewählten Abgeordneten.
Die Mehrheit der Gruppen folgten den Anarchisten und den Jakobinern, während die Kommunisten auf die Organisierung der militärischen Verteidigung drängten.
Wie Recht sie hatten, zeigte sich, als die Versailler den Versuch unternahmen, die Kanonen zu rauben. Die "besseren Leute" waren meist nach Versailles geflohen.
Hatte Marx erst vor dem Abenteuer gewarnt, so verteidigte er den Aufstand sofort nach dem Ausbruch.
Die preußische Armee traf ein Abkommen mit der geschlagenen französischen Militärführung: Alle Kampfhandlungen wurden eingestellt, um der französischen Armee alle Kraft für die Zerschlagung der Kommune zu ermöglichen. Ein grausamer Bürgerkrieg tobte in den Straßen.
6 Wochen währte der Aufstand und die revolutionären Gruppen machten Lernprozesse in Blitzgeschwindigkeiten durch, die kein Bücherwissen je erreichen kann.
Sie bezahlten ihren Mut bitter.
Das Blutbad der Reaktion forderte in der Stadt 30 tausend Tote, nach Memoiren von KämpferInnen erheblich mehr... 26 000 wurden verhaftet. Tausende wurden auf die "grüne Guillotine" geschickt, also dorthin, wo "der Pfeffer wächst", wie die preußische Soldateska kolportierte. 120 ermordete Kommunekämpfer wurden in Särgen am "pere la chaise" Friedhof ausgestellt und zwei Stunden lang defilierten meist Frauen der besseren Stände mit ihren Sonnenschirmchen an den Särgen vorbei und dankten Gott für die Rettung vor den "Teufeln". Die katholische Kirche errichtete zum Dank auf dem Hügel, wo sich die Commune bis zuletzt tapfer schlug, das Gotteshaus "Sacre Ceur".
Eine strenge Zensur verbot anschließend die Erwähnung der Commune in den Zeitungen. Rosa Luxemburgs Artikel v. 1919 "Ordnung herrscht in Berlin" verwendet bewusst den Satz des Schlächters der Commune, als er Vollzugsmeldung erstattete - Ordnung herrscht in Paris. Damals wie heute ist die Staatsmaschinerie gnadenlos, wenn es um die Verteidigung der bürgerlichen Ordnung geht. Erst im Jahr 2020 rehabilitierte die französische Nationalversammlung die AufstandsteilnehmerInnen. Facebook-Eintrag HoHi.
Hier die LIEDER der Commune mit historischen Aufnahmen aus den Anfängen der Fotographie
Link
So umgeht man die Zensur: Weil die Commune nicht mehr erwähnt werden durfte, entstand ein Lied über die "Zeit der Kirschen" (die Blutstropfen). Jeder verstand, wenn es heisst, dass die Schönheit der Zeit der Kirschen einen verrückt macht. Die Liebenden sollten keine Angst vor dem Liebesschmerzhaben. Man sollte für immer diese Zeit der Kirschen im Herzen behalten - auch wenn man dafür Leid in Kauf nehmen muss. In Deutschland wird dieses Lied zu Ehren der Aufständischen bis heute als "Liebeslied" abgetan... Link
Pariser Kommune, Tageszeitung
Die ausgezeichnet mit Fotos aus dem Jahr 2071 illustrierte neunseitige Beilage der Printausgabe der Tagezeitung vom 17. März 2021 über die "Pariser Kommune" enthält Beiträge von Nico Popp, Florian Grams, Thomas Kusczynski, Stefan Bollinger, Holger Czitrich-Stahl, Georg Fülberth und Florence Hervé, Manfred Neuhaus, Kai Köhler und Katrin Lange siehe Junge Welt unter: Link
Am 18. März 2021 erschien die Tageszeitung mit einer halbseitigen, farbigen Lithografie von Hector Moloch auf dem Titel. Darauf ist eine Barrikade auf dem Place Blanche in Paris zu sehen, die von Frauen verteidigt wird. Darunter, halbseitig, der Text von Berthold Brecht: "Resolution der Kommunarden". Unter Punkt 6 heißt es darin:
"In Erwägung, daß wir der Regierung
Was sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.
In Erwägung: ihr hört auf Kanonen
-Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn-
Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen!
Die Kanonen auf euch drehn!
Montmartre: Nous la Commune - Feier zum 150. Jahrestag VIDEOTIPP
Auf den Tag genau vor 150 Jahren, am 18. März 1871, begann am Fuße des Montmartre-Hügels der Pariser Aufstand, aus dem die Pariser Kommune hervorgehen sollte.
Zur Eröffnung der Gedenkfeiern schlugen der Künstler Dugudus und der Historiker Hugo Rousselle dem Pariser Rathaus vor, diesen Jahrestag zum Leben zu erwecken, indem sie die lebensgroßen Abbilder von 50 KommunardInnen und ihren Gewehren, die von je einem heutigen Pariser Bürger gehalten werden, wieder zum Leben erwecken.
"Ich wollte den öffentlichen Raum in einer Zeit, in der die Gesundheitskrise uns der Kultur beraubt, neu gestalten", sagt der Künstler Dugudus.
"Nous la Commune" ist zuerst eine Feier. Anschließend sind die Aufständischen in einer Wanderausstellung zu sehen, die 50 Kommunarden wieder zum Leben erweckt, die Sie sicher kennen: Gustave Courbet, Jules Vallès, Louise Michel...
Ab dem 1. April findet eine Reihe von Ausstellungen der Kommunarden statt, die das Hôtel de Ville, das Rathaus des III., den Gare de l`Est und schließlich den Parc des Buttes Chaumont miteinander verbinden. "50 Kommunarden, das sind 50 Eingangstüren zum Verständnis der Kommune die einen historischen und grafischen Anspruch verbinden", erklärt der Künstler während seiner Präsentation. Die Sängerin Nawel Dombrowsky interpretierte Lieder der Kommunarden, bevor sie mit dem Lied "Elle n`est pas morte" von Eugène Pottier abschliesst.
10 Porträts der Kommunarden werden von l`Humanité zwischen dem 18. März und dem 28. Mai veröffentlicht. Sonderausgabe zur Pariser Kommune ???? Link und am Kiosk ????? !
Kommentare zur Videoaufzeichnung:
- DAS WICHTIGSTE IST DIE VERBINDUNG MIT DER GELBEN GILETTEN-Bewegung, die seit mehr als zwei Jahren, fast zweieinhalb Jahren, im Gange ist. Also DANKE an Sie, dass Sie das tun.
In jedem GJ befindet sich etwas Communard.
Damit unsere Milliardäre, BANKER sowie die Gouverneure und all ihre Valets (Senatoren, Abgeordnete, Polizisten, Journalisten etc...) ERKENNEN und ERINNERN, was DAS FRANZÖSISCHE VOLK IN DER LAGE IST, ZU TUN... wenn sie sie unterdrücken, martern und verstümmeln.
DIE GLEICHEN URSACHEN ERZEUGEN DIE GLEICHEN WIRKUNGEN.
Wir sehen uns in der Zeit der Kirschen!
- "Ihr Hochstapler!", schreit ein Mann in der 22. Minute und 35. Sekunde dieses Videos. Recht hat er, denn die Pariser Bevölkerung wird von den Ordnungshütern aus imaginären gesundheitlichen Gründen sorgfältig von dieser schönen Gedenkfeier ferngehalten. Was bleibt, ist die sehr gute Arbeit der Schauspieler, die mit Überzeugung an dieser Animation mitgewirkt haben.
Was die Behauptung betrifft, dass die Kommune nicht tot ist, so kann man sich über die entsetzliche Unterwerfung unseres Volkes unter die Tyrannei mit sanitärem Antlitz wundern. Nur eine Handvoll eingefleischter Gelbwesten scheint heute diesen revolutionären Geist zu verkörpern, den unsere Vorväter, die Kommunarden, verkörpert haben. Lassen Sie uns die Hoffnung nicht aufgeben und darauf wetten, dass das Feuer der Revolte schwelt. Perikles
Zum französischsprachigen Video, "Nous la Commune, youtube unter: Link (Achten Sie auf die rote Fahne an der Mauer vor Sacre Ceur, der Kirche auf dem Montmartre-Hügel, die eigens gebaut wurde, um zum einen an die französischen Opfer des Deutsch-Französischen Krieges zu erinnern und zum anderen als Zeichen des Triumphs und zum Dank der Errettung vor den "Teufeln". Der Sieg der Versailler über die KommunardInnen sollte unübersehbar demonstriert werden. Wikipedia nennt das zwecks „Abbüßung der Verbrechen der Kommunarden“. H.S.
Die Kommunen in Frankreich 1870/71 Buchbesprechung als VIDEOTIPP
Heute vor 150 Jahren, am 18. März 1871, begann die Kommune von Paris. Ihre ersten Aktionen waren das Verbrennen der Guillotine und die Abschaffung der Todesstrafe. Vorausgegangen waren Kommunen im ganzen Land. Die radikalsten Forderungen: Bewaffnung der Frauen, Übernahme der Produktionsmittel, Verhaftung der Priester.
Dieses Interview mit Christopher Wimmer, CoAutor des kürzlich bei Assoziation A erschienenen Titels" Die Kommunen vor der Kommune", gibt einen Überblick.
Wir haben ihn für unser Filmprojekt "The Loud Spring" interviewt, in dem es auch darum geht, historische Transformationsversuche zu beschreiben, die uns einen Ausweg aus den herrschenden Verhältnissen weisen können.
team: labournet.tv
Tags: klassenkämpfe
Detlef Hartmann/Christopher Wimmer: Die Kommunen vor der Kommune 1870/71 Lyon / Le Creusot / Marseille / Paris.
Assoziation A Berlin/Hamburg 2021 unter: Link
ISBN 978-3-86241-483-3 Euro 14,00
"Die Kommune verteidigte das Land gegen den Verrat der Bourgoisie"
Gespräch mit Danielle Bleitrach, Soziologin und Redakteurin des Blogs Histoire et sociéte.
Junge Welt, 20.3.2021 unter: Link
Klassiker: Karl Marx über die Pariser Kommune
Im März 1902 veröffentlichte die SPD-Zeitschrift Die Neue Zeit erstmals zwei Briefe von Karl Marx zur Pariser Kommune von 1871 Junge Welt, 20.3.2021 unter: Link
Dossier von Labournet zur Kommune:
Buch von Hartmann/Wimmer: Die Kommunen vor der Kommune 1870/71Dass am 18. März 1871, also demnächst vor exakt 150 Jahren, die 72 Tage der Pariser Kommune begannen, gehört sozusagen zur linken Allgemeinbildung. Dass es in den Monaten zuvor, seit dem Herbst 1870, bereits in mehreren anderen Städten Frankreichs Kommunen gab, schon weitaus weniger. Die rituelle Schlussfolgerung, es habe den Kommunarden halt „die Partei“ gefehlt, ist dafür wiederum erst recht Bestandteil dieser eher seltsamen Art von Basiswissen – ohne, dass auch nur ansatzweise eine ernsthafte Bilanz von Revolutionen „mit Partei“ gezogen würde. Noch nicht einmal nach den letzten 30 Jahren und dem enormen sozialen Aufstieg ehemaliger regionaler Kader, Jungkommunisten und Sicherheitsmänner in einer ganzen Reihe von Ländern. Die Tage der Kommunen in Frankreich bleiben ein historischer Meilenstein ersten Ranges – auch wenn die von Paris von den damals neumodischen Kanonen der Hohenzollern-Bande blutig zusammengeschossen wurden (einer der Gründe, weswegen man die heutige Hohenzollern-Frechheit, Entschädigungen einzufordern, annehmen sollte und Aufrechnen: Was sie alles zu bezahlen haben, an die Nachfahren der Kommunarden, der im Herero-Aufstand Ermordeten, der im großen Krieg Ermordeten und der… und der…). Und wenn es eine Gewerkschafts-Zeitschrift gibt, die zur Pariser Kommune eine Sondernummer heraus gibt (na gut, es ist nicht die „Mitbestimmung“) ist dies erst recht ein Thema. Dazu eine kleine Dauer-Werbesendung des LabourNet Germany, ganz kostenlos und weiterer Ergänzungen harrend…
Die Stärke der Kommune: Dass sie nicht gewonnen hat?
„… Eine Revolution, die keine Knechtschaft und keinen Gulag hervorbrachte. Ihre Helden – unter ihnen viele mutige Kämpferinnen! – fielen auf der Barrikade und starben an der Friedhofsmauer des Père Lachaise, nicht aber durch die eigenen Genossen. Rausch und Revolution: In jenen Wochen übernahmen die Arbeiter die Verwaltung ihrer Betriebe, deren Besitzer aus der Stadt geflohen waren. Mieten wurden abgeschafft, Lehrergehälter verdoppelt und die Schulpflicht für Kinder eingeführt, und das in weltanschaulich neutralen, kostenlosen Schulen! Die Pariser Kommune währte nur 72 Tage, sie wurde blutig niedergeschlagen von den Söldnern des alten Regimes. Der Mythos aber lebt! Noch heute stellt der Aufruf der Kommunarden zu den Wahlen des Pariser Gemeinderats jedes Plakat der Linkspartei in den Schatten: „… Bürger! Vergesst keinen Augenblick, dass nur diejenigen Männer Euch am besten dienen werden, welche Ihr aus Eurer Mitte erwählt; denn diese teilen mit Euch dasselbe Leben und die gleichen Leiden. Misstraut ebenso den Ehrgeizigen wie den Emporkömmlingen. Die einen wie die anderen werden bei ihren Handlungen nur vom Eigennutz gelenkt und halten sich zu guter Letzt stets für unersetzlich. Misstraut den Schwätzern, sie sind unfähig zu handeln und werden einer Ansprache, einem rednerischen Erfolg oder geistreichen Worte alles andere opfern…“ – aus dem Beitrag „Misstraut Schwätzern, suchet die Aufrichtigen“ von Karsten Krampitz am 18. März 2021 beim Freitag online (Ausgabe 10/2021). Link
„Die Pariser Kommune: Gestern und morgen?“
von Richard Schuberth am 18. März 2021 im Standard.at externer Link unterstreicht unter anderem: „… Kein Ereignis der französischen Geschichte spreizt sich so sehr gegen die nationale Vereinnahmung wie die Pariser Kommune. Noch immer trägt es Stacheln, die von der Gedenkkultur zwar gestutzt wurden, aber immer wieder nachwuchsen. Schon die Dritte Republik (1870–1940) versuchte – mit dem üblichen Pathos der nationalen Versöhnung – sich als schöpferische Frucht eines unglückseligen Bürgerkriegs darzustellen, als wollte sie verkünden: Wir haben sie nicht umsonst erschossen und einige ihrer für damalige Verhältnisse zu voreiligen Anregungen beherzigt: Trennung von Kirche und Staat, zumindest rechtliche Gleichstellung der Geschlechter und … – nun ja mit dem kostenlosen Bildungssystem für alle hat es dann doch nicht so richtig geklappt. Linke Kommentatoren werden die heroischen Proletarier der Kommune erwartungsgemäß mit den “Gilets jaunes” vergleichen, andere werden mit dem Hinweis widersprechen, der Kern der Gelbwesten rekrutiere sich aus dem unteren Mittelstand, wieder andere werden dagegenhalten, dass es sich mit den Kommunarden nicht anders verhielt und deren proletarischer Charakter eine marxistische Projektion sei. Und sie werden teilweise recht haben damit, denn den treibenden Motor der Kommune bildeten wirklich Kleinbürger, Handwerker, aber im Gegensatz zu den “Gilets jaunes” waren das hochgebildete “petits bourgeois” mit konkreten gesellschaftspolitischen Visionen, die dem Proletariat die Schwesterhand reichten, und dieses stellte nachweislich dann doch das Gros der Verteidiger der Kommune. In den zwei Monaten ihres Bestehens erließ die Kommune Mietschulden, führte unentgeltliche Schulbildung ein, beschloss die totale Gleichstellung der Geschlechter (inklusive gleicher Löhne), glich die Gehälter von Beamten und Arbeitern an, wandelte Fabriken in Arbeitergenossenschaften um, verbot Lohnkürzungen und Nachtarbeit, schaffte das stehende Heer ab, konfiszierte Kirchengüter und nahm überhaupt die radikale Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche in Angriff. Ausländern wurden in Paris sofort die Bürgerrechte zuerkannt. Ein zentraler Grund aber, warum jede nationale Vereinnahmung an der Kommune abgleitet: Ihre Protagonisten einigte trotz aller weltanschaulichen Differenzen die leidenschaftliche Ablehnung der Nation als institutionalisierter Lüge der besitzenden Klassen zur Harmonisierung sozialer Gegensätze. Paris machte sich von Frankreich unabhängig. “Unser Schlachtruf”, frohlockte der Geograf Élisée Reclus, “lautet nicht länger ,Lang lebe die Republik‘. Er lautet: ,Lang lebe die Weltrepublik‘.” Bis auf Geiselerschießungen in den letzten Tagen des staatlichen Gegenterrors und entgegen der allgemeinen Propaganda zeigte sich die Kommune erstaunlich gewaltfrei. Am 10. April verbrannten Frauen auf der Place Voltaire eine Guillotine, als symbolischen Akt der Ablehnung von politischer Gewalt und Gegengewalt...“ Link
„72 Tage der Pariser Kommune“ in 72 Videos
“Zum 150. Jahrestag der Pariser Kommune, dem 18. März 2021 starten der Bremer Liedermacher Michael Zachcial (Die Grenzgänger) und das IG-Metall Bildungszentrum Sprockhövel die „72 Tage der Pariser Kommune“. Jeden Tag wird es ein Video geben mit Liedern oder Gedichten der Kommunarden bzw mit direktem Bezug zur „Commune“. Ergänzt werden die Lieder durch einen Podcast mit kurzen Biographien von Kommunard*inen, Reaktionen von Zeitgenossen, Fotos, Zeichnungen, Gemälden etc… 72 Videos: Mit Beiträgen aus Theater, Wissenschaft und Kultur. Von Antje Schrupp, Klaus Gietinger, Florian Grams, Jutta Ditfurth, Michael Fischer, Julia Raab, Christopher Wimmer, Den Schmetterlingen, Neue Bühne Beverstedt, dem IG Metall Geschichtsschwerpunkt Sprockhövel, allen beteiligten Musiker*innen…” Siehe die Homepage Link
Wanderausstellung 150 Jahre Pariser Kommune (zunächst online)
“Die Ausstellung besteht aus 15 Tafeln. Wir zeigen sie wenn möglich an den genannten Ausstellungsorten. Im folgenden findet ihr die digitale Version. Viel Spass beim Erkunden der Geschichte vergangener Aufstände gegen die Zumutungen der kapitalistischen Gesellschaft…” Sonderseite des AK Pariser Kommune unter: Link
Die Kommunen in Frankreich 1870/71
“Heute vor 150 Jahren, am 18. März 1871, begann die Kommune von Paris. Ihre ersten Aktionen waren das Verbrennen der Guillotine und die Abschaffung der Todesstrafe. Vorausgegangen waren Kommunen im ganzen Land. Die radikalsten Forderungen: Bewaffnung der Frauen, Übernahme der Produktionsmittel, Verhaftung der Priester. Dieses Interview mit Christopher Wimmer, Autor des kürzlich erschienenen “Die Kommunen vor der Kommune”, gibt einen Überblick. Wir haben ihn für unser Filmprojekt “The Loud Spring” interviewt, in dem es auch darum geht, historische Transformationsversuche zu beschreiben, die uns einen Ausweg aus den herrschenden Verhältnissen weisen können.” Video bei labounet.tv externer Link (deutsch | 13 min | 2021) Link
Buchbesprechung von „Die Kommunen vor der Kommune 1870/71“
150 Jahre nach der Pariser Kommune? Macht 151 Jahre nach den Kommunen von Lyon und Marseille… und… Dass es sich bei den Kommunarden um eine langjährige, generationenlange Bewegung handelt, die aus der historischen Tradition den Kampf um kommunale Selbstständigkeit ebenso fortsetzte, wie die okzitanische Opposition gegen das jeweilige Pariser Zentraldiktat, dass die hochkonzentrierte neu entstandene industrielle Arbeiterklasse vor allem eben im Industriezentrum Lyon dabei entscheidende neue politische Impulse gab – alleine schon, dass diese grundlegenden historischen Fakten in dem kleinen Band zusammen gefasst und unterstrichen werden, mach ihn so wichtig, zu lesen. Die Rede ist von dem Buch von Detlef Hartmann und Christopher Wimmer „Die Kommunen vor der Kommune 1870/71“ jetzt gerade bei der Assoziation A erschienen. Im Folgenden dokumentieren und kommentieren wir nur zwei der kurzen Aussagen bzw. Ausführungen, die wir für zentral erachten, um zu begründen, warum unser „Gesamturteil“ lautet: Unbedingt lesen! Siehe dazu zwei kurze Zitate, zwei ebenso kurze Kommentare – zum „Appetit machen“ auf die Lektüre…
„Die „industrielle Kommune“, wie sie in Le Creusot gedacht wurde, überstieg damit in ihrem Kompetenzumfang alle anderen landesweit unter dem Kommunebegriff entwickelten Projekte“. (Seite 73)
Kurzkommentar: Was eine der zentralen Aussagen des Buches insofern wieder gibt, als immer wieder die Rolle der Arbeiterinnen und Arbeiter in den je konkreten Entwicklungen Thema ist – auch dort, wo unterstrichen wird, dass eben viel der vorhandenen, auch linken, solidarischen usw. Literatur über die Kommunen eben von dem ausgeht, was historische Quellen sind oder sein mögen – deren Schwäche es aber oft genug ist, dass sie „übersehen“, dass viele ProletarierInnen damals weder lesen noch schreiben konnten…
„Sie zeichneten sich durch die Militanz aus, mit der sie ihre Kämpfe organisierten. Insbesondere die Volksbewaffnung war fester Bestandteil der kommunalen Tradition. Waffen waren für die KommunardInnen absolut legitim“. (Seite 109)
Was nicht nur wegen der damals aktuellen Kriegsführung der französischen (und erst recht der preußischen) Armeen gegen das Volk dringendst nötig erschien – sondern auch durch die (am Ende im Buch kurz skizzierte) blutigen Rachefeldzüge des Bürgertums gegen die KommunardInnen, die bis heute in Frankreich als Kriminelle gelten. (Im Übrigen inklusive der Debatte um die Frauenbewaffnung – und einiger Verweise auf die heutigen „Gelbwesten“).
In der Hoffnung, diese beiden Passagen mögen zum Lesen ermuntern! Wie die Kommunebewegung immer wieder global ermutigt hat: Ob in Kronstadt 1921, in der Mandschurei 1931 – oder in Mexico 2006… Siehe zum Buch: Link
Das Buch von Detlef Hartmann und Christopher Wimmer “Die Kommunen vor der Kommune 1870/71” aktuell neu im Verlag Assoziation A externer Link ist – egal was eventuell nötige Debatten darüber für ein Ergebnis haben mögen – in jedem Fall alleine schon von der Thematik her unbedingt lesenswert. Dazu der Verlag in der Vorstellung unter anderem: „… Bereits vor der Pariser Kommune 1871 entwickelten sich in Städten wie Lyon, Marseille oder Le Creusot aufständische Bewegungen. So entfesselten die Arbeiter*innen bei der metallurgischen Fabrik Schneider in Le Creusot einen gewaltigen Streik und riefen eine »industrielle Kommune« aus. Ein Sprecher der Bewegung war der junge Einrichter Adolphe Assi, der seine Erfahrungen später in die Pariser Kommune einbringen sollte. Auch in etlichen anderen Orten kam es zu Erhebungen und wurden »Kommunen« ausgerufen. Mit deren Beginn, so die Historikerin Jeanne Gaillard, hatte die Provinz schon eine oder sogar zwei revolutionäre Phasen erlebt. Dennoch sind sie lange Zeit fast völlig vernachlässigt worden. Das Interesse der linken wie bürgerlichen Geschichtsschreibung galt vorrangig der Pariser Kommune…“ Siehe eine weitere Besprechung: Link
Die Kommunen vor der Kommune 1870/71;
Hamburg 2021: Menschen machen ihre eigene Geschichte
“«Die Menschen machen ihre eigene Geschichte.» Dieser Satz stimmt zu jeder Zeit und wird doch in revolutionären Situationen besonders greifbar. Wenn die Menschen auf der Straße nach den Institutionen greifen, sie zerschlagen, neue schaffen und ihre Forderungen konkret formulieren und umsetzen, dann wird die solidarische Gesellschaft sichtbar. Wenn die Revolution sich dann jedoch in der Situation sieht, sich verteidigen zu müssen, wenn sie auf der Suche nach dem Weg Fehler macht und sich in Widersprüche verwickelt, verweht oft ein großer Teil dieser begeisternden Atmosphäre. Von daher bleiben gerade die niedergeschlagenen Revolutionen in heroischer Erinnerung. Das gilt auch für die Pariser Kommune. Als Karl Marx im «18. Brumaire» den Satz von den Menschen schrieb, die ihre eigene Geschichte machen, wusste er auch, dass sie sie «[…] unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen» gestalten müssen. Nun liegt ein Buch vor, mit dem eben diesen gegebenen Umständen nachgegangen und die Pariser Kommune in den sozialen Auseinandersetzungen ihrer Zeit verortet wird. (…) Mit der positiven Bezugnahme auf die Basisbewegungen geht in der Publikation aber eine durchgängige Geringschätzung von Theorie einher. Das drückt sich etwa in der Feststellung aus, die französischen Bäuer:innen seien nicht rückständig gewesen, als sie die Versprechungen Napoleon III. für sich in Anspruch genommen haben. Aus dem Blick gerät auf diese Weise, worum Klassenkämpfe geführt wurden und werden – sicher nicht um die verklärte «[…] freie Vergangenheit […]» (S. 87) oder eine «moralische Ökonomie» (S. 17). Neben wertvollen Darlegungen der Geschichte der Kommunen enthält das Buch damit Unklarheiten und Angriffe gegen jede Form der Systematisierung und Konsolidierung revolutionärer Bewegungen. Auf diese Weise wird das Lernen aus den Kommunen ebenso erschwert wie die solidarische Bezugnahme aufeinander in den anstehenden Kämpfen, damit die Menschen wieder selbstbewusst ihre eigene Geschichte machen können.” Besprechung von Florian Grams am 28.02.2021 bei der RLS Link
Detlef Hartmann/Christopher Wimmer: Die Kommunen vor der Kommune 1870/71. Lyon – Le Creusot – Marseille – Paris; Verlag Assoziation A Hamburg 2021, 144 S., 14 EUR
„Les Utopiques Ausgabe 16“
ist die Zeitschrift des alternativen Gewerkschaftsbundes SUD Solidaires, deren Sondernummer zu 150 Jahre Kommune von Paris im März 2021 erscheinen wird. (320 Seiten plus CD, 12 Euro). Worin auch die Kommunen von Marseille, Lyon, Nimes, Saint Etienne, Toulouse und Brest – sowie weitere – dargestellt werden, die ganze Kommune-Bewegung eben – einschließlich ihrer internationalen Auswirkungen, beispielsweise in Uruguay. Für alle, die Französisch können: Ganz dringende Lese-Empfehlung!!Link
„Thankmar von Münchhausen: 72 Tage“ DVA)
handelt, wie schon aus dem Titel ersichtlich, „nur“ von der Pariser Kommune. Das Buch eines konservativen Autors (was man auch an verschiedenen Passagen bemerkt) ist dennoch, schon wegen des enorm fleißigen Akten-Studiums ausgesprochen lesenswert, weil es dadurch eben Einblick in den „Kommunarden-Alltag“ bietet… Link
„Lyon et la Commune“
im September 2020 bei Commune1871.org gibt sowohl einen knappen Abriss der Lyoner Commune, als auch zahlreiche Links dokumentiert sind zu weiteren Darstellungen und Teil-Untersuchungen zu jener Kommune, an deren Organisation Bakunin beteiligt war.Link
„La Commune de Marseille (23 mars-4 avril 1871)“ ebenfalls 2020 bei Commune1871.org macht dasselbe für die kurzlebigere Commune von Marseille, inklusive zahlreicher Literatur-Tipps zum Thema… Link
Die Wirtschaftspolitik der Kommune in Frankreich
„… Am 18. März 2021 ist der 150. Jahrestag des Beginns der Pariser Kommune. Die Kommune (Rat) entwickelte sich als Ergebnis des ersten Aufstandes und der ersten Revolution unter Führung der Arbeiter:innenklasse in der Geschichte. Diese neue Klasse war das Produkt der industriellen Revolution im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise, von der Marx und Engels zum ersten Mal am prominentesten im Manifest der Kommunistischen Partei sprachen, das im März 1848 veröffentlicht wurde.
Vor der Pariser Kommune hatten die Revolutionen in Europa und Nordamerika darin bestanden, die feudalen Monarch:innen zu stürzen und schließlich die Bourgeoisie an die politische Macht zu bringen. Während der Sozialismus als Idee und Ziel unter der radikalen Intelligenz bereits an Glaubwürdigkeit gewann, waren es Marx und Engels, die als erste die Arbeiter:innenklasse als Trägerin der revolutionären Veränderung für den Sozialismus identifizierten, nämlich diejenigen, die keine Produktionsmittel ausser ihrer eigenen Arbeitskraft besaßen.
Die Pariser Kommune war eine unmittelbare Folge des französisch-preussischen Krieges. Dieser Krieg war von Louis Bonaparte, einem Neffen Napoleons, angezettelt worden, der nach der Niederlage der Revolution von 1848 durch einen Staatsstreich die Macht ergriffen hatte. Er regierte Frankreich für die nächsten zwei Jahrzehnte autokratisch. In diesen Jahrzehnten erlebte der Kapitalismus in Europa und Amerika einen assergewöhnlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Wirtschaftliche Rezessionen gab es nur selten (1859 und 1864) und sie waren relativ mild. In der Tat stieg die Profitrate in den 1850er Jahren auf einen Höchststand (7.5 %), fiel dann aber in den 1860er Jahren auf 4 % zurück…“
– aus dem Beitrag „150 Jahre Pariser Kommune: Das ökonomische Umfeld“ von Michael Roberts am 19. März 2021 bei den Maulwürfen (in deutscher Übersetzung) unter: Link.
„Pariser Kommune: Enteignung der EnteignerInnen“
von Janosch Janglo am 19. März 2021 bei den Maulwürfen Link dokumentiert (ursprünglich in der ArbeiterInnenmacht) hob unter anderem hervor: „… Das Zentralkomitee der Nationalgarde, im Zuge der Belagerung der Stadt stark proletarisiert und zunehmend die Rolle einer politischen Organisation einnehmend, ergriff die Macht in Paris und veranlasste die Besetzung der strategisch wichtigen Punkte der Stadt sowie der öffentlichen Gebäude. Kasernen, die Polizeipräfektur, das Justizministerium und das Rathaus wurden innerhalb weniger Stunden besetzt.
Es bereitete unterdessen schnell Wahlen am 26. März für den „Kommunalrat von Paris“ vor. Dieser gewählte Rat bildete die Pariser Kommune von 1871. Die Kommune machte sich sogleich daran, die sozialen Verhältnisse in Frankreich umzustürzen. Ziel war nicht mehr nur die Verteidigung der Stadt, sondern vor allem die Beseitigung der alten Unterdrückung und die Sicherung der Herrschaft des Proletariats.
Für dieses Ziel beschloss die Kommune verschiedene revolutionäre Maßnahmen wie die Ersetzung des stehenden Heeres durch die allgemeine Bewaffnung des Volkes, die Übergabe von verlassenen oder stillgelegten Fabriken an ArbeiterInnengenossenschaften, Entlohnung der Verwaltungs- und RegierungsbeamtInnen zum normalen Arbeitslohn, Wahl der Betriebsleitungen direkt durch die ArbeiterInnen, Verkürzung der Arbeitszeit und Aufhebung der Trennung von Exekutive und Legislative, jederzeitige Abwählbarkeit aller Stellen in Verwaltung, Justiz und Lehre sowie die Trennung von Kirche und Staat.
Des Weiteren zahlte sie für alle Dienste, hohe wie niedrige, nur den Lohn, den auch andere ArbeiterInnen empfingen. Um die Lebensbedingungen der durch Krieg und Belagerung stark gebeutelten Bevölkerung zu verbessern, sind in erster Linie im sozialen Bereich Verordnungen über den rückwirkenden Erlass von fälligen Wohnungsmieten, der Verkaufsstopp und die Rückgabe von verpfändeten Gegenständen sowie die Abschaffung der Nachtarbeit für BäckergesellInnen, Kündigungsverbot für Mietwohnungen, Aufhebung der Pfandhäuser zu nennen.
Zu den wichtigen Errungenschaften der Kommune zählten auch die Gleichstellung von Mann und Frau. Frauen erhielten erstmals das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn wie die Männer und erstritten weitere Rechte wie die Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder sowie die Säkularisierung von Bildungs- und Krankenpflegeeinrichtungen.
Frauen und Waisen von NationalgardistInnen, die bei der Verteidigung von Paris gefallen waren, stand jetzt eine Pension zu, egal ob es sich dabei um legitime oder illegitime Frauen (gesetzlich nicht legitimierte Ehen waren vor dem 18. März verboten) bzw. Kinder handelte. Die Geburtsstunde der Kommune war auch die des Frauenbundes für die Verteidigung von Paris. Das Programm des Bundes war ein Kampfprogramm, in dem es unter anderem hieß: „Unterstützung der Regierungskommissionen durch Dienst in der Krankenpflege, beim Minenlegen und beim Barrikadenbau.“…“
[„Pariser Kommune, 1871: Den Himmel stürmen“
von Nicolas Croes am 18. März 2021 beim Sozialismus.info Link hob unter anderem hervor: „… 1870 lebten etwa 65 % der französischen Bevölkerung (38 Millionen Menschen) auf dem Lande. Von den zwei Millionen Einwohner*innen von Paris waren etwa 70% in Handel und Industrie beschäftigt. Die wachsende Arbeiter*innenbewegung stellte zunehmend offensive Forderungen.
Unter dem Druck der Kämpfe wurde den Arbeiter*innen durch die Aufhebung des „Koalitionsverbots“, durch das die Gründung von Gewerkschaften und Verbänden illegal gewesen war, ein eingeschränktes Streikrecht zugestanden. Dies geschah 1864, im selben Jahr, in dem die Internationale Arbeiterassoziation gegründet wurde, besser bekannt als die Erste Internationale. Ihre französische Sektion wurde im Jahr 1868 gegründet.
Die Zugeständnisse des Zweiten Französischen Kaiserreichs (1852-1870) reichten den Arbeiter*innen jedoch nicht aus. Neben der Bedrohung durch die aufstrebende Arbeiter*innenklasse gab es weitere ernste politische Probleme in Frankreich. Um davon abzulenken, betrieb der Kaiser, Napoleon III., eine risikoreiche Außenpolitik. Am 19. Juli 1870 erklärte er Preußen den Krieg. Dieser Krieg entwickelte sich zu einem völligen Desaster. Eineinhalb Monate später, am 2. September, kapitulierte der Kaiser in der Stadt Sedan. Unter dem Druck der Massen und der Nationalgarde, die den Bourbonenpalast stürmte und den Sturz des Kaisers forderten, wurde am 4. September eine französische Republik ausgerufen. Nach der Kapitulation von Sedan fielen die preußische Armee und ihre Verbündeten in Nordfrankreich ein und belagerten ab dem 18. September Paris…“
Kurzlink zum Dossier: Link
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