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Atomwaffengegner beklagt Bruch des Nichtverbreitungsvertrags durch Deutschland

26.05.2021

Cochem/Preetz, 26.5.2021: Amtsgericht Cochem verurteilt „Hausfriedensbruch“ auf Bundeswehr-Flugplatz Büchel (Eifel)

Das Amtsgericht Cochem verurteilte heute den Leiter des Sachgebiets Umweltangelegenheiten der Stadt Preetz/Schleswig-Holstein Jan Birk wegen „Hausfriedensbruchs“ auf dem Atombomben-Stützpunkt der Bundeswehr zu 30 Tagessätzen à 30 Euro. Der Friedensaktivist hatte sich am 30.4.2019 mit sechzehn weiteren Menschen aus ganz Deutschland („Büchel17“) auf dem Militärgelände für das Verbot und die Abrüstung der Atomwaffen eingesetzt.

Im Rahmen der „Nuklearen Teilhabe“ Deutschlands sind auf dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel etwa zwanzig US-Atombomben B61 stationiert. Im Kriegsfall könnten Bundeswehr-Piloten diese Bomben nach Freigabe durch die USA mit Tornado-Flugzeugen zum Ziel bringen und abwerfen. Jede Bombe verfügt über eine mehrfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe.

Dem Gericht erklärte Birk, die „Nukleare Teilhabe“ sei ein so klarer Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag, dass er „immer noch fassungslos“ sei, dass man das ignorieren könne. Nach der Benutzung der US-Atombomben bliebe nichts mehr übrig, was zu verteidigen wäre. Während des Aufenthalts auf dem Militärgelände in Büchel hätten die Friedensaktivist*innen den hinzugekommenen Bundeswehr-Soldaten erklärt: „Wir wollen nicht um jeden Preis - also nicht um den Preis der eigenen Vernichtung und um den Preis der Unbewohnbarkeit von Teilen dieser Erde - verteidigt werden.“

An den Staatsanwalt und Richter Fleckenstein gewandt, wünschte sich Birk: „Nicht mich sollten Sie anklagen und verurteilen, sondern die, die auf dem falschen - moralisch, politisch und tatsächlich falschen - Wege sind.“ Sein eigenes Handeln begründete er auch mit Zitaten von Immanuel Kant und Martin Luther und dem Grundsatz: „Tue recht und scheue niemand!“

Der Staatsanwalt zeigte sich erfreut über die angenehme Atmosphäre der Hauptverhandlung und bescheinigte Birk „hehre Ziele“ und eine „geringe kriminelle Energie“, blieb aber bei seiner Forderung nach Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs. Richter Fleckenstein folgte dem. Den durch Birk thematisierten Völkerrechtsbruch bezog er nicht in seine Urteilsfindung ein.

Die Berufung kann innerhalb einer Woche eingelegt werden.

Hintergrundinformationen:

Einlassung und Schlusswort von Jan Birk (Büchel17) vor dem Amtsgericht Cochem am 26.5.2021: Link

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Amtsleiter will vor Amtsgericht Cochem Gründe für zivilen Ungehorsam auf dem Atombomben-Standort Büchel erläutern
Cochem/Preetz, 26.5.2021. Das Amtsgericht Cochem verurteilte heute den Leiter des Sachgebiets Umweltangelegenheiten der Stadt Preetz/Schleswig-Holstein Jan Birk wegen „Hausfriedensbruchs“ auf dem Atombomben-Stützpunkt der Bundeswehr zu 30 Tagessätzen à 30 Euro. Der Friedensaktivist hatte sich am 30.4.2019 mit sechzehn weiteren Menschen aus ganz Deutschland („Büchel17“) auf dem Militärgelände für das Verbot und die Abrüstung der Atomwaffen eingesetzt.

Im Rahmen der „Nuklearen Teilhabe“ Deutschlands sind auf dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel etwa zwanzig US-Atombomben B61 stationiert. Im Kriegsfall könnten Bundeswehr-Piloten diese Bomben nach Freigabe durch die USA mit Tornado-Flugzeugen zum Ziel bringen und abwerfen. Jede Bombe verfügt über eine mehrfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe.

Dem Gericht erklärte Birk, die „Nukleare Teilhabe“ sei ein so klarer Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag, dass er „immer noch fassungslos“ sei, dass man das ignorieren könne. Nach der Benutzung der US-Atombomben bliebe nichts mehr übrig, was zu verteidigen wäre. Während des Aufenthalts auf dem Militärgelände in Büchel hätten die Friedensaktivist*innen den hinzugekommenen Bundeswehr-Soldaten erklärt: „Wir wollen nicht um jeden Preis - also nicht um den Preis der eigenen Vernichtung und um den Preis der Unbewohnbarkeit von Teilen dieser Erde - verteidigt werden.“

An den Staatsanwalt und Richter Fleckenstein gewandt, wünschte sich Birk: „Nicht mich sollten Sie anklagen und verurteilen, sondern die, die auf dem falschen - moralisch, politisch und tatsächlich falschen - Wege sind.“ Sein eigenes Handeln begründete er auch mit Zitaten von Immanuel Kant und Martin Luther und dem Grundsatz: „Tue recht und scheue niemand!“

Der Staatsanwalt zeigte sich erfreut über die angenehme Atmosphäre der Hauptverhandlung und bescheinigte Birk „hehre Ziele“ und eine „geringe kriminelle Energie“, blieb aber bei seiner Forderung nach Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs. Richter Fleckenstein folgte dem. Den durch Birk thematisierten Völkerrechtsbruch bezog er nicht in seine Urteilsfindung ein.

Die Berufung kann innerhalb einer Woche eingelegt werden.



Hintergrundinformationen:

Einlassung und Schlusswort von Jan Birk (Büchel17) vor dem Amtsgericht Cochem am 26.5.2021:

Link



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Büchel/Preetz, 19.5.2021. Am 26. Mai 2021 wird der Leiter des Umweltamtes der
Stadt Preetz/Schleswig-Holstein vor dem Amtsgericht Cochem den Zivilen
Ungehorsam gegen die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands rechtfertigen, den er auf
dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel (Eifel) geleistet hat. Gemeinsam mit sechzehn
weiteren Friedensaktivist*innen aus ganz Deutschland („Büchel17“) hatte er am
30.4.2019 eine zweifache mit NATO-Draht verstärkte Einzäunung des Bundeswehr-
Geländes ohne Erlaubnis des Militärs überwunden und mit Bannern und Plakaten die
täglichen Starts der Tornado-Flugzeugen verhindert. Die dort stationierten
Bundeswehr-Flugzeuge sind für den Transport und Abwurf von Atombomben
ausgerüstet.

Eigentlich hätte Jan Birk auch einfach die Summe aus dem Strafbefehl (30
Tagessätze à 30€) wegen Hausfriedensbruch bezahlen können. Stattdessen
entschied er sich, so wie andere vor ihm, Widerspruch einzulegen und es auf einen
Gerichtsprozess ankommen zu lassen. Birk erläutert seine Motivation: “Ich will die
Fackel hoch halten, um das Wissen von und über Büchel zu verbreiten und um
meine eigene Glaubwürdigkeit zu stärken. So ein Prozess ist immer eine gute
Möglichkeit, die eigenen Argumentationslinien gegen Atomwaffen zu schärfen.“
Birk ist nicht nur auf der Straße gegen Atomwaffen aktiv, sondern auch in
Finanzämtern. Er ist Vorsitzender des Netzwerk Friedenssteuer, dessen Mitglieder
sich auf folgende Erklärung verpflichtet haben: „Ich trete für eine gesetzliche
Regelung ein, nach der niemand gegen sein Gewissen gezwungen werden darf,
durch Steuern und Abgaben zur Finanzierung von Militär und Rüstung beizutragen.
Stattdessen ist die Verwendung dieser Zahlungen für zivile Aufgaben
sicherzustellen.“ Konkret bedeutet dies, dass Birk und seine Mitstreiter*innen 5,1
Prozent (Anteil des "Verteidigungs"-Haushalts an der Einkommenssteuer für 2019)
der eigenen Steuerzahlung verweigern, die sonst in den Rüstungshaushalt fließen
würden.

Was bewegt diesen Mitarbeiter einer Stadtverwaltung Zivilen Ungehorsam auf einem
militärischen Gelände zu leisten? Und wie hängt sein Engagement für ein
Friedenssteuergesetz damit zusammen? Klarheit darüber wird die Verhandlung am
Amtsgericht Cochem bringen.

Der Prozess war ursprünglich für den 11.11.2020 terminiert und wurde mehrfach
verschoben.

Prozesstermin 26. Mai 2021, 9:00 Uhr, Amtsgericht Cochem, Ravenéstraße 39, 56812 Cochem
Mahnwache ab 8:00 Uhr vor dem Gericht