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Berliner Krankenhausbewegung: Urabstimmung hat begonnen

Foto: H.S.

30.08.2021 - von Berliner Krankenhausbewegung

Kanzlerkandidatenduell im TV und kein Wort über #Gesundheitspolitik! Hauptsache es wurde über bewaffnete Drohnen gesprochen.

Wir, die Berliner Krankenhausbewegungsbewegung, haben eine Woche mit drei besonderen Streiktagen hinter uns. Nachdem am Dienstag das Berliner Arbeitsgericht entschieden hat, dass unser Streik rechtens ist, konnten wir am Mittwoch endlich geschlossen mit unseren Kolleg*innen von Charité, Vivantes und den Vivantes Töchtern streiken. Es war ein unglaubliches Gefühl am Mittwochvormittag mit 2.000 Kolleg*innen und Unterstützer*innen auf der Straße zu sein und ganz Berlin zu zeigen, dass wir entschlossen sind, die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zu verbessern.

Eure Unterstützung war dabei für uns in den Streiktagen sehr wichtig. Die Klinikleitungen haben versucht, uns mit ihrem Vorgehen immer wieder die Hoffnung zu nehmen. Aber mit eurer Unterstützung lassen wir uns nicht unterkriegen!

Wie geht es weiter?
Unser Druck wirkt. Am vergangenen Freitag hat die Charité-Klinikleitung in neu aufgenommen Verhandlungen ein erstes Entgegenkommen gezeigt. Ihre Vorschläge sind allerdings immer noch weit weg von unseren Forderungen für eine wirkliche Entlastung. Und auch die Vivantes Geschäftsführung zeigt sich das erste mal gesprächsbereit. Morgen wird es erste Gespräche zu unseren Forderungen zur Entlastung geben und sie hat auch versprochen ein Angebot vorzulegen, wie eine stufenweise Einführung des TVöD bei den Vivantes Töchtern aussehen kann.

Wir sind froh, dass endlich die Bereitschaft da ist, über unsere Forderungen zu sprechen. Seit Jahren sind wir und unsere Patient*innen die leidtragenden der schlechten Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. Deswegen erwarten wir in dieser Woche eine klares entgegenkommen der Klinikleitungen. Wenn es bei leeren Worten bleibt, werden wir in einen unbefristeten Streik gehen.

Dazu starten wir heute eine Urabstimmung. In einer solchen Urabstimmung werden alle ver.di Mitglieder aus dem Krankenhaus gefragt, ob sie dafür sind, in einen unbefristeten Streik zu treten. Das ist unser aller letztes Mittel, um endlich bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

Kommt gut in die Woche!
Eure Berliner Krankenhausbewegung
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Beschluss des SPD-Landesvorstands vom 9. August 2021:

Wir fordern die SPD-Mitglieder des Senats auf, sich nötigenfalls durch Gesellschafterweisung für die schrittweise Umsetzung der Forderungen der Berliner Krankenhausbewegung einzusetzen und unverzüglich im August Verhandlungen mit Vivantes und Charité für einen Entlastungstarifvertrag und einheitliches Entgelt aufzunehmen sowie anschließend zu einem schnellen und erfolgreichen Abschluss zu führen. Die SPD setzt sich daher gegenüber den Geschäftsleitungen für den zügigen Abschluss einer Notdienstvereinbarung ein.

Für die Berliner SPD ist klar, dass innerhalb desselben Unternehmens auch dasselbe Entgelt für dieselbe Arbeit zu zahlen ist. Deshalb gilt für uns Tarifeinheitlichkeit im Unternehmen, einschließlich dessen etwaigen Töchtern, und zwar tarifgebunden.Eine gute Gesundheitsversorgung geht nur mit guten Arbeitsbedingungen, ausreichend Zeit und Personal. Die Corona-Krise hat die Probleme des Personalmangels in den Krankenhäusern sichtbarer gemacht als je zuvor, ein Entlastungstarifvertrag ist daher eine nachvollziehbare Forderung.

Begründung:
Schon vor der Pandemie war die Personalsituation an unseren Krankenhäusern angespannt. Die Pandemie hat diese Situation noch einmal verschärft und der Öffentlichkeit vor Augen geführt, unter welch schwierigen Bedingungen medizinisches, pflegerisches und sonstiges Personal im Krankenhaus arbeitet.

Die Berliner Krankenhausbewegung und ver.di haben daher zwei konkrete Forderungen gestellt, die viele unserer Abgeordneten und Kandidat*innen unterstützen: einen Tarifvertrag Entlastung und die den TVöD für alle inklusive der Vivantes-Töchter. Letzteres entspricht dem 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken: „Die Koalition setzt sich dafür ein, dass Landesunternehmen in Tarifverbünden geführt werden. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass auch für Landesunternehmen und ihre Tochterunternehmen, die bisher noch nicht tarifgebunden sind, zügig mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und der Angleichung an den TVöD Tarifverträge abgeschlossen werden.

Ein Entlastungstarifvertrag wurde bereits in mehreren Kliniken in Deutschland geschlossen und soll dazu dienen, das medizinische Personal zu entlasten. Dies ist angesichts deren oftmals sehr schwierigen Arbeitssituation unbedingt vonnöten.
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Gute Gesundheitsversorgung in Berlin. Dokumentation
Fachgespräch der Berliner Krankenhausbewegung in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 17.08.2021

Die Berliner Krankenhausbewegung fordert Entlastung und den TVöD für alle in den landeseigenen Kliniken Vivantes und Charité. Dafür hat sie ein 100 Tage Ultimatum gestellt, um die Forderungen zu erfüllen. Kurz vor Auslaufen des Ultimatums wollen wir in einem Fachgespräch zusammen mit gesundheitspolitischen Expert*innen über die Forderungen diskutieren. Wir gehen dafür auf Fragen der Finanzierbarkeit, des Mangels an Pflegepersonal sowie der Notdienstvereinbarung als Mittel im Streik ein.

«Eine gerechte Bezahlung ist finanzierbar»
Krankenhausfinanzierung im Bund und in Berlin sowie der Forderung nach TVöD auch für die Service-Bereiche im Krankenhaus.
Niko Stumpfögger (Krankenhauscontroller, Gewerkschaftsgrüner)


Arbeitskämpfe mit Notdienst
Daniel Weidmann (Fachanwalt für Arbeitsrecht, dka Rechtsanwälte) gibt in seinem Vortrag eine juristische Einschätzung zur Auseinandersetzung um die Notdienstvereinbarung.

Die Vorträge fanden am 17. August 2021 im Rahmen des Fachgesprächs der Berliner Krankenhausbewegung «Gute Gesundheitsversorgung in Berlin» in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung statt. Für Rückfragen meldet Euch gerne bei Julia Dück, Referentin für soziale Infrastrukturen und verbindende Klassenpolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung: julia.dueck@rosalux.org

PDF: Arbeitskämpfe mit Notdienst – eine juristische Einordnung unter: Link

PDF: Gesundheits-Dossier der Rosa-Luxemburg-Stiftung unter: Link
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Applaus ist nicht genug. Mythen, Probleme und Kämpfe rund um das Krankenhauswesen in Corona-Zeiten
Inhalt:
- Angeblich ist nicht genug Geld da
- Die Tücken des Fallpauschalensystems in der Corona-Krise
- Der Streit um die Rückkehr zum Selbstkostendeckungsprinzip
- Weniger Krankenhäuser – schneller gesund?
- Markt, Preise und Trägervielfalt – vom Grundgesetz garantiert!?
- Pflegepersonal: «Mehr von uns ist besser für alle»

Reihe: luxemburg argumente / Autorin: Nadja Rakowitz / Erschienen: August 2021
Nur online verfügbar als pdf unter: Link

Quelle: Berliner Krankenhausbewegung