Foto: H.S.
13.10.2021 - von Thobias Pflüger, H.S.
Nach dem Ende des 20-jährigen Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr sollen die 160.000 dort eingesetzten SoldatInnen vor dem Reichstag mit dem höchsten militärischen Zeremoniell "noch einmal eine besondere Würdigung erfahren". Schließlich, so die Noch-Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, habe sich "die Bundeswehr im Kampf bewährt," auch wenn einige „an Leib und Seele verletzt worden“ seien. Und andere einen fetten Karrieresprung gemacht haben.
Dazu Tobias Pflüger, stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE:
"Dieser Große Zapfenstreich ist völlig deplatziert. Der Afghanistan-Einsatz ist komplett gescheitert. Da gibt es nichts zu "feiern" mit einem großen Zapfenstreich. Der Einsatz hat Afghanistan keinen Frieden gebracht. Jahrelang haben die Bundeswehr und die jeweiligen Bundesregierungen an der Behauptung festgehalten, dass der Bundeswehreinsatz das Land nachhaltig verändert habe. Das schnelle Vorrücken der Taliban und der Fall von Kabul zeigen deutlich, dass das eine einzige große Illusion war.
Nach 20 Jahren bleibt die ernüchternde Bilanz: Alle Investitionen in die afghanische Armee waren letztlich rausgeschmissenes Geld. Und dann hat die Bundesregierung auch noch beim Abzug völlig versagt. Die afghanischen Helfer*innen der Bundeswehr wurden weitestgehend schmählich im Stich gelassen. Auf dem Flughafen Kabul kam es deshalb zu einem humanitären Desaster. Dafür trägt die Bundesregierung die Verantwortung.
Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan war auch ein Kriegseinsatz mit allen schrecklichen Konsequenzen. 59 deutsche Bundeswehr-Soldaten kamen dabei ums Leben. Der Tiefpunkt war das Massaker von Kundus, als ein deutscher Offizier (Georg Klein*) zahlreiche afghanische Zivilistinnen und Zivilisten bombardieren ließ.
Insofern ist jetzt eine grundlegende Aufarbeitung der verschiedenen Einsätze in Afghanistan dringend nötig, doch die Bundesregierung drückt sich um eine echte Aufarbeitung des Bundeswehr-Einsatzes: Statt eines Großen Zapfenstreichs brauchen wir jetzt eine gründliche Aufarbeitung durch einen Untersuchungsausschuss und durch Evaluierung von außerhalb dieses Einsatzes.
Und es müssen auch Konsequenzen gezogen werden: Nach diesem Desaster müssen auch alle anderen Einsätze der Bundeswehr auf den Prüfstand. Vor allem der Einsatz in Mali: Auch dort soll die Bundeswehr das lokale Militär ertüchtigen, auch dort verläuft der Einsatz nach Angaben der Bundesregierung angeblich erfolgreich, doch die Anzeichen sind gegenteilig. Solche Behauptungen sind nach den Erfahrungen in Afghanistan völlig unglaubwürdig.
DIE LINKE war immer gegen den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Wir fordern jetzt den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Mali sowie einen Stopp aller Rüstungsexporte und der sogenannten Ertüchtigung afrikanischer Militärs. Wir werden in diesem Sinne im Bundestag und von außerhalb entsprechend Druck machen auf die nächste Bundesregierung."
----------------------------------------------------------------------------
* ("Der unter Kleins Kommando am 29. April 2009 in Kundus gefallene Hauptgefreite Sergej Motz gilt als der erste in einem Gefecht gefallene deutsche Soldat seit dem Zweiten Weltkrieg. ... Oberst Klein wurde 2012 zum Abteilungsleiter IV – Personalführung der Unteroffiziere und Mannschaften im neuen Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr ernannt. Damit war die Ernennung zum Brigadegeneral verbunden, die am 27. März 2013 erfolgte. Zum 1. April 2017 wurde er ... zum Geschäftsführenden General im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr ernannt. Zum 1. März 2019 wurde Klein ... auf den Dienstposten als Abteilungsleiter Ausbildung Streitkräfte (General Streitkräftegemeinsame Ausbildung) im Kommando Streitkräftebasis nach Bonn versetzt. Zum Oktober 2020 wurde er Abteilungsleiter und General Streitkräftegemeinsame Ausbildung im Streitkräfteamt in Bonn und zum 1. April 2021 Abteilungsleiter Einsatz im Kommando Streitkräftebasis in Bonn.) Wikipedia, angerufen am 12.10.2021
"Ein deutscher Soldat in Afghanistan erhält 92,03 Euro am Tag zusätzlich." Tagesspiegel, abgerufen am 12.10.2021
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Termine:
04.10.2024: Köln: Mehrheit im Rat für Zerstörung des landschaftsgeschützten Grüngürtels für den 1.FC Köln
04.10.2024: Bochum: Fortschritt und Entfremdung – Bloch und Lukács im heutigen Kontext
05.10.2024: Berlin: 75 Jahre DDR. Was bleibt?
Alle Artikel zum Thema
Termine
Zurück zur Suche nach Krieg