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DGB-NRW beschließt: Reichtum umverteilen!

Foto: H.S.

07.12.2021 - von DGB NRW

DGB-NRW fordert Abkehr von der #Schuldenbremse, und angesichts der extrem ungleichen Verteilung eine stärkere Besteuerung der TOP Verdiener, Großerben, Multimillionäre und Milliardäre sowie finanzstarker Unternehmen. Das müsse auch eine #Vermögenssteuer und anlassbezogene Vermögensabgabe (Sozialer Lastenausgleich) einbeziehen. Nach engagierter Diskussion über einen noch weitergehenden Antrag der Gewerkschaft B.A.U. wurde der Antrag so beschlossen.

Hier der Antragstext:
Die Konferenz möge beschließen:
Der DGB NRW wird beauftragt, sich für mehr Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen. Dazu gehört eine Abkehr von der Schuldenbremse, mehr Steuergerechtigkeit, eine konsequente Verfolgung von Steuerflucht und -umgehung, um die gesellschaftlich notwendigen Veränderungen finanzieren zu können.


Klimaschädliche Subventionen müssen in den kommenden Jahren zurückgefahren werden. Dafür braucht es einen schrittweisen, sozial- und wirtschaftsverträglichen Abbau.
Wichtig wird sein, den Umbau der Subventionen so auszurichten, dass positive Effekte des Strukturwandels in zukunftsfähigen Branchen unterstützt und negative Wirkungen aufgefangen werden.

- Wir fordern einen politischen Kurswechsel: Wir wollen eine ökologische und sozial gerechte Gesellschaft für alle!
- Wir fordern die Sicherung und Stärkung des Sozialstaates sowie massive Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft.
- Wir stehen vor der entscheidenden Frage, wer die Kosten für die dringend notwendigen Veränderungen und Herausforderungen der Zukunft zahlen wird.

Die Corona-Pandemie bedroht unsere Gesundheit, schwächt die Wirtschaft und verschärft die soziale Ungleichheit. Die Bundesregierung verhinderte mit Rettungsschirmen, Überbrückungshilfen und einem Konjunkturpaket einen wirtschaftlichen Kollaps.

Tarifverträge und Mitbestimmung haben Einkommen stabilisiert und Arbeitsplätze gesichert. Der Sozialstaat konnte in der Krise Sicherheit geben. Millionenfache Kurzarbeit, vereitelte Massenentlassungen. Die Beschäftigten der Daseinsvorsorge sorgten dafür, dass die Grundversorgung der Bevölkerung nicht zusammenbrach.

Jedoch zeigte die Pandemie auch die Defizite auf. Viele Geringverdiener*innen, Minijobber*innen, Soloselbstständige, befristete Beschäftigte, Alleinerziehende, Auszubildende, Student*innen, Zugewanderte, Erwerbslose, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung und Obdachlose traf die Krise mit voller Wucht. Für Bezieher*innen von Grundsicherung und andere hilfsbedürftige Gruppen gab es keine ausreichende Unterstützung.

Verschärft durch die Corona-Krise traten die Folgen einer Politik der Privatisierung, der Deregulierung, der Spar- und Kürzungspolitik sowie der Steuerpolitik zugunsten der Unternehmen und Vermögenden der vergangenen 30 Jahre schonungslos und schmerzlich zu Tage:
Ausweitung des Niedriglohnsektors - Verfestigung von Armut und Wohnungsnot, Abbau öffentlicher und sozialer Dienstleistungen, mangelnde personelle Ausstattung von Kommunen, Kitas und Schulen, Investitionsstau in vielen Bereichen der kommunalen und sozialen Infrastruktur, Pflegenotstand und auf Gewinn getrimmte Krankenhäuser, Schwächung der Sozialversicherungssysteme.

Die Bildungsungerechtigkeiten und die jahrzehntelange Umverteilung von unten nach oben sind wie unter einem Brennglas sichtbar geworden und werden sich weiter verschärfen. Gleichzeitig sind wir auf dem Weg in eine Klimakatastrophe und Umweltzerstörung existenziellen Ausmaßes. Die politischen Entscheidungen zum Klimawandel machen deutlich, dass wir auch hier in einem Verteilungskonflikt stehen.

Damit der Sozialstaat zukunftsfähig wird, muss die Verteilungsfrage von uns gestellt werden. Die eklatante Vermögenskonzentration erfordert eine progressive Einkommens-, Erbschafts- und Vermögensbesteuerung zur Finanzierung der Zukunftsaufgaben.

Die Corona-Krise hat den vorhandenen riesigen Investitionsstau klar erkennbar gemacht. Für die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, für die Gestaltung einer sozial gerechten Gesellschaft und für die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft, müssen in den kommenden Jahren große Summen dauerhaft zur Verfügung gestellt werden. Unterlassene Klimaschutzinvestitionen erhöhen die sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgekosten und belasten die künftigen Generationen in einem untragbaren Maße.

Die Corona-Krise hat zu einem starken Anstieg der Staatsverschuldung geführt. Die Rettungspakete, steigende Sozialausgaben und hohe Steuerausfälle ließen den öffentlichen Schuldenberg wachsen. Wir können aber mit den höheren Schulden leben. Die Zinsen sind im Minusbereich. Die Schuldenquote – der Anteil der Staatsschulden am
Sozialprodukt – liegt bei international niedrigen 71 % und wird nach Überwindung der Krise weiter sinken. Kreditfinanzierte öffentliche Investitionen sind erforderlich und stärken die wirtschaftliche Entwicklung.

Allein der Investitionsstau der Städte und Gemeinden beläuft sich auf 149 Milliarden Euro. Der Bund muss die äußerst günstigen Finanzierungsbedingungen nutzen, um jetzt in Klima- und Umweltschutz, Gesundheit, Bildung, Digitalisierung, ÖPNV und Wohnen zu investieren. Darüber hinaus bedarf es dauerhaft zusätzlicher Mittel zur Sicherung und Weiterentwicklung der Infrastruktur, öffentlicher Dienstleistungen und für mehr Personal. Die Schuldenbremse entpuppt sich in der Praxis als Investitions- und Zukunftsbremse und gehört abgeschafft oder zumindest mittels längerer Tilgungsfristen und einer goldenen Regel (Möglichkeit der Kreditfinanzierung öffentlicher Investitionen) gelockert.

Der Streit um die Schuldenbremse ist Teil des großen Verteilungskonflikts. Das private Nettovermögen beläuft sich auf 13 Billionen Euro. Der private Reichtum konzentriert sich in wenigen Händen. Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt zwei Drittel, die Superreichen – das reichste 0,1 % – ein Fünftel dieses Nettovermögens.

Nach der Krise brauchen wir, anknüpfend an das im DGB beschlossene Steuerkonzept, eine umverteilende und gerechte Steuerpolitik, die den privaten Reichtum stärker in die Pflicht nimmt, um Armut zu überwinden. Große Vermögen, sehr hohe Einkommen,Erbschaften und Unternehmensgewinne tragen zu wenig zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. Zwischen 1998 und 2015 wurden die reichsten 30 % der Bevölkerung steuerlich entlastet, während die unteren 70 % mehr Steuern zahlen mussten. Bei Vermögen und Erbschaften ist Deutschland eine Steueroase.

Deswegen müssen Topverdiener, Großerben, Multimillionäre und Milliardäre sowie finanzstarke Unternehmen zukünftig stärker besteuert werden – z. B. durch eine Vermögenssteuer und eine anlassbezogene Vermögensabgabe. Gleichzeitig profitieren große Unternehmen von umwelt- und klimaschädlichen Subventionen in Milliardenhöhe.
Diese dienen häufig reichen Haushalten, müssen abgebaut und in eine zukunftsfähige Gemeinwirtschaft investiert werden.

Der DGB NRW wird die Diskussion um eine Umverteilung für einen sozial-ökologischen Kurswechsel in Gesprächen, Veranstaltungen und Veröffentlichungen aktiv aufgreifen und sich in den kommenden vier Jahren aktiv für mehr Verteilungsgerechtigkeit einsetzen.
Köln, 4.12.2021

Quelle: DGB NRW