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Frankfurt/M bis 17.6.22: Rache. Geschichte und Fantasie - Ausstellung

17.06.2022

Ausstellung „Rache. Geschichte und Fantasie“ mit umfangreichem Begleitprogramm im
Jüdischen Museum Frankfurt vom 18. März bis 17. Juli 2022

Von Gott zu Quentin Tarantino: Eine außergewöhnliche Ausstellung widmet sich erstmals dem Topos „Ra-
che“ in der jüdischen Kulturgeschichte. Die abwechslungsreich inszenierte Schau wird von einem umfang-
reichen Katalog, einem Podcast, einem Artist-in-Residence-Programm in Kooperation mit DAGESH.Jüdi-
sche Kunst im Kontext und einer Film- und Gesprächsreihe begleitet.

Die Ausstellung „Rache. Geschichte und Fantasie“ spannt einen kulturgeschichtlichen Bogen von bibli-
schen Geschichten über rabbinische Schriften, jüdische Legenden und judenfeindliche Mythen bis hin zu
jüdischen Gangs in US-amerikanischen Großstädten. Ihren Ausgangspunkt bilden populärkulturelle Erzäh-
lungen, in denen Machtlosigkeit durch die Intervention übermächtiger Figuren oder Akte von Selbster-
mächtigung überwunden wird. Ihren Fluchtpunkt stellen letzte Zeugnisse der Ermordeten und die Frage
der Gerechtigkeit nach der Schoa dar.

Ausstellung und Begleitprogramm eröffnen eine Plattform für die Auseinandersetzung mit Emotionen und
Überlieferungen, die von der jüdischen Erfahrung antisemitischer Gewalt gezeichnet sind und diese zu-
gleich – jenseits etablierter Rollenvorstellungen oder Versöhnungserwartungen – zu überwinden suchen.
Sie halten sich dabei an das Selbstverständnis jüngerer Jüdinnen und Juden in Deutschland, die die ei-
gene Geschichte nicht ausschließlich als Opfererzählung verstanden wissen und eine Position zwischen
Bedrohung und Empowerment beziehen wollen.

„Rache. Geschichte und Fantasie“ präsentiert historische Dokumente und Fotos, Werke der bildenden
Kunst und zeitgenössische Auftragsarbeiten, zeremonielle Gegenstände, Hand- und Druckschriften, grafi-
sche Literatur sowie Sound-, Film- und Videoarbeiten in einer szenischen Ausstellungsarchitektur.

Der Rundgang beginnt mit einer Requisite aus Quentin Tarantinos Film „Inglourious Basterds“. Es folgen
bildliche Darstellungen der biblischen Figuren Judith und Samson, zeremonielle Gegenstände, religiöse
Zeugnisse sowie rabbinische Schriften, die unter anderem den Bibelvers „Auge um Auge, Zahn um Zahn“
als Formel für angemessenen Schadensersatz auslegen. Das Zerrbild dieser Interpretation, der christliche
Mythos des rachsüchtigen Juden und die auf ihn folgenden Pogrome finden hier ebenfalls Erwähnung.
Das sich anschließende Kapitel widmet sich den jüdischen Legendenfiguren Lillith und Golem sowie der
Überlieferung von den Rächern der Endzeit, den Roten Juden. Ihm steht ein Exkurs über die Geschichte
jüdischer „Outlaws“ zur Seite, der auf Räuberbanden des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, jüdische Pira-
ten während des Kolonialismus und jüdische Gangster in den USA im 20. Jahrhundert eingeht. Die Aus-
stellungsarchitektur kulminiert in einem Raum, der sich den letzten Wünschen der Ermordeten und der
Realität jüdischer Racheakte während und unmittelbar nach dem Ende der nationalsozialistischen Herr-
schaft widmet. Neben den Attentaten von David Frankfurter und Herschel Grynszpan werden hier auch die
Pläne der Gruppe um Abba Kovner sowie die Selbstjustiz der Jewish Brigades thematisiert.

Mit der eigens beauftragten Drei-Kanal-Videoinstallation von Daniel Laufer findet der Rundgang seinen
Abschluss. Der sich anschließende Archivraum mit Büchern, Graphic Novels, Computerspielen und Fern-
sehserien ermöglicht weitere Auseinandersetzungen und lädt zu Begegnungen unter anderem mit fünf
Künstlerinnen und Künstlern ein, die im Rahmen von zweiwöchigen Residencies die Ausstellung
kommentieren und weiterentwickeln.

Das umfangreiche Begleitprogramm umfasst Gesprächsabende etwa mit der Chefhistorikerin von Yad
Vashem, Prof. Dina Porat, dem Rechtsanwalt Dr. Achim Doerfer und dem Philosophen Dr. Fabian
Bernhardt über ihre jüngst zum Thema erschienenen Bücher sowie eine Diskussionsveranstaltung mit
dem wissenschaftlichen Netzwerk „3G. Positionen der dritten Generation nach Zweitem Weltkrieg und der
Shoah in Literatur und Künsten der Gegenwart“. Eine eigene Filmreihe in Kooperation mit dem Deutschen
Filminstitut und Filmmuseum, die Lea Wohl von Haselberg kuratiert hat, ein Jewish Gangster Song-Abend
mit dem Musiker Shantel und ein Sommerfestival mit Comic-Workshops, kulinarischen Exkursionen, besonderen Führungen und Musik ergänzen das Programm

Jüdisches Museum Frankfurt
Bertha-Pappenheim-Platz 1,
60311 Frankfurt am Main
Tel: + 49 (0) 69 212 35000