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03.05.2022 - von Jenniffer Ehry-Gissel
Unser bestehendes Rentenrecht hat den familiären Generationenvertrag (Eltern versorgen ihre Kinder und werden dafür im Alter wieder von ihnen versorgt) zerstört. Stattdessen wurde die Wertschöpfung aus der Erziehungsarbeit an Erwerbsarbeit gebunden, so dass Eltern, die wegen der Erziehung ihrer Kinder in der Regel weniger erwerbstätig sein können – wirtschaftlich gesehen – von ihren Kindern weniger profitieren als kinderlose Rentner/innen. Dieser Umstand wurde im 5.Familienbericht (1994) als „strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien“ bezeichnet, ohne dass seitdem eine Korrektur erfolgt ist.
Unsere Frage:
Inwieweit wird sich Ihre Partei, sollte sie Regierungsverantwortung erhalten, (z.B. über den Bundesrat) dafür einsetzen, dass die Gerechtigkeit gegenüber den Eltern in Gestalt eines Gleichgewichtes zwischen gesetzlicher Jugend- und Alterssicherung wiederhergestellt wird?
Antworten:
CDU:
Grundsätzlich gilt: Kinderreichtum darf kein Armutsrisiko sein. Deshalb ist es richtig, dass Erziehungszeiten zum Beispiel bei der Rente angerechnet werden. Hier wurden noch unter der CDU-geführten Bundesregierung bis 2021 entscheidende Fortschritte erzielt. Gleichzeitig ist es im Sinne einer starken Gesellschaft, dass Familien und Kindern zahlreiche und vielschichtige Förderinstrumente zur Verfügung stehen: vom Kindergeld bis zum Familienzentrum vor Ort. Insbesondere im Kontext der Corona-Pandemie sind Familien zum Beispiel mit Blick auf die Ausweitung von Kinderkrankentagen unterstützen worden. Wir werden uns als Familienpartei auch in Zukunft mit aller Kraft dafür engagieren, Familien in der gesamten Breite zu unterstützen
SPD:
Wir stellen die Bildungsangebote in NRW gebührenfrei, damit bezahlen diese die Allgemeinheit, also auch die Kinderlosen. Wir wollen für Familien mit partnerschaftlicher Aufteilung Familienarbeitszeitmodelle mit finanziellem Ausgleich für mehr Zeit mit der Familie, sowie eine Kindergrundsicherung.
AfD:
Die finanziellen Lasten von Familien und Kinderlosen sind ungleich verteilt. Familien tragen die Lasten der Kindererziehung, verzichten in dieser Zeit oft auf einen Teil des möglichen Erwerbseinkommens und erzielen damit geringere Rentenansprüche als Kinderlose. Aber sie tragen zu dem Erhalt unserer Gesellschaft, unserer Werte und vor allem zu den Renten aller – und somit auch der Kinderlosen – bei.
Kinder sind unsere Zukunft. Der Staat ist dazu verpflichtet, die bestmöglichen Bedingungen für Eltern und ihre Kinder zu schaffen. Aus diesem Grund fordert die AfD, dass Familien für jedes Kind 20.000 € Beiträge zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen. Zudem muss sichergestellt werden, dass Eltern im Alter bei der Bemessung der Rente nicht schlechter gestellt werden als Menschen mit einer durchgehenden Erwerbsbiografie.
Neben finanziellen Hilfen muss vor allem der Arbeitsmarkt familienfreundlicher gestaltet werden, um Familie und Beruf endlich unter einen Hut bringen zu können. Deshalb will die AfD NRW Unternehmen motivieren, Wiedereingliederungsmöglichkeiten, wenn nötig mit flexiblen Arbeitszeiten, nach familienbedingten Berufspausen zu schaffen. Dies kann politisch durch Bürokratieabbau, Steuererleichterung oder finanzielle Förderung für die Arbeitgeber unterstützt werden. Der öffentliche Dienst muss mit gutem Beispiel vorangehen und Eltern bei Einstellungen gegenüber Kinderlosen stärker berücksichtigen. NRW muss Modellregion für ein kinderfreundliches Land werden, indem Eltern bei den Kosten der Kindererziehung entlastet und die Arbeitsbedingungen für Eltern mit Kindern familienfreundlich reformiert werden. Eine familienfreundliche Personalpolitik darf nicht länger zu Lasten des Arbeitgebers gehen.
Grüne:
Wir fassen unsere Gesellschaft als Solidargemeinschaft auf. Familien brauchen in allen Bereichen bedarfsgerechte Unterstützung, wenn sie es wünschen und brauchen. Besonders Alleinerziehende und von Armut betroffene Familien müssen in diesem Zusammenhang landesseitig durch beispielsweise mehr Familienzentren in Kitas und Grundschulen eine Unterstützungsmöglichkeit finden.
Linke:
DIE LINKE tritt für die bessere Anerkennung von Pflegezeiten und Erziehungszeiten bei der Berechnung der Rente ein. Frauen erhalten durchschnittlich 425 Euro Rente weniger als Männer. Die Ursache hierfür liegt in niedrigen Löhnen, ungleicher Bezahlung von Frauen und Männern, und Unterbrechungen der Erwerbsbiographie wegen Kindererziehung und Pflege. Wir wollen hierfür einen Ausgleich aus Steuermitteln. Für jedes Kind sollen 3 Entgeltpunkte gutgeschrieben werden. Pflegende Angehörige müssen zusätzliche Rentenansprüche für die gesamte Dauer der Pflegesituation erwerben.
Piraten:
Wir setzen uns für eine nachhaltige Bekämpfung der Altersarmut ein. Das Rentensystem muss durch eine Verbreiterung der Einnahmebasis generell umgestaltet werden. Aus einer allgemeinen, alle Formen der Altersvorsorge zusammenfassenden Rentenkasse soll jeder Mensch im Alter eine Grundrente erhalten, die auch bei einem unüblichen oder unsteten Verlauf des Erwerbslebens eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dazu wird diese Mindestrente regelmäßig ansteigende Kosten angepasst. In einem der ersten Schritte auf dem Weg hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) wollen wir ein Grundeinkommen für alte Menschen einführen.
Tierschutz:
Für die Partei Mensch Umwelt Tierschutz stellt das derzeitige Rentensystem eine der Haupttriebkräfte für die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich dar. Verlierer sind die Geringverdiener:innen, die auf die staatliche Rente angewiesen sind. Dies betrifft insbesondere Menschen, die sich viele Jahre um ihre Kinder und Pflege von Angehörigen kümmerten – zumeist Frauen. Die Altersvorsorge muss zu einer gerechteren Gesellschaft und zu einer Solidarität der Generationen beitragen. Wir streben eine solidarische Bürgerversicherung mit Garantierente und steuerfinanzierter Demografieanpassung an. Zeiten für die Kindererziehung, für die Pflege von Angehörigen oder ehrenamtliche Tätigkeiten müssen weitaus stärker als bislang berücksichtigt werden.
ÖDP:
Die Erziehungsleistung der Eltern muss als Rentenbeitrag anerkannt werden!
Von NRW sollte der Anstoß kommen, ein wirklich familiengerechtes Rentensystem zu schaffen: Eltern müssen heute für die Kinderkosten aufkommen und Beiträge für die Versorgung der Rentnergeneration zahlen. Kinderlose haben diese Doppelbelastung nicht. Da es aber künftig viele Kinderlose geben wird, wird die künftige Generation der Erwerbstätigen mit der Zahlung der Renten an die eigenen Eltern und an zahllose, kinderlos gebliebene, alte Menschen überfordert sein.
Wir fordern ein familiengerechtes Rentensystem, bei dem eine Grundrente für alle aus Steuern auf jedes Einkommen (z.B. auch auf Kapitalerträge) finanziert wird. Die Erziehungsleistung der Eltern muss als Renten-Beitrag honoriert werden! Dauerhaft kinderlose Menschen müssen einen Teil der gesparten Kinderkosten als Vorsorge für das eigene Rentenalter in eine Kapitalversicherung einbringen.
Die FDP hatte bis zum 6. April auf unsere Fragen nicht geantwortet.
Die Wahlprüfsteine "Betreuungsgeld für Eltern", "Gleichstellungsspolitik", "Wahlfreiheit für Eltern" und Ganztagsschulen" für die Landtagswahl Mai 2022 in Nordrhein-Westfalen unter: Link
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