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Geschichte eines Leserbrief-Schreibers

Foto: H.S.

14.09.2022 - von Peter Richartz

I
Seit nunmehr 20 Jahren kommentiere ich die (Tages-) Politik in „Leserbriefen“, die ich an persönlich bekannte und unbekannte Interessenten und Zeitungsredaktionen richte. Meine öffentlich gemachten Gedanken begannen mit einer im November 2002 geschalteten Anzeige in der Düsseldorfer Ausgabe der „Rheinischen Post", in der ich bekannte: „Ich habe genug, bin Beamter, unkündbar, verdiene also unabhängig von meiner Leistung jeden Monat gutes Geld und habe es satt, ständig Klagen zu hören, wir verdienten zu wenig. Ich bin für Nullrunden im Öffentlichen Dienst, (einschl. Gewerkschaftern, Politikern, u.ä.), bis es wirtschaftlich wieder aufwärts geht! P. Richartz, Bes.Gr. A 12“

Diese Anzeige sorgte für Aufsehen, so dass kurz darauf, am 18. Dezember, in der "Süddeutschen Zeitung" ein ausführlicher Artikel - allerdings nur im NRW-Teil - über einen "Querulant(en) mit Beamtenstatus" erschien und ebenfalls für einigen Wirbel sorgte: Schon am Erscheinungstag riefen mehrere Redakteure vormittags bei mir in der Schule (!) an und wollten Interviews, es gab ein Spontaninterview im Mittagsmagazin des WDR, ein Fernsehinterview in WDR 3 – Bergisch-Land – ja, sogar die Tagesschau rief mich an, als ich mich gerade auf den Weg ins Wuppertaler Fernsehstudio machen wollte. Leider bekam ich „kalte Füße“ ob dieser überdimensionalen Publicity und gab der Tagesschauredaktion einen Korb. Später habe ich das bereut, weil meine regional begrenzten Aktionen kaum Resonanz hervorbrachten und ich somit selbst dafür sorgte, dass der Wirbel rasch wieder verebbte... Im Zuge der damit verbundenen Diskussionen wuchs in mir schon zu dieser Zeit das Bedürfnis, auch zu anderen politischen Themen laut Stellung zu beziehen, anstatt mich weiterhin nur "im stillen Kämmerlein" zu ärgern. Im November 2004 war es dann endlich soweit.


II
Ich hatte mich bereits jahrelang geärgert über die bornierte Willkür von maßgeblichen Politikern und ihren Lakaien in der jeweiligen Partei, die ihre Beschlüsse am Volk vorbei (und oft gegen das Volk gerichtet) im Parlament durchsetzten. So hatte ich beschlossen, meinem Unmut öffentlich Luft zu machen und meine Kritik aufzuschreiben, um sie in geschalteten Anzeigen bei einer überregionalen Zeitung zu veröffentlichen. So entstanden fünf Anzeigen in der Größe jeweils etwa einer Todesanzeige, die ich in der ersten Adventswoche 2004 in der Süddeutschen Zeitung (die mir den günstigsten Preis anbot) schaltete – täglich und in Folge 1-5. Titel: Bemerkungen eines Steuerzahlers. Hier einige Auszüge:

„Liebe Politiker, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie u.a. auch mein Geld verwalten und dafür verantwortlich sind? Machen Sie sich klar, dass ich – wie jeder andere Steuerzahler auch – Ihr Gehalt finanziere und sozusagen Ihr Arbeitgeber bin? Nun habe ich mal überschlagen, dass wir Steuerzahler weit über 1.000.000.000 (1.000 Millionen!) Euro in unsere Staatskasse zahlen – täglich! (einkaufen: „Mehrwert“-Steuer, arbeiten: Einkommensteuer, sparen: Zinsabschlagsteuer, vorsorgen: Versicherungsteuer, Auto fahren: Mineralölsteuer / KFZ-Steuer, Bierchen trinken: Alkoholsteuer, rauchen: Tabaksteuer, atmen: Ökosteuer...)

Sie, unsere Angestellten, haben dennoch einen riesigen Schuldenberg aufgehäuft und sehen jetzt keine andere Möglichkeit, als die Steuern für uns noch weiter zu erhöhen, Feiertage abzuschaffen und unser aller erspartes Staatseigentum zu „privatisieren“ (auf Deutsch: unter dem eigentlichen Wert zu verhökern ???) Sie hören noch von mir. ...

Liebe Politiker, wissen Sie eigentlich noch, wozu unsere Steuern dienen? Sie sind eingerichtet worden für Aufgaben, die im Interesse des Volkes erledigt werden sollen:
- Schulen und andere öffentliche Einrichtungen bauen und unterhalten, - Bedürftige solidarisch unterstützen, - Verwaltungsaufgaben erledigen, die der Einzelne nicht leisten kann, usw. Denken Sie wirklich, es ist in Ordnung, wenn Sie von unser aller Geld Leute begünstigen, die überhaupt keine Not leiden? Wenn Sie vermögende Unternehmen begünstigen und Steuergeld womöglich in solche pumpen, die durch ihre Tätigkeit massiv umweltzerstörend wirken? Wenn Sie ständig vor der Macht der Lobbyverbände einknicken? Wenn Sie unverhältnismäßig viel Geld für Ihre eigenen („politischen“) Zwecke verwenden? Wenn Sie die Verwaltung personell wuchern lassen und damit immer uneffektiver machen? Wenn Sie immer protzigere Gebäude für sich selbst bauen lassen – alles „selbstverständlich“ auf unsere Kosten ?! Wenn Sie Sparen predigen und selbst – wie diese miesen Konzernchefs der vergangenen Schlagzeilen - mit schlechtestem Beispiel vorangehen?! Sie hören noch von mir...“

Zum Steueraufkommen: Es betrug zu dieser Zeit laut Bundesfinanzministerium tatsächlich etwa 480 Milliarden Euro pro Jahr! Mittlerweile nähern wir uns der Billion (1.000.000.000.000 €). Die Staatsverschuldung betrug 2004 etwa 1,4 Billionen, heute sind es 2,4 Billionen: Link


III
Als Reaktion der Zeitungleser erhielt ich ca. 80 Zuschriften, fast alle mir zustimmenden Charakters. Mit einigen ausgewählten, ebenfalls zur aktiven Veränderung Entschlossenen nahm ich Kontakt auf und es entstand eine Initiative „Aufbruch-2006“, die sich zum Ziel setzte, die politisch „vernünftigen“ Splitterparteien Deutschlands zu vereinen, um eine wählbare Alternative zu den Altparteien zu haben. An Pfingsten 2005 versammelten sich nach der Vorarbeit dreier Initiativen (Aufbruch-2006, Hambacher Netzwerk und Neue Mitte) 14 bunt gemischte Splitterparteien und politische Gruppierungen (Direktdemokraten, Humanisten, Spirituelle, Pazifisten ...) an einem Tisch und verabschiedeten nach großer anfänglicher Skepsis, lebhaftem Austausch und produktiver gemeinsamer Arbeit die >Eisenacher Erklärung< (später von 4 weiteren Gruppierungen unterzeichnet), in der sie unter dem Motto "Einheit in Vielfalt" den Willen zur Schaffung einer neuen politischen Kraft bekundeten:
Am 3. Oktober 2005 sollte eine neue Partei aus der Mitte des Volkes entstehen. Doch es kam anders: Eine Woche nach Pfingsten verkündete Kanzler Schröder, es gäbe „vorgezogene Neuwahlen“ bereits im Herbst 2005. In solcher Kürze der Zeit war keine neue Partei einzurichten – und so machte sich Resignation unter den Vertretern der Kleinparteien breit, das geplante Bündnis wurde ungeboren „beerdigt“. So verlegte ich mich im Laufe der nächsten Jahre auf die Kommentierung des Zeitgeschehens aus (m)einer Sicht, die die Mainstream-Berichterstattung kritisch unter die Lupe nahm. Sinn und Zweck erklärte ich so:

1) Als Grundschullehrer war es jahrzehntelang meine Profession, komplexe Zusammenhänge mit einfachen Worten zu erklären, so dass auch Kinder sie verstehen, zumindest aber erahnen können.
2) Die Regierungen haben in dieser Zeit der Demokratie und der Gesellschaft im Allgemeinen so sehr geschadet, dass nur ein radikaler Neubeginn mit völlig anderen als den "etablierten" Personen unserem Fortbestand mit erträglicher Lebensqualität eine Chance geben kann. Um dies zu erkennen, wären die meisten Bürger auf eine kritische Begleitung der Tagespolitik durch die Medien angewiesen.
3) Die verhängnisvolle "Mainstream-Berichterstattung" verblödisiert unser Volk, so dass es immer wieder die Protagonisten seines bekannten Unglücks, niemals aber solche eines evtl. unbekannten Glücks wählen.
4) Um der Verblödisierung entgegenzuwirken, bedarf es der Aufklärung der Bürger über politische Zusammenhänge, Bedeutung, Hintergrund und Folgen politischer Entscheidungen, wenn dies von den Medien nicht ausreichend geleistet wurde. Dies über Leserbriefe zu tun, die an die Redaktionen aller größeren Städte Deutschlands geschickt werden, reicht nicht aus - dazu sind die meisten meiner Kommentare zu (system-) kritisch und werden nicht abgedruckt.

Deshalb habe ich meinen alten Verteiler mit politisch aktiven Einzelpersonen und Gruppierungen ausgegraben und jeden gebeten, alles was ihm / ihr gefällt, auf der evtl. eigenen Homepage zu veröffentlichen bzw. über eigene Verteiler weiterzuverbreiten. Ein hochgestecktes Ziel, das ist mir klar. Aber nach dem Motto "Steter Tropfen schärft den Geist" vielleicht doch sinnvoll.

IV
Während bis zum Jahr 2019 zumindest eine Anzahl auch systemkritischer Beiträge in Zeitungen abgedruckt worden waren, endete dies schlagartig mit der „Corona-Krise“, die mir von Beginn an äußerst fragwürdig und inszeniert vorkam; dazu hatte ich schon zu viel verlogene Propaganda, vorzugsweise von den Regierungen der USA und Deutschlands, erleben und kommentieren müssen. Medien und Politik waren und sind von mächtigen Kräften im Hintergrund ganz offensichtlich Leitlinien vorgegeben, die sie sich nicht trauen zu ignorieren. So kam und kommt es immer wieder zu Verboten, Diffamierung, Zensur und Schauprozessen mit unverhohlen politisch vorgegebenem Ausgang gegen unliebsame, aber populäre Kritiker der Regierungspolitik, die vorzugsweise aus dem Land geekelt werden (Beispiele sind Ken Jebsen, Ärzte und Wissenschaftler wie Prof. Bhakdi, Dr. Wodarg, Prof. Homburg, Dr. Hirte, Dr. Schiffmann und erschreckend viele mehr).

Wenn Menschen mit abweichender Meinung von der Regierung ausgegrenzt werden und sogar ein gerichtlich verhängtes Berufsverbot fürchten müssen, so bedeutet dies die höchste Alarmstufe für eine demokratisch orientierte Gesellschaft. Diese Entwicklung war zu Beginn der Coronakrise noch nicht abzusehen – und noch heute negieren unglaublich viele Bürger diesen Umstand. Sogar mir einst vertraute Familienangehörige haben sich angesichts meiner entschieden begründeten Ablehnung von Covidspritze, Russland-, Ukraine-, Energie- und Kriegstreiberpolitik emotional und räumlich von mir distanziert, wollen nichts mehr mit mir zu tun haben und werfen mir vor, durch meine „überzogene“ Kritik an der ach so segensreichen deutschen „Demokratie“ den Boden der staatlich verordneten „Realität“ verlassen zu haben. Manch einer wundert sich inzwischen, dass ich „noch auf freiem Fuß“ bin – die Propaganda hat gewirkt!

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Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte:
"Wo kämen wir hin, ...!",
und niemand ginge, um zu sehen,
wohin wir kämen, wenn wir gingen ?
(Kurt Marti)

Quelle: Peter Richartz, 13.9.2022