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US-Praesident wird nur indirekt von Bevoelkerung gewahlt

Foto: H.S.

USA - 04.11.2024 - von Hanne Schweitzer

Das US-Wahlsystem ist ein Gemisch aus staatlicher Demokratie und kommunaler Selbstverwaltung, das in jedem Teistaat anders geregelt wird. Es wird in jedem Teilstaat anders gehandhabt. Die US-Praesidentenwahl ist ein undurchsichtiger Vorgang. Sie fusst auf einem Kompromiss, den die Gruendervaeter geschlossen haben. Er kam zustande, weil es damals weder eine Mehrheit fuer den Vorschlag gab, den Praesidenten von den Kongressmitgliedern waehlen zu lassen, noch eine Mehrheit fuer den Vorschlag, "qualifizierte" Burger den Praesidenten waehlen zu lassen. (Indigene, Schwarze, Arme und Frauen gehoerten nicht zu den Qualifizierten.)
Daraus wurde das heutige, schwer zu verstehende Konstrukt, dass kaum ein US-Buerger erklaeren kann. Einzige Ausnahme ist die Tatsache, dass Praesident und Vizepraesident stets als Duo gewahlt werden, damit sie beide der gleichen Partei angehoeren.

1. Die Allgemeinen Wahlen (General Election)
240 Millionen US-Buergerinnen sind zur Wahl aufgerufen. Angekreuzt werden kann auf dem "Wahlzettel" (ballot), der z.B in Kalifornien sechs Seiten dicken Papiers besteht, auf Seite fuenf einer von sechs Kandidaten fuer die Praesidentschaft.
Es treten an:

Robert F. Kennedy Jr.
for President
Nicole Shanahan
for Vice President
American Independent

Chase Oliver
for President
Mike Ter Maat
for Vice President
Libertarian

Jill Stein
for President
Rudolph Ware for Vice President
Green

Donald J. Trump
for President
JD Vance for Vice President
Republican

Claudia De La Cruz
for President
Karina Gracia
for Vice President
Peace and Freedom

Kamala D. Harris
for President
Tim Walz
for Vice President
Democatic

Nach dieser Auflistung folgt eine leere Zeile mit der Unterschrift "Write-In Candidate". Hier kann man den Namen eines Kandidaten eintragen, der/die sich zuvor beim Wahlamt mit einer vorgegebenen Anzahl von Unterstuetzerunterschriften angemeldet hat. Erscheint dieser Name haeufig genug auf den ballots, werden diese Stimmen gezaehlt.

Insgesamt kann man z.B. in Kalifornien bei dieser Wahl ueber 27 Vorschlaege und Kandidaten abstimmen. Das reicht von der Besetzung diverser Aemter z.B fuer die Schul- oder Collegeverwaltung, die Kongress-Senatoren, Richter, Staatsanwaelte, Kongressabgeordente und die leitenden Mitglieder der staatlichen Wasserverwaltung.

Ausserdem kann mit "ja" oder "nein" abgestimmt werden ueber die Einfuehrung einer Sondersteuer fuer die Feuerwehr, ueber die Bildung einer Ethik-Kommission, ueber Anleihen fuer die Reperatur von Schulen, zur Verbesserung des Trinkwasssers, zur Verbesserung der Infrastruktur, ueber die Erhoehung des Mindestlohns, ueber die Einfuehrung eines Mietstopps, die Verbesserung des Wasserversorgung, der Obdachlosenhilfe, ueber ein ja oder nein zur Abschaffung der Arbeitspflicht fuer Gefangene, ueber die restriktive Handhabung von gespendeten Medikamenten durch bestimmte Krankenversicherungen, ueber die Einfuehrung einer staendigen Steuer zur Unterstuetzung der Krankenversicherung fuer arme Kalifornier, ueber die Erhoehung des Strafmasses fuer kleinere Drogen- und Diebstahldelikte.

Hat man die sechs Seiten abgearbeitet, wobei diverse Tageszeitungen Empfehlungen und Begruendungen fuer ein "Ja" oder "Nein" publizieren, kann man das ballot in einen Extrabriefkasten fuer Wahlzettel werfen, die aber mitunter angezuendet werden, man kann das ballot in einem Wahllokal abgeben, mit der Post ans Wahlamt schicken, oder es als Vorlage benutzen, und die Entscheidungen im Wahllokal in eine Wahlmaschine eintippen.

Damit ist die Beteiligung der Bevoelkerung als Ganze beendet. Das Nationale Archiv der USA bringt es locker so auf den Punkt: "Wenn Sie einen Praesidentschadtskandidaten waehlen, waehlen Sie tatsaechlich die von ihrem Praesidentschaftskandidaten bevorzugten Wahlmaenner."


2. Wahlmaenner und - Frauen waehlen den Praesidenten
Die Anzahl der qualifzierten Buerger die den Praesidenten waehlen, richtet sich nach der Groesse der Bevoelkerung in den einzelnen Bundesstaaten. Insgesamt gibt es 538 Wahlmaenner. 435 für das US-Repräsentantenhaus, 100 für die US-Senatoren und drei für die Hauptstadt Washington D.C., die zu keinem Bundesstaat gehört.
270 Stimmen der Wahlmaenner und -Frauen sind noetig, um Praesident(in) bzw. Vizepraesident(in) zu werden.

Jeder Bundesstaat hat die gleiche Anzahl an Wahlmännern und-Frauen, wie sie vom jeweiligen Bundesstaat an Abgeordneten und Senatoren in den Kongress in Washington entsendet werden. Kalifornien zum Beispiel hat 54 Abgeordnete, (2 Senatoren and 52 Mitglieder des Repraesentantenhauses) und genau so viele Wahlmaenner -und Frauen. In Wyoming sind es drei.


3. Wie wird man Wahlmann oder Wahlfrau
Schon um eine verlaessliche Bestaetigung darueber zu bekommen, dass im "Electoral College", was im deutschen stets mit Wahlmaenner-Gremium uebersetzt wird, auch Frauen vertreten sind, waren vier Telefonate mit offiziellen, fuer die Durchfuehrung der General Election zustaendigen Behorden in Kalifornien erforderlich.

Jeder Bundesstat entscheidet bis zum 1. Oktober selbstaendig darueber, wie, bzw. von wem die Wahlmaenner -Frauen bestimmt werden. In Kalifornien z.B. benennt jeder Kandidat der Demokratischen Partei, der fuer das Repraesentantenhaus oder für den Senat kandidiert, je einen Wahlmann oder eine Wahlfrau.
Bei der Republikanischen Partei in Kalifornien ist das legale Beziehungsnetz genau definiert und eng geknuepft. Zum Wahlmann oder zur Wahlfrau (Elector) ernannt werden koennen z.B. der rep. Kandidat für das Amt des Gouverneurs, des stellvertretenden Gouverneurs, des rep. Schatzmeisters, des rep. Rechnungsprüfers, des Generalstaatsanwalts, des Außenministers, ... alle gewählten Amtsträger des republikanischen Zentralkomitees im Bundesstaat, die Mitglieder des nationalen Komitees, der Präsident der Vereinigung der Vorsitzenden der republikanischen Bezirkszentralausschüsse und der Vorsitzende oder der Präsident jeder republikanischen Freiwilligenorganisation, die offiziell vom republikanischen Zentralkomitee im Bundesstaat anerkannt ist. Weitere freie Sitze werden durch Ernennung des Vorsitzenden des Zentralausschusses der Republikaner gemäß den Statuten des Zentralausschusses der Republikaner besetzt.


Wahlmaenner koennen treu oder untreu sein
"In der Regel" sind die Wahlmänner und -Frauen Parteimitglieder, die bereit sind, auch wenn sie einer anderen Partei angehoeren, den Praesidentschaftskandidaten zu waehlen, der im Staat, den sie vertreten, die meisten Stimmen bekommen hat. Das schreibt die US-Verfassung aber nicht vor, weshalb es nur in einigen Staaten eine Vorschrift ist.

Ausnahmen bestaetigen deshalb die Regel. So wurde z.B. der Wahlmann Colin Powell, der nicht den Kandidaten mit den meisten Stimmen gewaehlt hatte, zu einer Geldstrafe von eintausend Dollar verurteilt. Als er Berufung gegen das Urteil beim Obersten Gerichtshof der USA einlegte, verlor er. Seit 1948 hat es bei keiner Praesidentschaftswahl mehr als einen "untreuen" Wahlmann gegeben.

2016, mit Trump als Praesidentschaftskandidat, aenderte sich das. Insgesamt sieben „treulose“ Wahlmaenner stimmten nicht für den Kandidaten, der in ihrem Bundesstaat die Mehrheit gewonnen hatte. Von allen 538 Wahlmännern waren fünf der demokratischen Kandidatin Clinton "untreu" und zwei dem republikanischen Kandidaten Trump.


5. November 2024: Letzter Wahltag fuer die US-Bevoelkerung
Der voraussichtliche Gewinner der diesjaehrigen Wahl wird in der Wahlnacht des 5. November 2024 (cal.time) bekannt gegeben. Die gemeldeten Ergebnisse sind aber inoffiziell! Waehrend der nächsten Wochen werden Stimmzettel aus Uebersee hinzugefügt, ausserdem die Wahlzettel, die mit der Post gekommen sind und eventuelle neue Auszaehlungen.


11. Dezember 2024: Ernennung der Wahlmaenner und -Frauen
Am 11. Dezember, also nachdem es bereits ein vorlaeufiges Ergbnis gibt, werden die Wahlmaenner und -Frauen in allen Bundesstaaten ernannt. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die „Exekutive“ jedes Bundesstaates die Elektoren bestaetigt haben.


17. Dezember 2024: Electoral College in allen Bundesstaaten
Sechs Tage spaeter, am ersten Dienstag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember, treffen sich die Wahlmaenner und -Frauen in den Hauptstädten ihrer jeweiligen Staaten, um - man glaubt es kaum - gemäß Artikel II, Abschnitt 1, Satz 3 der US-Verfassung, zwei Personen für das Amt des Präsidenten zu wählen, von denen eine nicht aus ihrem Staat stammen darf. Anschließend übermitteln Wahlmaenner und -Frauen dem Präsidenten des Senats (z.Z. Kamala Harris) eine Liste mit den Personen, für die sie gestimmt haben, und der Anzahl der Stimmen, die jede von ihnen erhalten hat.

Diese Zusammenkünfte in den einzelnen Staaten werden als Versammlung des Wahlmänner und-Frauen (Electoral College) bezeichnet.


25. Dezember 2024: Senatpraesident erhaelt die Stimmen der Elektoren
Bis zum 25. Dezember 2024 muessen die beurkundeten Ergebnisse des Electoral College dem Praesidenten des Senats (z.Z. Kamala Harris) und dem Nationalen Archivar vorliegen.


3. Januar 2025 - Vereidigung des neuen Kongresses
Die neu gewaehlten Kongressabgeordneten werden vereidigt.


6. Januar 2025- Auszählung der Wahlmänner -Frauenstimmen im Kongress
In Anwesenheit der Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses zählt der Präsident des Senats die Stimmen aus. Der Kandidat, die Kandidatin mit der höchsten Stimmenzahl wird Präsident, wenn er/sie die Mehrheit der Stimmen erhalten hat.


20. Januar 2025 - Amtseinführung des neuen Praesidenten oder der neuen Praesidentin
Der 47. Präsident legt vor dem Kapitol den Amtseid ab.


Ob das so hinhaut, steht in den Sternen. Da Trump, wenn er die Wahl verliert, mit einigen schwerwiegenden Gerichtsverfahren rechnen muss, und genuegend Unterstuetzer in den Zirkeln und Wandelgaengen der Macht hat, werden seine Anwaelte alle Schwachstellen des Wahlprozederes nutzen, um die Wahl anzufechten, Stimmauszaehlungen zu verzoegern, Wahlmaener zu denunzieren, oder den Prozess der Amtseinsetzung so lange zu verzoegern, bis die Wahl schliesslich im Repraesentantenhaus stattfinden muss. Was aber nur dann Sinn machen wuerde, wenn die Republikaner dort die Mehrheit gewinnen.

Quelle: diverse

Quelle: diverse