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Angleichung Rentenwert Ost gefordert

22.12.2006 - von Tilo Gräser

Eine stufenweise und steuerfinanzierte Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West innerhalb der nächsten zehn Jahre fordern Volkssolidarität, Sozialverband Deutschland (SoVD) und ver.di. Die Vertreter der Organisationen sprachen sich auf einer Fachveranstaltung der Volkssolidarität für ein Stufenmodell von ver.di und der Gewerkschaft GEW aus.

Der Präsident der Volkssolidarität, Prof. Dr. Gunnar Winkler, kritisierte, dass "die Rentenwerte nach über 16 Jahren deutscher Einheit immer noch um
etwa 12 Prozent auseinanderklaffen". Während in Ostdeutschland der Rentenwert von 22,97 Euro gelte, betrage er in den alten Bundesländern 26,13
Euro. Werde die Differenz auf ein Jahr Rentenbezug hochgerechnet, "macht das beim Eckrentner ,Ost' einen Verlust von 1.706 Euro aus - Geld das nicht zur Verfügung steht für Gesundheit und Pflege, für kulturelle Bedürfnisse und Bildung, für Kinder und Enkel,aber auch nicht für die Konsumnachfrage", so Winkler. Es gebe aber nicht nur eine Stagnation bei der einst politisch
zugesagten Angleichung, "sondern sogar einen unverkennbaren Rückschritt".
Der Verbandspräsident verwies dabei auf die in den letzten Jahren sinkenden Alterseinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ver.di-Seniorenvertreter Dr. Fritz Schirach erinnerte auf der Veranstaltung an den Einigungsvertrag von 1990, der eine baldige Angleichung der Renten bis 1996 zugesichert habe. Der Gewerkschafter kritisierte, die Politik habe das Thema Rentenanpassung "längst aus ihrem Fahrplan gestrichen". Es gebe
"dringenden Handlungsbedarf" für die Angleichung der Rentenwerte in einem Stufenplan. Das entsprechende Modell der Gewerkschaften stellte Judith
Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozial+Gesundheitspolitik im ver.di-Bundesvorstand, vor. Durch einen Angleichungszuschlag in den Jahren 2007 bis 2016 sollten die Rentenwerte schrittweise angepasst werden. Es sei ein klares und sozialpolitisch vertretbares Modell, das durch die
Steuerfinanzierung nicht zu Beitragssteigerungen in der Rentenversicherung führe.

Das bestätigte Klaus Michaelis vom Sozialpolitischen Ausschuss des SoVD. Die errechneten Kosten des Modells, die sich im ersten Jahr auf rund 600 Millionen Euro belaufen und folgend ansteigen, würden geringer ausfallen, "je schneller die Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse erreicht werden kann". Der Vorschlag sei überzeugend und würde helfen die Situation der ostdeutschen Rentner spürbar zu verbessern, sagte der frühere Direktor der Bundesversicherungsanstalt der
Angestellten (BfA). Vertreter von Bundestagsfraktion der SPD, der Linken und der F.D.P. bestätigten die Notwendigkeit, für die Angleichung des Rentenwerts Ost eine Lösung zu finden, die steuerfinanziert werden sollte.

Das vorgeschlagene Stufenmodell zur Rentenangleichung fand auf der
Veranstaltung viel Zustimmung, so unter anderem von der stellvertretenden
Bundesvorsitzenden des Seniorenverbandes BRH Anna Maria Müller. Sie sprach sich ebenso wie teilnehmende Vertreter anderer DGB-Gewerkschaften dafür aus,
gemeinsam Druck gegenüber der Politik für eine Rentenangleichung "noch zu unseren Lebzeiten" zu machen. Die Volkssolidarität werde aktiv dabei mitwirken, betonte der Bundesgeschäftsführer des Verbandes, Dr. Bernd Niederland, der auf einen entsprechenden Beschluss der
Bundesdelegiertenversammlung der Volkssolidarität von Anfang November verwies. "Auch wir sind bereit zur Zusammenarbeit, die dringend erforderlich ist für mehr soziale Gerechtigkeit in diesem Land", so SoVD-Vertreter Michaelis.

Dazu passen die Zahlen, die Egon Krnez, Ex-Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzender der DDR am 12. 6.08 in der Zeitung Junge Welt publizierte.
1990 lag die Staatsverschuldung der alten BRD, die ja bekannntlich 60 Mio. Einwohner hatte, pro Kopf der Bevölkerung bei 15.000 DM. Jeder der nur 16 Mio. DDR-Bürger brachte 7.005 DM Schulden mit in die deutsche Einheit. 1989 betrug die Nettoverschuldung der DDR gegenüber den westlichen Ländern 19,9 Milliarden Valutamark, das waren 12,2 Millliarden Dollar. Heute hat allein Berlin das Sechsfache an Schulden wie die DDR 1989.

Quelle: Mail an die Redaktion, Junge Welt, 12.6.08

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