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Alterseinkünftegesetz diskriminiert Ehepaare

15.02.2007 - von B.L.

Da mein Ehemann nach 41 Jahren (!!!)ununterbrochener Tätigkeit in der Metallindustire nur eine mtl. Rente wegen voller Erwerbsminderung von 887 € erhält, arbeite ich, um unseren Lebensunterhalt sicherzustellen.

Bisher wurde seine Rente mit einem Ertragsanteil von 19 Prozent versteuert, das macht jährlich rd. 500 € statt einer Erstattung durch das Fianazamt von 500 € zuvor und 40% entgangenen Lohn (mittlerweile sind es 50%).

Das war deshalb noch akzeptabel, weil ich im Gegenzug durch Steuerklasse III einen kleinen Ausgleich erhielt und wir unsere Lebensführung erheblich eingeschränkt haben.

Die Rente meines Mannes beträgt inzwischen weniger als 60% seines letzten Nettolohnes, weil er vor seinem 60. Geburtstag unverschuldet erwerbsunfähig wurde.

Gegen die Berechnung der Deutschen Rentenversicherung haben wir bereits vor einiger Zeit eine [b]Neuberechnung nach dem Urteil des Bundessozialgerichts beantragt, wurden aber von der Rentenversicherung auf eine noch ausstehende gesetzliche Neuregelung verwiesen, weil man offensichtlich das Urteil nicht akzeptieren will.[/b] Der Antrag ruht derweil und wir haben trotz des Urteils netto nicht mehr.

Das Finanzmat hat für das Jahr 2005 nur für die Renteneinkünfte meines Ehemannes noch 1.700 € nachgefordert, zu den Steuern, die ich schon mtl. bezahlt habe.

Wir haben keine Kapitaleinkünfte oder andere Einnahmen als seine Rente und meinen Arbeitsverdienst. Selbstverständlich haben wir gegen den Steuerbescheid Einspruch erhoben, ich habe mich aber auch gleichzeitig an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages und die Bundestagsfraktionen der SPD,Grünen und CDU gewandt und mich über die Schlechterstellung und die Verletzung des Grundgesetzes Art. 6 - Schutz von Ehe und Familie - beschwert.

Da ich seit fast 40 Jahren im Öffentlichen Dienst als Angestellte arbeite, kann ich die Besserstellung der Beamten beurteilen. Die Beispiele im Urteil des Bundesverfassungsgerichts erschienen mit seinerzeit schon so realitätsfremd und erfunden, dass ich der Annahme bin, dass die gesetzgebenden Parteien dieses Urteil zugunsten von zusätzlichen Steuereinnahmen genutzt haben.

Das Alterseinkünftegesetsz bewirkt eine wesentliche Schlecherstellung von Verheirateten gegenüber Ledigen, wenn ein Ehepartner Rentner ist und der andere noch arbeitet.

Mein Ehemann alleine hätte bei seiner Rente alleine keine Steuern zu bezahlen, evtl. sogar noch Anspruch auf Wohngeld und andere staatliche Vergünstigungen.
Ich würde als unverheiratete Frau meine Steuern als Arbeitnehmerin zahlen und hätte keinerlei Unterhaltvepflichtungen einem Ehemann gegenüber.

Die bisherigen Steuervergünstigungen nach Steuerklasse III sind durch das Alterseinkünftegesetz aufgebraucht. Übrig bleiben die Belastungen einer Ehe.

Folge:
Durch die hohe steuerliche Belastung werden wir inzwischen den Ledigen gleichgestellt. WIr haben aber als Verheiratete gegenseitige Unterhalts- und Betreuungsverpflichtungen im Krankheitsfall usw.
Bei einer evtl. Scheidung würde nach so vielen Ehejahren 1/3 meiner Rente durch den gesetzlichen Versorgunsausgleich einfach wegfallen, Ich hätte dann 30 Jahre umsonst gearbeitet.
Dies alles betrifft Ledige nicht, sie erhalten aber jetzt netto genausoviel, wie wir. Auch eine getrennte steuerliche Veranlagung entbindet mich nicht von Unterhaltszahlungen und Versorgungsausgleich.

Besonders entsetzt war ich über die Antwort des Petitionsausschusses. Dabei handelt es sich offensichtlich nicht um einen beratenden Ausschuss. Dort sitzen Verwaltungsbeamte, die als Antwort den Gesetzestext abschreiben und lapidar bemerken, der Rest sei meine "persönliche" Lebensführung.

Schöne Demokratie! Im Klartext heißt dies: Warum sind Sie so dumm und haben geheiratet und arbeiten noch?
Als wir vor 30 Jahren geheiratet haben, gab es diese einschneidenden Gesetze zu Ungunsten von Arbeitnehmern und Ehepaaren noch nicht. Man kann jungen Leuten nur raten, nicht zu heiraten.

Dies alles ist erniedrigend und deprimierend und auch eine Form der Altersdiskriminierung für langjährig geleistete Arbeit zum Wohl anderer.

Jeder, der für sein Alter vorsorgt, wird z.Zt. in irgendeiner Form bestraft, sei es durch Besteuerung von Kapitalbildung, Renten, Lebensversicherungen etc., während die Faulenzer von staatlicher Seite voll unterstützt werden. Wer einen 400 € Job ausübt wird von sämtlichen Beitrags- und Steuerzahlungen befreit und fällt später der Allgemeinheit durch Bezug von Grundsicherung zur Last. Versicherungspflichtige ArbeitnehmerInnen aber werden bestraft.
Das ist kein gesundes Statsklimka. Arbeit lohnt sich nicht mehr.

Eine weitere Ungerechtigkeit, die sich in der Zukunft auswirken wird, ist, dass unsere VBL-Betriebsrente, die wir zum größten Teil selbst einzahlen müssen (ohne Wahlmöglichkeit), und die wir zusammen mit dem Arbeitgeberanteil voll versteuern müssen, aber steuerlich überhaupt nicht absetzen können, später noch einmal als steuerpflichtiges Einkommen angerechnet werden wird. Je nach Rentenbeginn wird sie als Leibrente besteuert, ohne zuvor steuerlich jemals absetzbar gewesen zu sein. Das Finanzamt weigert sich einfach, diese Beiträge überhaupt anzuerkennen, auch unabhängig von der Höchstgrenze der Sonderausgaben. Beamte hingegen erhalten ihre Pension ohne jede Zuzahlung ihrerseits.

Unverschämt war auch, dass das Finanzamt die Steuernachzahlung innerhalb von drei Wochen forderte und ansonsten sofort mit Vollstreckungmaßnahmen oder bei Stundung mit zukünftigen Vorauszahlungen drohte. Eine so hohe unerwartete Steuernachforderung durch die nun wesentlich höhere Pregression bei immer weiter sinkendem Nettoeinkommen muss erst mal vorhanden sein. Ich ging nämlich bis dahin von einer Berücksichtigung der Pflichtbeiträge von nunmehr 60% als Sonderausgabe bei der Steuerberechnung aus, wie es auch in der Presse immer dargestellt wurde. Daher hatte ich mir bis zur Erstellung des Steurbescheides auch keine Sorgen gemacht und mit der bisherigen Nachzahlung gerechnet. Dass dieses Gesetz bei erheblich gesunkenem Nettoeinkommen so verheerende Auswirkungen hat, konnte ich nicht fassen.

Nach Abzug der hohen Kosten, die durch die Krankheit meines Ehemannes verursacht werden, die keine Versicherung zahlt und die auch steuerlich nicht absetzbar sind, verbleibt mir nichts mehr, um solche Summen in kurzer Zeit anzusparen. Dazu kommen noch die stark gestiegenen Aufwendungen für Miete für eine kleine Wohnung und für meine Berufstätigkeit, die im Steuerrecht als Werbungskosten nicht vorgesehen sind.

Besonders erschreckend ist, dass gerade die Parteien mit bisher sozialpolitischem Anspruch, dieses Gesetz beschlossen haben und Arbeitnehmer mit guter Ausbildung in die Armut treiben.
Dazu kommt der soziale Abstieg von Rentnern wegen voller Erwerbsminderung auf Grundsicherungsniveau - und das nach 41 Jahren ununterbrochener Arbeit!

Quelle: Brief an das Büro gegen Altersdiskriminierung

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