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Kabinett beschließt Erbrechtsreform

07.02.2008 - von Eva Schmierer

Die wichtigsten Punkte der Reform des Erb- und Verjährungsrechts, wie sie vom Bundeskabinett auf Vorschlag von Justizministerin Zypries beschlossen wurden:

Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe.

Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und den Lebenspartnern des Erblassers auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils; diese Höhe bleibt durch die geplanten Neuerungen unberührt.

Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen:
Die Entziehungsgründe sollen vereinheitlicht werden, indem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden.

Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser einem Ehegatten, Lebenspartner oder Kindern vergleichbar nahe stehen, z. B. auch Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll auch dann möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder sie körperlich schwer misshandelt. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber dem Erblasser, seinem Ehegatten, Lebenspartner oder seinen Kindern möglich.

Beispiel: Künftig wird sowohl die Tötung des langjährigen Lebensgefährten der Erblasserin durch ihren Sohn als auch die schwere körperliche Misshandlung der Tochter des Erblassers durch dessen Sohn eine Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen.
Der Entziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ soll entfallen. Zum einen gilt er derzeit nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum anderen hat er sich als zu unbestimmt erwiesen. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen. Zusätzlich muss es dem Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches soll bei Straftaten gelten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.

Maßvolle Erweiterung der Stundungsgründe.

Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit sehr eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbes. Abkömmling, Ehegatte) eröffnet ist. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

Beispiel: In Zukunft kann auch der Neffe, der ein Unternehmen geerbt hat, eine Stundung gegenüber den pflichtteilsberechtigten Kindern geltend machen, sofern die Erfüllung des Pflichtteils eine „unbillige Härte“ darstellen würde.

Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Die Reform sieht vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich.

Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts wird das Erbrecht vereinfacht und modernisiert. Ein wichtiger Punkt ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen erhalten und zwar unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Bewertung der Leistungen wird sich an der gesetzlichen Pflegeversicherung orientieren.

Beispiel: Die verwitwete kinderlose Erblasserin wird von ihrer nicht berufstätigen Schwester gepflegt. Der Bruder kümmert sich nicht. Die Erblasserin stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Nachlass beträgt 100.000 Euro. Die Pflegeleistungen sind mit 20.000 Euro zu bewerten. Derzeit erben die Schwester und der Bruder je zur Hälfte. Künftig kann die Schwester einen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen verlangen. Von dem Nachlass wird zugunsten der Schwester der Ausgleichsbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000–20.000 = 80.000). Von den 80.000 Euro erhalten beide die Hälfte. Im Ergebnis erhält die Schwester also 60.000 Euro.

Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen.

Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wird der Regelverjährung von 3 Jahren angepasst. Dort, wo es sinnvoll ist, bleibt jedoch die lange Verjährung erhalten.






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Quelle: Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des BMJ

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