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Ehrenamtlicher Richter: Zu alt

06.05.2008 - von Becherer/Weller

Ehrenamtliche Richter bzw. Schöffen unterliegen einer - von der schwarz/roten Bundesregierung ausdrücklich befürworteten - Altersgrenze. Diese wird vom Sozialgericht Chemnitz mit einer bemerkenswerten Begründung zusätzlich unterstützt. Lesen Sie dazu den Brief der DGB-Regionsvorsitzenden Heide Becherer vom Deutschen Gewerkschaftsbund Region Chemnitz, an den Kollegen Dr. Weller.

Ihre Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht Chemnitz
Lieber Kollege Dr. Weller, wie Ihnen bekannt ist, endet für Sie per 13.5.2008 die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht Chemnitz.

Eine Wiederberufung an das Soialgericht Chemnitz ist aus Sicht des Landessozialgerichts nicht möglich mit der Begründung, "dass die Kammern auch Sitzungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende verhandeln. Es ist daher von der vorschlagsberechtigten Seite darauf zu achten, dass die Vorgeschlagenen aus dem Kreis der Erwerbsfähigen stammen. Eine Wiederberufung der Geburtsjahrgänge 1940 und älter ist problematisch".

Wir haben als vorschlagsberechtigte Seite keinen Einfluss auf die Entscheidung des Landessozialgerichts und bitten daher um Ihr Verständnis, dass Ihre Wiederberufung nicht erfolgen kann.
Wir bedanken uns sehr herzlich für die bisher geleistete ehrenamtliche Tätigkeit und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute bei bester Gesundheit.


Dr. Weller antwortet:

Sehr geehrte Frau Becherer, Ihr o.a. Schreiben habe ich zur Kenntnis genommen. Über den Inhalt bin ich allerdings sehr erstaunt und empört.

Bitte überdenken Sie folgende Fakten:
- Rentner, wie ich mit 68 Jahren wären danach nicht befähigt über Probleme der Grundsicherung für Arbeitssuchende mit zu entscheiden
- im Umkehrschluß wären aber Erwerbsfähige befähigt, über die Angelegenheiten von Rentnern zu entscheiden (besonders Beamte, Richter und Stelbständige im Alter unter 40 Jahren).
Durch den Ausschluss von Rentnern - ab meinem Alter - würde eine hoher Anteil der Bevölkerung von der Mitwirkung an der Rechtsprechung ausgeschlossen. Die Einflussnahme des DGB auf dieses Problem ist nicht erkennbar. Bedenken Sie bitte, dass der Präsidentschaftsanwärter Mc. Cain in D. nicht einmal Schöffe sein dürfte. In den USA dürfte er sogar ab 2009 die Geschicke des mächtigsten Landes der Welt führen. Ergänzend könnten viele weitere Beispiele angeführt werden.
Bei diesem Sachverhalt ist m.E. ein typischer Fall von "Altersdiskriminierung" vorliegend. Deshalb werde ich unseren Schriftwechsel dem "Büro gegen Altersdiskriminierung" zuleiten, weil diesbezüglich Veränderungen notwendig sind.
Mit freundlichen Grüßen
R. Weller


Bemerkenswert am Antwortbrief des Dr. Wellers ist sein Hinweis, dass eine Einflussnahme des DGB auf dieses Problem nicht erkennbar ist. Dazu muss man wissen: Diese Art der Altersdiskriminierung im Ehrenamt ist spätestens seit 2001 durch den ersten bundesweiten Beschwerdetag des Büros gegen Altersdiskriminierung auch dem DBG bekannt.

Zur Erinnerung: Das Büro gegen Altersdiskriminierung fordert seit 2001 die Abschaffung von Altersgrenzen im Ehrenamt.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2530
Quelle: Brief an die Redaktion

Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema Ehrenamt:
23.04.2008: Landesseniorenvertretung NRW tagte in Bottrop
17.04.2008: Bundesregierung: Altersgrenze für Schöffen O.K.
02.04.2008: Alter und "partizipative Rechte"

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