05.09.2008 - von Name + Adresse sind der Redaktion bekannt
Gegen den Rentenbescheid von der Knappschaft.Bahn.See legt Herr W. am 8.7.08 Widerspruch ein. Er tut das nicht, weil er denkt, der Bescheid sei falsch berechnet worden. Sein Widerspruch bezieht sich auf die Rentenpolitik der Bundesregierung bzw. auf die Höhe - besser - Niedrigkeit der Rentenanpassung. Daraufhin erhält er am 30.07.2008 folgende, ernstgemeinte Antwort von der Deutsche Rentenversicherung Knappschaft.Bahn.See als Trägerin der knappschaftlichen Rentenversicherung:
Sehr geehrter Herr W.!
Ihr Schreiben möchten wir zum Anlass nehmen, Ihnen die Rentenanpassung zu erläutern.
§ 64 SGB VI schreibt vor, dass der Monatsbetrag einer Rente sich aus dem Produkt der Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors, des Rentenfaktors und des aktuellen Rentenwertes ergibt. Die Anpassung einer Rente erfolgt durch die Veränderung des aktuellen Rentenwertes. § 65 SGB VI schreibt vor, dass zum 01.07. eines jeden Jahres die Renten dadurch angepasst werden, dass der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, dessen Berechnung sich aus § 68 SGB VI ergibt. Soweit sich aus dieser Berechnungsformel kein höherer Rentenwert ergab, hat die Bundesregierung bestimmt, dass an dem bisherigen Rentenwert festzuhalten ist.
Der bisher gültige Rentenwert von 26,27 E / 23,09 E wurde nunmehr zum 01.07.2008 durch den neuen Rentenwert in Höhe von 26,56 E / 23,34 E ersetzt. Diese Erhöhung um 29 Cent stellt die pressemäßig mitgeteilte gerundete Erhöhung um 1,1 % dar.
Soweit von Ihnen durch direkte Multiplikation Ihrer bisherigen Rentenhöhe abweichende Werte ermittelt wurden ist, ist dieses nicht in einem zulässigen Rechenweg erfolgt. Zutreffend nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nur eine rechnerische Neuermittlung der Ihnen zustehenden Monatsrente unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Rechenweges und mit dem bereits gerundeten Rentenwert von 26,56/23,34 E.
Die Formel für die Rentenanpassung lautet:
Entgeltpunkte x Rentenartfaktor x Zugangsfaktor x akt. Rentenwert
Danach erfolgte Ihre Rentenanpassung. Der aktuelle Rentenwert beträgt zum 01.07.2008:
OST = 23,34 E, WEST = 26,56 E
Die Rentenanpassung ist also korrekt verlaufen.
Wir hoffen, Ihnen die Berechnung einer Rentenanpassung anhand der gesetzlichen Vorschriften erläutert zu haben und bitten um Mitteilung, ob Sie die Erteilung eines Widerspruchsbescheides wünschen, damit Ihnen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet wird oder ob mit diesen ergänzenden Hinweisen das Widerspruchverfahren seine Erledigung finden kann. Dazu benutzen Sie bitte beiliegenden Vordruck.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage: 1 Vordruck
Die Geschäftsführung
Ihr(e) Ansprechpartner(in: Frau Belz
Nachdem er die Nicht-Antwort verdaut hat, schreibt Herr W. erneut einen Brief.
Sehr geehrte Frau Belz!
Hiermit bestätige ich den Eingang Ihres Schreibens vom 30.07.2008 und die Kenntnisnahme des Inhalts desselben durch mich.
Eine Antwort auf aufgeworfene Probleme in meinem Widerspruch haben Sie mir allerdings nicht gegeben; daher muss ich das Schreiben als bloße Farce betrachten.
In meinem Widerspruch habe ich keinerlei Zweifel an der renten mathematischen Berechnung der Rentenanpassung geäußert, sondern ich habe die gesamte Art und Weise der Rentenpolitik kritisiert; diese Rentenpolitik führt vor dem Hintergrund der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse zu einer nachhaltigen Verarmung und Verelendung speziell der ostdeutschen Rentner.
Bevor ich rückwirkend zum Monat November 1998 berentet wurde, erhielt ich ein Krankengeld von ca. 1.780 DM; mit diesem Krankengeld Betrag konnte ich auskömmlicher als mit der jetzigen Rente leben!
Je länger ich unter dem Einfluss des GG leben darf, desto mehr verschlechtern sich die finanziellen Möglichkeiten für mich. 10 Prozent Kaufkraftverlust haben wir Rentner allein in den letzten 5 Jahren hinnehmen müssen, das zeigen aktuelle Berechnungen.
Warum teilen Sie Ihren Versicherten nicht eindeutig mit, dass die Zahlungen aus der Rentenversicherung kein Bedarfsdeckungssystem sind und nicht in der Lage sind, zusätzliche sozialpolitische Aufgaben zu erfüllen.
Deswegen erfüllt es mich auch jedes Mal mit großer "Genugtuung", wenn ich lese, welche großzügigen Zuverdienst Möglichkeiten mir als erwerbsunfähigem Menschen eingeräumt werden.
Es ist dem Gesetzgeber gelungen, die Rentenempfänger über die Maßen zu gängeln und zu knebeln, und deren Kaufkraft zielgerichtet zu untergraben und sie an den Rand der Gesellschaft zu drängen.
Es war mir wichtig, Ihnen diese Zeilen zur Kenntnis zu geben
Gruß XX
Auf diesen Brief und seinen Widerspruch erhält Herr W. folgendes (ebenfalls ernst gemeintes), Antwortschreiben mit Datum von 26.8.2008:
Deutsche Rentenversicherung KnappschaftBahnSee Widerspruchsstelle
Widerspruchsstelle 44781 Bochum Bearbeitende Stelle
Dienststelle Berlin
Referat Allgemeine Verwaltung Abschnitt i SGGVerfahren
Widerspruchsbescheid
Sehr geehrter Herr X!
Der Widerspruchsausschuss Berlin hat in seiner Sitzung am 26.08.2008 in Berlin, an der teilgenommen haben:
Herr Klose Herr Methling
(Vorsitzender) (Beisitzer)
Frau Donner
(Beisitzerin)
über den Widerspruch vom 8.7.2008 gegen den Bescheid vom 01.07.2008 über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 folgende Entscheidung getroffen:
Der Widerspruch wird zurückgewiesen. Der Widerspruch wurde frist- und formgerecht erhoben, dem Begehren kann jedoch nicht entsprochen werden.
Zum 01.07. eines Jahres werden die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird (§ 65 SGB VI). Als Sondervorschrift zu § 65 SGB VI regelt § 254 c SGB Vi die Rentenanpassung für Renten, denen ein aktueller Rentenwert (Ost) nach § 255 a SGB VI zugrunde liegt.
Gemäß § 69 Abs. 1 SGB VI hat die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den zum 01.07. eines Jahres maßgebenden aktuellen Rentenwert zu bestimmen. Die Fortschreibung des aktuellen Rentenwertes (Ost) ergibt sich aus § 255 a SGB Vl.
Der aktuelle Rentenwert erhöhte sich zum 01.07.2008 von 26,27 E auf 26,56 E. Der aktuelle Rentenwert (Ost) erhöhte sich zum 01.07.2008 von 23,09 E auf 23,34 E (§1 des Gesetzes über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2008 Rentenwertbestimmungsgesetz 2008 RWBestG 2008 in Artikel 2 des Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 vom 26. Juni 2008 BTDrucksache 16/8744).
Der in der Anpassungsmitteilung ausgewiesene Zahlbetrag wurde nach Maßgabe der vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen zutreffend berechnet. Zudem wurde die Ermittlung des neuen monatlichen Zahlbetrages in der angefochtenen Anpassungsmitteilung bereits ausführlich erläutert. Hinweise für eine Rechtswidrigkeit haben sich nach einer Überprüfung durch den Widerspruchsausschuss nicht ergeben.
Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Deutsche Rentenversicherung KnappschaftBahnSee ebenso wie der Widerspruchsausschuss an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Versicherungsträger hat das geltende Recht zwingend anzuwenden und ist nicht befugt, gesetzliche Regelungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen. Dieses Recht kommt ausschließlich den Gerichten zu.
Die angefochtene Anpassungsmitteilung entspricht somit dem geltenden Recht und kann vom Widerspruchsausschuss nicht beanstandet werden.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.
Zuständiges Gericht der Sozialgerichtsbarkeit ist das Sozialgericht Berlin, Invalidenstr. 52, 10557 Berlin.
Der Versichertenälteste ist zur Entgegennahme der Klage nicht berechtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorsitzende des
Widerspruchsausschusses
Knappschaft Bahn See
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