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Rentengarantie: Rentner mal wieder die Dummen

12.10.2009 - von Hanne Schweitzer

Rentenkürzungen per Gesetz verboten. Die schwarz-rote Bundesregierung hat beschlossen, dass Rentenkürzungen in Zukunft ausgeschlossen sein sollen, wenn der Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor eigentlich zu einem Sinken der Renten führen müsste. Kürzungen sollen künftig auch verboten sein, wenn die Lohnsumme im Vorjahr der Rentenanpassung gesunken ist.

Diese Garantie hat einen Pferdefuß. Unverändert gültig bleiben nämlich die Gesetze, in denen der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung geregelt ist. Dieser Zuschuss aus dem Steuereinnahmentopf bleibt unverändert an die Lohnentwicklung gekoppelt, will sagen: Er sinkt bei sinkenden Löhnen. 2008 betrug der Bundeszuschuss rund 55 Milliarden Euro. Davon entfielen auf den lohnbezogenen Teil rund 47 Milliarden €, knapp 12 Milliarden € auf die Kindererziehungszeiten.

Daraus folgt: Sinkt der Bundeszuschuss, sinken die Einnahmen der Rentenkassen, sinken die Renten. Soll das nicht passieren - wegen des "Rentengarantie" genannten Augenwischereigesetzes von Rot/Schwarz, müssen die Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung zur Kasse gebeten werden. Mit anderen Worten: Die Beiträge zur Rentenversicherung müssen erhöht werden. Da (bisher noch) die ArbeitGEBER ebenfalls Rentenbeiträge in die Kassen einzahlen, nennt Bert Rürup die "Rentengarantie" einen ordnungspolitischen Kollateralschaden. Schlichter kommentiert die am 18.6.09 beschlossene "Garantie" der Kölner Stadt-Anzeiger: "Beschluss gegen soziale Gerechtigkeit. Jahrhundertbetrug, den die arbeitende Bevölkerung und die Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten bezahlen müssen." Reißerisch wie ein Boulevardblatt, dessen Auflagenhöhe zu wünschen übrig lässt, nennt die Anne Will-Redaktion ihre Sendung zur "Rentengarantie" am 21.6.09: "Rentner machen Kasse - wann ist Zahltag für die Jungen?". Voltaire würde das so kommentieren: "Je häufiger eine Dummheit wiederholt wird, desto mehr bekommt sie den Anschein von Klugheit."
Der Titel soll provozieren und zumindest die Gescholtenen zum Einschalten der Sendung veranlassen. Die wurden von den diversen Regierungen in der Vergangenheit schon mächtig zur Kasse gebeten. Die Griffe ins Portemonnaie hießen zwar offiziell nicht Rentenkürzung, liefen aber genau darauf hinaus. Umstellung von Netto- auf Bruttolohnsumme; Kürzung der Beitragsanerkennenszeiten; doppelter Beitrag zur Pflegeversicherung; Streichung des Sterbegelds; Versteuerung der Renten; Auszahlung von Neurenten am Ende des Monats; Kürzung der Witwenrenten; Praxisgebühr; Zuzahlungen für Medikamente, zur Physio- und Psychotherapie, zum Krankentransport, zum Krankenhausaufenthalt; Zuzahlung bei Rehamaßnahmen und Hilfsmitteln; Voller Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Betriebsrenten und Direktversicherungen; Extrabeitrag für den Zahnersatz, der trotzdem nicht komplett übernommen wird; fehlender Inflationsausgleich; Nullrunden.

Finanzminister St(Sch)einbrück verantwortet das größte Haushaltsdefizit der bundesdeutschen Geschichte. Der Finanzminister kündigte für 2010 eine Nettokreditaufnahme von 86,1 Milliarden Euro an. Was er vorhat, ist eine VERDOPPELUNG des Schuldenrekords, der von Finanzminister Waigel, CSU, 1996 aufgestellt wurde. Scheinbrück schürt die Inflation. Doch in diesem Zusammenhang ist die Rede von der Generationengerechtigkeit nicht zu vernehmen.
· Milliardenbürgschaften,
· Abwrackprämien,
· Konjunkturpakete,
· Schutzschirme,
· Schattenhaushalte,
· Mehrausgaben,
· Extra-Zuschüsse,
· Stützaktionen,
· Altschulden des Bundes und der Länder, allein im Jahr 2009 rund 70 Milliarden Euro an Zinsen:

Wer fragt, wann Zahltag für die Jungen ist? Die Jungen tauchen - Zeilengeld sichernd, Sendezeit schindend und Bewusstsein vernebelnd - zuverlässig stets nur dann auf, wenn es um die Renten geht. Oft werden sie dann auch Kinder, Enkel, Generationengerechtigkeit, oder künftige Generationen genannt.

Aucch bei der aktuell beschlossenen Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen kommen die Jungen in den Kommentaren NICHT vor. Folglich stellt niemand die Frage, wann Zahltag für sie sein wird. Von diesem 10 Milliarden-Wahlgeschenk, das Scheinbrück zynisch Bürgerentlastungsgesetz nennt, profitieren vordergründig zwar Arbeitnehmerinnen, Beihilfeberechtigte (Landes- und Bundesbeamte, Pensionäre) und alle profitieren, die ihre Krankenversicherung alleine zahlen, aber RentnerInnen allenfalls marginal. In den Kommentaren der milliardenschweren Entlastung der Betriebe von Sozialabgaben, die ab dem siebten Monat der Kurzarbeit künftig von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden, tauchen die Jungen ebenfalls nicht auf. Doch auch dafür wird der Zahltag kommen. Für die Jungen, für die Alten, für uns alle. Deflation, Inflation, Staatsbankrott? Island lässt grüßen.

Am 12.10.2009 forderte DIHK-Chef Braun die Abschaffung der Rentengarantie.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3018
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung