Diskriminierung melden
Suchen:

Reha-Klinik Bad Endorf: Entmündigende Behandlung

14.12.2009 - von P.H.

Meine Mutter wird bald 86 und hat sich bei einem Sturz den Arm gebrochen. Sie wurde operiert und kam jetzt auf Reha nach Bad Endorf. Man muß dazu sagen meine Mutter ist eigentlich fit, sie führt allein den Haushalt und versorgt meinen Vater. Die Pflegeüberleitung des Krankenhauses in Fürstenfeldbruck, hat der Krankenkasse eine Geriatrische Reha empfohlen.

Wir wußten nicht was da auf uns zu kam. Seit Donnerstag letzte Woche ist sie in Bad Endorf, sie darf ihre Tabletten, die sie immer selbst verwaltet, nicht nehmen, sondern welche die ihr das Pflegepersonal gibt. Sie darf sich nicht in ihr Bett legen wenn sie es will. Außerdem werden dort allen Patienten Beruhigungsmittel verabreicht, und zwar 3x täglich. Meine Mutter wunderte sich das sie so schlapp und benommen war. Bis ihr eine andere Patientin sagte es bekämen alle Beruhigungsmittel. Meine Mutter schmeißt jetzt alle Tabletten von denen weg, und nimmt heimlich ihre eigenen.

Das kann doch nicht sein, das Menschen so behandelt werden nur weil sie ein gewisses Alter erreicht haben. Ich werde mich morgen sofort an unsere Krankenkasse wenden. Was kann man denn noch tun, denn schließlich sind wahrscheinlich noch mehr Personen betroffen.Und wissen es noch nicht mal.Es wird meiner Mutter auch nicht mitgeteilt was das eigentlich alles für Tabletten sind. Das wäre schon alles in Ordnung, sagt man zu ihr. Das Personal behandelt sie wie wenn sie geistig nicht mehr ganz da wäre.
-------
Sehr geehrte Frau Schweitzer,
Eigentlich wollte ich das nicht weiter verfolgen oder erwähnen, aber nach den geschilderten Erfahrungen einer 86-Jährigen in einer Reha-Klinik berührt mich das insofern, als ich fast ebenfalls schon so alt bin und mir darüber Gedanken gemacht habe, wie es alten Menschen ergeht, wenn sie in die Hände von Individuen geraten, welche eine das Strafgesetzbuch tangierende Haltung alten Menschen gegenüber an den Tag legen.
Wegen einer vom Sozialgericht veranlassten Begutachtung der Frage, ob wegen Gehbehinderung eine Strecke von 2 km in 30 Minuten bewältigt werden kann, geriet ich an einen "Gutachter", der von mir nach seiner telefonischer Anforderung eine Liste früherer Erkrankungen und verordneter Medikamente erhielt mitsamt Dosierungsanweisungen.

Die ihm erteilten Auskünfte dienten dem Gutachter zu der Anmerkung in seinem Bericht, dass eine "auffallende Anzahl medizinischer Fachbegriffe" benutzt worden sei - was sein offensichtliches Mißfallen erregte - weil das, so muss man deshalb annehmen - ein ausschließliches, nur Heilkünstlern zustehendes Privileg zu sein scheint - denn er verlangte Auskunft darüber, "woher denn diese Kenntnisse stammen."

(Sie sind das Ergebnis einer Ausbildung als Übersetzer und Dolmetscher - bei welcher auch solche Begriffe selbstverständlich und ausführlich behandelt wurden. Denn wenn man als Dolmetscher einen erkrankten, nicht deutsch sprechenden Patienten zum Arzt begleitet, wie das z.B. in Kriegsgefangenenlagern der Fall war, dann musste man sich damit auskennen, denn auch Diagnosen oder Therapieanweisungen kann man nur übersetzen, wenn man weiß wovon die Rede ist).

Bei der Untersuchung informierte ich den Gutachter davon, dass ein Kardiologe wegen Unverträglichkeit und Nebenwirkungen von Medikamenten meinte, der "nach Weglassen der fraglichen Medikamente eingetretene Zustand" sei "vermutlich nur unter Schrittmacherschutz medikamentös therapierbar". Weil eine weitere Verschlimmerung eintrat, zog mein Hausarzt dann tatsächlich einen solchen angeratenen Schrittmacher in Erwägung, jedoch bat ich ihn, zuvor noch ein seit 120 Jahren bekanntes Medikament zu versuchen, das vorübergehend vom Markt verschwunden - aber nach 2jähriger Pause wieder erhältlich war. Es hatte früher immer geholfen.

Eine Kopie des Kardiologen-Befundes wurde dem Gutachter überreicht - den Befund unterschlug er völlig indem er ihn in seinem Bericht überhaupt nicht erwähnte und frühere damit zusammenhängende Diagnosen anderer Ärzte in widersprüchlicher Weise in Zweifel zog.

Dem Gutachter wurde mitgeteilt, dass nach Verwendung des fraglichen Medikaments - (das trotz seiner hervorragenden Wirkungen vielen Ärzten heute oft nicht mehr bekannt ist) - eine solche - sogar vom Hausarzt attestierte - "erstaunliche Besserung" eintrat, dass der Herzschrittmacher nicht mehr erforderlich war, was bei dem Gutachter offensichtliches Unverständnis hervorrief.

Weil viele jüngere Ärzte das Mittel gar nicht mehr kennen oder an Universitäten sogar Unzutreffendes gelehrt wird, erwähnte ich - was vielen deutschen Ärzten offensichtlich völlig unbekannt ist - dass ein amerikanischer Wissenschaftler (J. Hamlyn, Universität Maryland, Baltimore) Ende der 90er Jahre ein Hormon entdeckt hatte, das jetzt als "Ouabain-like-Substance" bekannt ist, weil dieses Hormon in seiner chemischen Struktur dem pflanzlichen Wirkstoff des g-Strophantin (englische Bezeichnung Ouabain)- entspricht, ein Medikament, das bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts als "lebensrettend" sogar in der Notfallmedizin standardmäßig angewendet wurde. (Die Forschungsresultate von J. Hamlyn wurden übrigens durch Prof. Schoner, Universität Gießen, bestätigt.)

Das hätte ich wohl nicht tun sollen, denn der Gutachter leistete sich die Frechheit, den Inhalt des in diesem Zusammenhang geführten Gespräches in seinem Gutachten so darzustellen, als hätte ich unzusammenhängendes, wirres Zeug "von einem amerikanischen Professor" gefaselt. (Tatsächlich trägt J. Hamlyn den Titel "Professor", was allerdings in den USA weniger üblich zu sein scheint.)

Eigentlich wollte ich gegen diesen Gutachter deshalb Strafanzeige erstatten, aber mein Rechtsanwalt riet davon ab, weil er mir eine erneute Untersuchung durch einen anderen "Gutachter - womögllich von derselben Sorte - " nicht zumuten" wollte, zumal zahlreiche Berichte über "Gutachterunwesen" bekannt sind.

Das zeigt, dass im Umgang mit derartigen Individuen bei Verdacht, dass man es mit Quacksalberei zu tun hat, bei Erreichen eines höheren Alters Vorsicht geboten ist und der geschilderte Vorfall in Bad Endorf kein Einzelfall ist. Vielleicht sollte man den betroffenen Angehörigen den Rat geben, die betroffene Dame aus der Klinik heimzuholen.

Mit freundlichen Grüßen,
Werner Schlemo

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/atikel.php?id=1418
Quelle: Mail an die Redaktion