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Zwangspensionsalter für Profs: Rheinl.-Pfalz mauert

14.12.2010 - von Professor X

Die persönlichen Auswirkungen des Abenteuers, die Beamtenpolitik von Kurt Beck und seiner Regierung beim Wort nehmen zu wollen, sind im Vergleich zu anderen, auf dieser Webseite geschilderten Fällen von Altersdiskriminierung, wo es um Existenzielles geht, das reinste Luxusproblem.

Wenn man als Fachhochschulprofessor in Kaiserslautern über die Pensionierungsgrenze weiterarbeiten will, bekommt man einen Job im hoch angesehenen dualen Hochschulsystem von Baden-Württemberg mit einem Wissenschaftsministerium, das schon den eigenen Professoren im Gegensatz zum Mainzer Ministerium nachweislich traditionell höchste Wertschätzung entgegenbringt und die Bereitschaft zur Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns regelmäßig begrüßt.

Kein Luxus wäre aber die Darstellung der Ausbremsung von Gesetzen, traditioneller Extraauslegungsansprüche von Ministerien, handwerklicher Fehler in der Formulierung von Gesetzen, die die Zielsetzung einer Willkür vor Ort aussetzen, des Umgangs mit einem Antragssteller (vergleichbar mit dem Fall Bamberger) durch Abschneidung eines Rechtsmittels durch blitzschnelle Zustellung der Entlassungsurkunde oder eines empfundenen Stumpfsinnes des Landesrechnungshofes.

Laut einer bundesweiten Umfrage wären ein Prozent der Beamten bereit, den Ruhestandsbeginn hinauszuschieben. Dieses war bis zum Jahr 2007 nur bei besonderem (dringlichem) dienstlichen Interesse in Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern möglich.

Dann wurde das Gesetz in Rheinland-Pfalz geändert eindeutig mit Anreiz durch 8% Gehaltszulage mit dem Ziel des Sparens von Pensionszahlungen zugleich mit Gehältern für die wieder zu besetzenden Stellen. In Landtagsdrucksachen ist zu erkennen, dass man die Beamten am liebsten zwangsweise (abzulehnen!!) bis zum achtundsechzigsten Lebensjahr arbeiten lassen würde.

Der damalige Finanzminister Deubel verkündete z.B. im Internet Link , dass für die Genehmigung eines entsprechenden Antrags nur die Leistungsfähigkeit entscheidend sei und der Beamte seine Lebensplanung danach einrichten könne. (Ein Gericht müsste eine Websitekopie schon aufgeschlossen bis zu dieser Stelle lesen!!!) Diese Haltung wird auch in der Presse kundgetan. (Rheinpfalz, 13.8.07, „Freiwillig bis 68 im Dienst“, DIE ZEIT, 6.5.10 „Muss ich schon in Rente“, FAZ , 2.9.10 „Wo dient und verdient man am besten?“ usw..)

Solche Leute gibt es vermehrt im Hochschulbereich und in der angeblichen Burnout - Zone Schule, speziell Gymnasium.

Auch ein besonderes Interesse an jemanden mit einem Universitätsdiplom in Elektrotechnik und einem Universitätsdiplom in Mathematik, Promotion und einem breiten Repertoire an aktuellen Vorlesungen hätte nicht unbedingt konstruiert gewirkt !!
Nicht nur wegen der Gegebenheit, dass der Ministerpräsident für die höher dotierten C3-Stellen nach dem alten Besoldungssystem unmittelbar Dienstherr war, sondern wegen klarer Signale, dass das Ministerium die Gesetzesänderung für sich nicht gelten lassen wolle und weiterhin bei Professoren besonderes dienstliches Interesse verlange und eine exklusive Vergabe reklamiere, wurde der Antrag an Kurt Beck persönlich gerichtet.

Außerdem hatten Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht im Falle eines Trierer Beamten aus der Hochschulverwaltung bereits klargestellt, dass die Genehmigung der Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns nach wie vor die Ausnahme sei. Das heißt im Umkehrschluss, dass in der Regel kein dienstliches Interesse am Längerarbeiten der Beamten besteht. Das stellt eine volle Ausbremsung der Gesetzesänderung dar, was die Legislative, das Justizministerium und den Ministerpräsidenten – doch wohl auch bei Beamten wegen seiner Glaubwürdigkeit alarmierbar - zu deutlichen Erläuterungen hätte veranlassen müssen.

Dazu kommt, dass Kurt Beck unter allen kein Beamter wie die übrigen Entscheidenden oder Urteilenden ist, die Befangenheit sicher weit von sich weisen, günstigerweise aber zu den oben genannten ein Prozent gehören sollte!!!

Dekan und Kanzler wurden nach Mainz zitiert, was Bände sprach.

Um die Studierenden nicht in ein riesiges Loch fallen zu lassen, erhielten eine Vielzahl von CDU- und FDP- Landtagsabgeordnete punktgenau zur abschließenden Haushaltsdebatte vom Antragsteller ein ausführliches Fax mit dem Titel: „Übersteuerung der Legislative durch die Ministerialbürokratie?“ und eine Vielzahl von SPD-Abgeordneten ein attackierendes Fax mit dem Titel: „Gesetz oder Farce“.

Dekan und Kanzler dürften ein unangenehmes Gespräch gehabt haben.

Danach wurde die Verlängerung für ein Jahr genehmigt.

Zugleich aber erhielt die Hochschule ein Schreiben folgenden Inhalts: „… die angeführten dienstlichen Gründe vermögen ein Hinausschieben des Ruhestandes … nur für ein Jahr zu tragen. Die Entscheidung gibt Ihnen Gelegenheit, die Stelle auszuschreiben und rechtzeitig neu zu besetzen. Anschließend kann gegebenenfalls zur weiteren Erhöhung der Kapazität an eine Seniorprofessur für … gedacht werden.“

Das Angebot einer Seniorprofessur ist ein FAKE , da man seine Fächer verliert. Dieses Schreiben stellte eine angeordnete Altersdiskriminierung dar.

Die Vorgabe des Ministeriums konnte in der Form ohnehin nicht verwirklicht werden, so dass zu einem späteren Zeitpunkt und langer eigener Überlegung in einer Dienstbesprechung der Kollegen und dann im Fachbereichsrat einhellig beschlossen wurde, einen erneuten Antrag zu unterstützen, also dienstliches Interesse zu bekunden.

Der Antrag ging mit der schriftlichen Stellungnahme von Präsident und Dekan, die später als ambivalent bezeichnet wurde, über den Präsidenten an das Ministerium und ohne die Stellungnahme mit einem Begleitbrief mit der Überschrift „Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns nach Gutsherrenart?“ wie jedes Schreiben an die Privatadresse des Ministerpräsidenten.

In Baden Württemberg ist der Webfehler der Gesetzesformulierung erkannt. Es ist neuerdings vorgesehen, freiwillige Verlängerungen bei allen Beamten bis 67 ohnehin zu genehmigen, nur die von 67 auf 68 noch von dienstlichem Interesse abhängig zu machen. Der Philologenverband Rheinland-Pfalz fordert: „Das freiwillige Hinausschieben des Ruhestandsbeginns sollte nicht weiter vom Vorhandensein eines dienstlichen Interesses abhängig gemacht werden.“
alt=http://www.philologenverband.de/index.php?id=7&tx_ttnews[tt_news]=116&cHash=c6cb7065a9ea3c15a77f2ab96af5a66a
>Link

Dann musste der Antragsteller erst von der selbst wohl überraschten Staatskanzlei erfahren, dass die Hochschule das dienstliche Interesse an einer abermaligen Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns verneint habe.

Inzwischen hatte es ein Telefongespräch des Ministeriums mit dem Präsidenten gegeben, wo dem Präsidenten sicherlich auf besondere Weise bedeutet wurde, dass man an der Exklusivität der Genehmigung der Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns auf jeden Fall festhalten wolle. Der Präsident hat dann sicherlich „ganz freiwillig“ die Formulierung geliefert, die das Ministerium vor Gericht sogleich aus der Schusslinie nehmen würde: „kein dienstliches Interesse“.

Danach wurden brav die Stichworte wie im Falle des Trierer Beamten geliefert mit der Folge einer dementsprechend wenig nachdenklichen Zurückweisung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz. vom VG Neustadt. Der Weg zum OVG im Eilverfahren wurde nach Verweigerung der persönlichen Entgegennahme der Entlassungsurkunde durch Zustellung per Einschreiben abgeschnitten.

Hier gibt es eine Parallele zum Fall jenes OLG -Präsidenten, der seinen Stuhl kürzlich nach drei Jahren wieder räumen musste, weil Justizminister Bamberger sofort nach der OVG-Entscheidung gegen den Konkurrenten, die (in diesem Falle) Ernennungsurkunde ausgestellt hatte. Dieser sei, so das Bundesverwaltungsgericht und vorher schon das Verfassungsgericht in seinen Grundrechten verletzt worden, indem ihm die Möglichkeit eines wirksamen Rechtsschutzes verwehrt worden sei.

Wenn ein geändertes Gesetz mit der Zielsetzung des Sparens ausgebremst wird, so ist das ein Fall für den Landesrechnungshof. Dessen Präsident, Beamter, meinte, es sei ein Fall für das Gericht, bringt es nicht, sollte er aber. Deshalb geht in diesen Tagen eine Beschwerde gegen ihn an den Dienstherrn und an den Landtag, punktgenau zur abschließenden Haushaltsdebatte am 15.12.10 – auch mit Hinweis auf diese Website.

§ 55 Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz - Hinausschiebung des Ruhestandsbeginns: Aus einem nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag an Kurt Beck, nach erwünschter dreimaliger Verlängerung einen Orden zu verleihen, wurde nichts. Mist! Dafür haben Präsident und Dekan im Ministerium ein Stein im Brett.

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Link: Zwangspensionsalter: Klage erfolgreich
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung