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Arbeiten über 65: Bund lehnt ab

18.05.2011 - von Hanne Schweitzer

Herr K. möchte arbeiten, obwohl er über 65 ist. Konkret interessiert er sich für eine auf zwei Jahre begrenzte Stelle in der Telefonzentrale eines Bundesministeriums in Bonn. Bevor er sich bewirbt, fragt er schriftlich an, ob eine Bewerbung sinnvoll sei, da er dass gesetzliche Rentenalter bereits erreicht hat. Mit einem Gesetz gegen Altersdiskriminierung dürfte das aber eigentlich kein Problem sein.
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Antwort:
Vielen Dank für ihre Anfrage bezüglich der Beschäftigungsmöglichkeit im Bundesdienst für über 65-Jährige. Die Beschäftigung im Bereich der Bundesverwaltung außerhalb eines Beamtenverhältnisses richtet sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Nach § 33 Abs. 1 Bst. a TVöD endet das Beschäftigungsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das gesetzliche Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat.

Eine darüber hinausgehende Beschäftigung ist grundsätzlich nicht möglich.

Mit dieser tarifvertraglichen Bestimmung wurden die rentenrechtlichen Regelungen zur schrittweisen Anhebung der Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Regelaltersrente von 65 Jahre auf 67 Jahre ab dem Jahr 2012 nachvollzogen. Sollten Sie also bereits heute das 67. Lebensjahr vollendet haben, kann eine Einstellung im Bereich des Bundesdienstes als Tarifbeschäftigter im Rahmen eines regulären Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfolgen. Sofern Sie Ihre individuelle Altersgrenze (s. § 235 Sozialgesetzbuch VI) noch nicht erreicht haben, ist bis zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende Beschäftigung in der Bundesverwaltung noch grundsätzlich möglich.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag XY Bundesverwaltungsamt

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Herr K. bewirbt sich trotzdem. Eine Reaktion auf seine Bewerbung erfolgt nicht.

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Herr K. ruft bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes an. Auskunft dort: Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes habe Vorrang vor dem AGG.

Herr K. verweist auf das Rosenbladt-Urteil des EugH vom 12.10.2010. Darin betont der Gerichtshof, dass nach deutschem Recht einer Person, die nach Erreichen des Rentenalters eine Berufstätigkeit fortführen möchte, eine Beschäftigung nicht aus einem Grund verweigert werden darf, der mit ihrem Alter zusammenhängt.

Der Jurist bei der ADS sagt: Der EugH fällt so viele Urteile ...

Herr K. wundert sich. Sehr.
Und sucht weiter nach einer Arbeit.

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Herr K. lässt ncht locker und schickt am 8.4.2011 eine Mail zwecks Nachfrage.

Subject: Re: Meine online Bewerbung vom 10.12.2010, Telefonist in Bonn, Ihre Nr. BMG-25-2010
To: personalgewinnung@bva.bund.de

Guten Tag Frau B.,
jetzt sind wiederum Wochen, ca. 120 Tage vergangen, und ich habe bis heute immer noch keine Antwort von Ihrer Fachbereich Abteilung erhalten.!!
Wie lange braucht Ihre Behörde, bzw. wieviele Monate, für eine auf 24 Monate begrenzte Stelle, an Bearbeitungszeit ??
Ich habe den Verdacht, dass eine Entscheidung schon lange gefallen ist und bitte Sie dafür zu sorgen mir eine schriftliche Antwort zu geben.
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Dietmar Michael K.

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Keine Reaktion. Herr K. kann sich gar nicht so viel wundern, wie es nötig wäre, als er im Mai 2011 in einer Bonner Tageszeitung und im Internet fast die gleiche Stellenausschreibung erneut findet. Er schickt am 9.5.2011 eine Mail:

Sehr geehrter Herr L.,
leider habe ich bis heute immer noch keinen Bescheid auf meine Bewerbung vom 10. Dezember 2010 erhalten.

Heute las ich im General Anzeiger Bonn eine Anzeige des Bundes, diesmal des BAMS, Nr. - 06-2011, mit fast identischem Anzeigetext, für Telefonist/in, anstatt wie bisher das Bundesminsisterium für Gesundheit, wird die gleiche/dieselbe Stelle als Angebot des Bundesministerium für Arbeit und Soziales benannt!!

Bei beiden Angeboten waren/sind beide Stellenanbeschreibungen und befristeter Laufzeit 2 Jahre, wieder jeweils für beide Ministerien, siehe oben, in den Angeboten benannt.
Für mich ist das die identische Stellenausschreibung, nur unter neuem Namen. Warum erhalte ich dann bis heute keinen offiziellen Bescheid auf meine Bewerbung aus dem vergangenen Jahr??
Mit freundlichen Grüßen,
Dietmar Michael K.

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Date: Wed, 18 May 2011 14:24:53 +0200
Subject: Ihre Bewerbung beim BMG (BMG 25-2011)
From: personalgewinnung@bva.bund.de
To: Dietmar Michael K.

Sehr geehrter Herr K:,
das Verfahren für die Stelle des Telefonisten beim Bundesministerium für Gesundheit ist leider noch nicht abgeschlossen. Demnächst sollen die Absagen an die Bewerber/innen gehen, díe nicht eingestellt werden.
Die Stelle des Telefonisten, die jetzt über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht wurde, ist eine neue Stelle, auf die Sie sich auch gerne bewerben können. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 20.05.2011.
Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Bundesverwaltungsamt
VSZ 2 - Servicezentrum Personalgewinnung
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Nach mehr als 6 Monaten kommt die Absage!
Date: Mon, 08 Aug 2011 10:50:50 +0200
Subject: Ihre Bewerbung als Telefonistin / Telefonist beim
Bundesministerium für Gesundheit (BMG-25-2010)
From: personalgewinnung@bva.bund.de
To: undisclosed-recipients:
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
ich bedanke mich nochmals für Ihr Interesse, das Sie einer Mitarbeit beim Bundesministerium für Gesundheit entgegengebracht haben.
Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen musste vom zuständigen Fachbereich des Bundesministeriums für Gesundheit eine Vorauswahl anhand Ihrer Bewerbungsangaben und dem Anforderungsprofil der Ausschreibung getroffen werden. Unter Berücksichtigung aller Auswahlkriterien konnte Ihre Bewerbung leider nicht in die engere Auswahl einbezogen werden.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.
Informationen über aktuelle Stellenangebote der Bundesbehörden können Sie über die Jobbörse auf dem Internetportal des Bundes (www.bund.de) sowie www.vsz.bund.de einsehen. Darüber hinaus bietet www.bund.de einen kostenlosen Newsletter an, der auf Wunsch regelmäßig über aktuelle Veröffentlichungen informiert.


Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Bundesverwaltungsamt
VSZ 2 - Servicezentrum Personalgewinnung
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P.S.
Wenn über 65Jährige nicht im Öffentlichen Dienst arbeiten können, bedeutet das auch, dass sich alle über 65Jährige MitarbeiterInnen des Öffentlichen Dienstes, die nach der Rente weiterarbeiten möchten oder müssen, auf die wenigen Stellenangebote stürzen, die es für RentnerInnen gibt. Interessant ist, dass in der Stellenausschreibung des Bundes vom Mai 2011 ausdrücklich gesagt wird, dass sich keine ehemaligen MitarbeiterInnen des Bundes bewerben dürfen. Was ist das denn für eine Diskriminierung???

Link: EuGH: Zwangsrentenalter in Tarifvertrag ist o.k.
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung