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Direktversicherung: Petent schreibt an Lammert (1)

02.03.2012 - von F. Preuß

Der massive Sozialabau in diesem reichen Land geht immer weiter: Zwar erwirtschafteten die MitarbeiterInnen von VW im Jahr 2011 einen Gewinn(!) von 16 Milliarden Euro, und das Unternehmen kündigte an, die Aktiendividende auf drei Euro zu erhöhen. Wer aber keine VW-Aktien in großer Zahl besitzt, ist - auch als Angehörige/r des "Mittelstands" - vom Sozialabbau betroffen. Der „massive Sozialabbau“ beim "Mittelstand" wird u.a. verursacht durch die seit Januar 2004 für Lebensversicherungen geltende Beitragspflicht zur Krankenversicherung mit einem betrieblichen Bezug über den Normalfall hinaus.

Als Normalfall gilt eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für pflichtversicherte Betroffene dann, wenn der Arbeitgeber rechtsverbindlich als Versicherungsnehmer im Vertrag steht. (Im Idealfall des Normalfalls vom Beginn der Versicherung bis zum Eintritt in das Rentenalter.(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu 1 BvR 1660/08 vom 28.09.2010 siehe auch:
altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=4414

Nach der Rechtsauffassung von etlichen Betroffenen, die sich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags gewandt oder diese Petitionen unterstützt haben, gibt es aber zwei Ausnahmen. Diese sind weder durch das Grundgesetz, die gesetzlichen Vorschriften zum GMG Artikel 1, Nr. 143, § 229 SGB V (der Rente vergleichbare Einnahmen) sowie § 237 (2) SGB V (Beitragspflichtige Einnahmen) noch durch den o.g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gedeckt.

Die beiden Ausnahmen von der Beitragspflicht wurden von Petent P. in zwei gleich lautenden Schreiben vom 31.01.2012 sowohl an den Präsidenten des Deutschen Bundestags als auch an SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erläutert. Ziel dieser Schreiben ist es, die verfassungswidrige Auslegung der Beitragspflicht, wie sie u.a. in der Petition Nummer 029752 vom 10.10.2011 beschrieben wurde, durch den Gesetzgeber nach Recht und Gesetz zu beenden.

- An den Präsidenten des Deutschen Bundestages
Grundlage: beigefügtes Schreiben des Petitionsausschusses vom 03.03.2011 an die Verfasserin der Petition Nummer 011026 zur Vertagung von Petitionen seit dem 24.10.2009, Leitpetition mit der Nummer 000307 bis zu einem Urteil oder Beschluss des Bundessozialgerichts, um die Erfordernisse gesetzgeberischer Initiativen abzuklären, obwohl das BSG am Gesetzgebungsverfahren nach Artikel 70 ff GG nicht beteiligt ist,
- Parteivorstand der SPD, Andrea Nahles:
Grundlage: beigefügte Antwort der SPD vom 16.03.2009
Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
Anrede und Adresse
Betrifft:
1.
Petition 2-17-15-8272-029752 zur Beitragsfreiheit von privaten Lebensversicherungen mit einem betrieblichen Bezug für pflichtversicherte Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Beschluss des BVerfGE's vom 28.09.2010 zu 1 BvR 1660/08.
2.
Meine Schreiben an die Fraktionen des Deutschen Bundestages (Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung vom Februar/März 2009 sowie die Antworten dazu vom März bis Juni 2009).
3.
Petitionen an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Nummern:
– 000307 vom 24.10.2009,
– 007356 vom 04.06.2010,
– 011026 vom 27.06.2010,
– 029752 vom 10.10.2011 und
– 000307/0072 vom 01.12.2011
sowie weitere 44 Mehrfachpetitionen zur Beitragspflicht aus betrieblichen Direktversicherungen.

4.
Schreiben des Petitionsausschusses vom 03.03.2011,wonach alle Petitionen zu den o.g. Rechtsfragen vertagt wurden (werden) bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts zum neuen Aktenzeichen B 12 KR 20/10 R am 12.01.2011 (altes Aktenzeichen B 12 KR 2/07 R vom 12.12.2007) nach dem Beschluss des BVerfGE's zu 1 BvR 1660/08 vom 28.09.2010 und der Parallelentscheidung vom heutigen Tage – 1 BvR 739/08 – siehe Randnummer 14, letzter Satz). Im Beschluss selbst zu 1 BvR 739/08 wird aber der 06.09.2010 ausgewiesen – ein Versehen? Leider endete die mündliche Verhandlung mit einem Vergleich, und das Ergebnis wird ca. 3 Millionen Betroffenen vorenthalten, denn mein Antrag auf Übersendung der Sitzungsniederschrift wurde verweigert mit dem Hinweis auf eine geübte Praxis sowie den neuen Aktenzeichen B 12 KR 23/10 R und B 12 KR 24/09 R vom 30.03.2011.
5.
B 12 KR 23/10 R brachte kein Ergebnis zur Umsetzung von 1 BvR 1660/08 für weitere Betroffene, denn der Kläger konnte die Revision, wie schon unter dem alten Aktenzeichen B 12 KR 03/07 R, nicht begründen.
6.
Erst das Aktenzeichen B 12 KR 24/09 R enthielt Aussagen zu den noch offenen Rechtsfragen unter den Randnummern 19, 20 + 32. Sie sind nach den vorliegenden Rechtsvorschriften verfassungswidrig und verletzen u.a. Artikel 70 ff GG, Artikel 80 (1) GG, Artikel 97 (1) zweiter Satzteil GG in Verbindung mit Artikel 20 (2) und (3) GG sowie das Deutsche Richtergesetz (DRiG) § 4 (1), § 25 und § 26 (2) Dienstaufsicht, abgeleitet u.a. aus dem Beschluss des BVerfGE's zu 1 BvR 1660/08 vom 28.09.2010 unter der Randnummer 8: „§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBI 1 S. 2190) verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes“. Fazit: Die gesetzlichen Vorschriften sind verfassungskonform!
Und weiter unter der Randnummer 11: „Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die Rechtsprechung liegt unter anderem vor, wenn die Gerichte im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften oder der Lückenfüllung zu einer dem Gesetzgeber verwehrten Differenzierung oder zu einer dem Gesetzgeber verwehrten Gleichbehandlung von Ungleichem gelangen (vgl. BVerfGE 58, 369 <374>; 69, 188 <205>; 70,230 <240>; 84,197 <199>).
Könnte also der Gesetzgeber ohne Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG eine Rechtslage nicht schaffen, die dem Ergebnis der hier angegriffenen Rechtsprechung entspricht, so verstößt die Rechtsprechung gegen Art. 3 Abs. 1 GG“.

Randnummer 15 im Wortlaut:

bb) „Soweit das Bundessozialgericht jedoch auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein
Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat, der Beitragspflicht nach § 229 SGB V unterwirft, überschreitet es die Grenzen zulässiger Typisierung, weil sie sich dann nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern unterscheiden, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen. Der Gesetzgeber unterwirft Erträge aus privaten Lebensversicherungen bei pflichtversicherten Rentnern keiner Beitragspflicht.

Zu dieser gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung setzt sich eine Rechtsprechung in Widerspruch, die Einzahlungen auf private Lebensversicherungsverträge allein deshalb der Beitragspflicht Pflichtversicherter unterwirft, weil die Verträge ursprünglich vom Arbeitgeber d. Bezugsberechtigten abgeschlossen wurden und damit dem Regelwerk des Betriebsrentenrechts unterlagen, obwohl sie danach vollständig aus dem betrieblichen Bezug gelöst worden und ohne Probleme in einen betrieblichen und einen privaten Teil bei der Auszahlung zu trennen sind.

Auf die Einzahlungen des Bezugsberechtigten auf einen von ihm als Versicherungsnehmer fortgeführten Kapitallebensversicherungsvertrages finden hinsichtlich der von ihm nach Vertragsübernahme eingezahlten Beiträge keine Bestimmungen des Betriebsrentenrechts mehr Anwendung“.

Fazit:
Mit der Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer finden die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts keine Anwendung mehr. Siehe hierzu auch das BSG-Urteil B 12 KR 24/09 vom 30.03.2011 Randnummer 25, Ietzter Satz und 26.

Konsequenz:
Auch der betriebliche Teil der Lebensversicherung wäre danach für solche Einmalzahlungen beitragsfrei, die bei
Vertragsabschluss von vornherein rechtsverbindlich vereinbart wurden, denn der erforderliche Anwendungsbefehl im GMG zu Art. 1 Nr. 143, § 229 SGB V und § 237 SGB V für eine Beitragspflicht fehlt bis heute (siehe auch 12 RK 36/84 vom 18.12.84, Leitsatz 2 und S. 15 sowie die BT-Drucksache 15/1525 S. 139 zu Nr. 143 (§ 229) aus einer Umkehrformulierung des Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 21.03.2002, die natürlich keine Beitragspflicht bewirken konnte, wie das Bundessozialgericht
in seinen Urteilen ab 13.09.2006 immer feststellte ohne die rechtsverbindlichen Vertragsbestandteile der privaten Lebensversicherungen mit einem betrieblichen Bezug,in einer einfachen Rechtsfrage, für die Entscheidung beitragspflichtig oder beitragsfrei in den Urteilen zu berücksichtigen. Für umgewandelte laufende Leistungen in Einmalzahlungen vor Eintritt des Versicherungsfalls wäre eine Beitragsfreiheit auch für den betrieblichen Teil durch die gesetzlichen Krankenkassen zu entscheiden, da mit der rechtsverbindlichen Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer vor der Gesetzesänderung zur Beitragspflicht am 14.11.2003 zum 01.01.2004 die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts keine Anwendung mehr finden. Auf welcher Rechtsgrundlage soll denn jetzt der Auszahltermin das einzige Entscheidungskriterium für eine Beitragspflicht zu diesem Fallbeispiel sein, wie der 12. Senat des Bundessozialgerichts unter neuem Vorsitz in B 12 KR 16/10 R und B 12 KR 24/09 R am 30.03.2011 feststellte. Das Bundessozialgericht müsste wissen, dass eine Korrektur in Richtung Beitragspflicht nach den vorliegenden Rechtsvorschriften, u.a. Artikel 70 ff GG, DRiG § 4 (1), § 25 und § 26 (2) Dienstaufsicht nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen kann und nicht durch die nachträglichen Feststellungen des 12. Senats des Bundessozialgerichts im Urteil B 12 KR 24/09 R unter den Randnummern:
19 (Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft durch den Arbeitnehmer vor dem 01.01.2004 und Auszahltermin der Versicherungsleistung danach).
20 (zu von vornherein vereinbarten nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen …).
32 („wegen eines angeblichen Fehlens sachgerechter gesetzlicher Regelungen anhand der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben für die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen nach dem SGB V ist ein eigenständiger Maßstab anzulegen“ – etwa durch das Bundessozialgericht.

Nach den vorliegenden Rechtsvorschriften im Rahmen der Gewaltenteilung wäre der 12. Senat des Bundessozialgerichts dazu nicht berechtigt, wie u.a. im Urteil B 12 KR 1/06 R unter der Rn. 9, letzter Satz vom 13.09.2006, sowie in den Urteilen B 12 KR 24/09 R und B 12 KR 16/10 R am 30.03.2011 erneut verfassungswidrig geschehen).
7.
Eine weitere wichtige Feststellung des BVerfGE's zur Beitragsfreiheit in 1 BvR 1660/08 vom 28.09.2010 kann der Randnummer 17 entnommen werden:
dd) „Ein Umgehungsproblem zu Lasten der Krankenversicherung der Rentner besteht nicht. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Altersversorgung in Form privater Lebensversicherungen nicht mit Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner zu belegen. Knüpft man nun mit dem Bundessozialgericht die Beitragspflicht zur Krankenversicherung der Rentner daran an, dass das Versicherungsunternehmen den Vertrag ursprünglich als Direktversicherung durchführte, so setzt man einen Fehlanreiz, diese Verträge für die private Alterssicherung nicht zu nutzen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verfehlt den explizit vom Gesetzgeber des Betriebsrentengesetzes vorgegebenen Zweck des Fortsetzungsrechts, einen Anreiz zur Eigenvorsorge des Arbeitnehmers in Ergänzung der betrieblichen Altersversorgung zu setzen (BT-Drucksache 7/1281, S. 26)“.
8.
Pressemitteilung vom 23.01.2012 zum Themenjahr Altersdiskriminierung, u.a. veröffentlicht bei der Schweizer PR-Media GmbH Link

Werter Herr Prof. Dr. Lammert,
die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat am 23.01.2012 ein Themenjahr gegen Altersdiskriminierung ausgerufen – nicht schlecht – und auch kompetente Botschafter gefunden. Dazu wurde eine Pressemitteilung zur Kategorie Gesellschaft & Familie bei der PR Media GmbH in der Schweiz unter Graf: „Dunkler Schatten über das Themenjahr gegen Altersdiskriminierung“ veröffentlicht und dabei übersehen,dass die gesamte Gruppe der Rentnerinnen und Rentner seit 2001 einen massiven Sozialabbau hinnehmen muss nach dem FDP-Motto „starke Schultern tragen mehr“, ohne an die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze zu denken. In der öffentlichen Berichterstattung wird die gesamte Gruppe der 20 Millionen Rentner, da ohne Lobby, völlig ausgegrenzt.

Die Parteien sollten diese Kraft bei den nächsten Wahlen 2012 und 2013 nicht unterschätzen. Die SPD hat an dem Sozialabbau einen besonders hohen Anteil zu verantworten, wie man einigen Filmbeiträgen der Öffentlich Rechtlichen Fernsehanstalten entnehmen kann, u.a.:

  • – ARD „Rentenangst“ vom März 2008,
  • – WDR „Renten-Geschmälerte Erträge“ vom 06.05.2008, der gelöscht wurde,
  • – ARD „Exklusiv“ (Maschmeyer Rürup AG) vom 12.01.2011, 14.01.2011 und 17.08.2011,
  • – NDR Info - Panorama AWD Falk 60 vom 08.12.2011
  • – ARD „Das Riester-Dilemma“ vom 09.01.2012,

  • die einige Lobbyisten über Anwälte verhindern wollten. Wie formulierten SPD und Grüne in der Agenda 2010 deutlich: „Wir werden Leistungen des Staates kürzen“. Diese Worte wirken bis heute noch nach, besonders bei den vielen Rentnern, Harz IV-Empfängern und sonstigen Altersdiskriminierten, die der Rechtsstaat bis heute nicht ausreichend schützen will, kann oder darf durch den Einfluss von Lobbyisten.

    Und nun schreibt der Petitionsausschuss einer Petentin (011026),dass alle Petitionen zu den o.g. Rechtsfragen seit dem 24.10.2009 (Leitpetition) bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts zum neuen Aktenzeichen B 12 KR 20/10 R am 12.01.2011, nach dem Beschluss des BVerfGE's zu 1 BvR 1660/08 vom 28.09.2010, „vertagt werden, um die Erfordernisse gesetzgeberischer Initiativen abzuklären“, obwohl das Bundessozialgericht am Gesetzgebungsverfahren nach Artikel 70 ff GG nicht beteiligt ist.

    Damit gibt der Deutsche Bundestag zu den o.g. Rechtsfragen seine Gesetzgebungskompetenz aus der Hand. Diesen Angriff auf das Grundgesetz sollten Sie nicht zulassen. Deshalb habe ich die Petition am 10.10.2011 eingereicht. Sie trägt die Nummer 2-17-15-8272-029752. Vor einer Entscheidung sollten die Petenten vom Petitionsausschuss gehört werden, denn ca. 3 Millionen betroffene Versicherte müssen jetzt noch über 10 Jahre Krankenkassenbeiträge zahlen, obwohl es dafür keine Rechtsgrundlage gibt.

    Mit freundlichen Grüßen
    gez. Preuß


    Anlagen:
  • Antwort Bundesvorstand SPD vom 16.03.2009
  • Antwort Petitionsausschuss vom 03.03.2011
  • Antwort BSG vom 24.01.2012
  • Antwort Techniker Krankenkasse vom 03.03.2006
  • Link: Direktversicherung: Rechtsstaat adieu?…
    Quelle: Mail an die Redaktion