25.03.2013 - von H.S.
Das zyprische Parlament hat am 19.3.2013 das sogenannte Rettungspaket (wer soll gerettet werden?) der EU und damit die verordnete Zwangsabgabe (Haircut), genannt, auf Bankguthaben abgelehnt. 70 Milliarden Euro sollen laut FAZ auf zyprischen Banken vorhanden sein. "Keine einzige Ja-Stimme zum Rettungspaket im Parlament", titelt die Neue Züricher Zeitung (NZZ) über die Ablehnung des Rettungspakets und fährt fort: "... dessen Bedingungen die Regierung in der Nacht zum Samstag mit den Finanzministern der Euro-Zone ausgehandelt hatte" und die Präsident Wladimir Putin nach tagelangem Schweigen als "unfair, unprofessionell und gefährlich» bezeichnet hatte. Der zyprische Erzbischof Chrysostomos II., der dem Staat das gesamte Vermögen der Kirche angeboten hat, nannte die Vorgaben des "Rettungspakets (wer soll gerettet werden?) laut FAZ vom 20.3. eine „Niederträchtigkeit der Europäer“. In Spanien hat derweil die Kapitalflucht angeblich schon eingesetzt. Siehe Link
Am 21.3.2013berichtet die FAZ, dass ein Eurogruppenchef namens Jeroen Dijsselbloem die Verantwortung für die umstrittene Zwangsabgabe auf zyprische Konten übernommen hat. „Wenn irgendjemand die Verantwortung übernimmt, dann bin ich es“, sagte der Niederländer, der sozusagen Chef der 17 europäischen Finanzminister ist, vor EU-Abgeordneten. Laut FAZ handelte Schäuble beim Zyperndeal in Brüssel mit Rückendeckung der Regierungsparteien UND der von SPD, Grünen und der bundesdeutschen Banken. Denn wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten am 21.3. meldeten, belegen die Daten der Deutschen Bundesbank, dass bundesdeutsche Banken Zypern 5,925 Milliarden Euro geliehen haben. Davon 149 Millionen Euro für die öffentlichen Haushalte, 71 Millionen Euro für die zypriotischen Banken, fast der ganze Rest soll an zypriotische Unternehmen gegangen sein. Ebenfalls am 21.3. berichtet die NZZ: Die politischen Parteien in Zypern hätten sich geeinigt, einen Fonds zu gründen. Darin solle Kapital von der Kirche und aus der Rentenkasse bzw. den Pensionskassen sowie Goldreserven eingezahlt werden, um dann Staatsanleihen auszugeben. Dieses Vorhaben müsse die Troika aber gestatten.
Am 22.3.2013 meldet die NZZ über die Gespräche zwischen Zypern + Russland: Die Gegenleistungen, die Zypern für eine Finanzspritze oder Schuldenrestrukturierung Russlands geboten hat, scheinen nicht gereicht zu haben. Dieser Plan sah vor, ein Staatsunternehmen zu gründen, in das zypriotische Erdgasfelder übertragen worden wären und russischen Investoren die Möglichkeit geboten worden wäre, zunächst Anleihen, dann Aktien dieses Unternehmens zu zeichnen. Spekuliert wird in Moskau über ein Engagement des staatlich kontrollierten Erdgaskonzerns Gazprom. Derweil langweilte die FAZ am gleichen Tag mit dem Hersagen von Statements bundesdeutscher Politiker. So habe etwa Bundesfinanzminister Schäuble in der griechischen Tageszeitung „Ta Nea“ gesagt, dass - aufgepasst!: „Die Haltung, dass dieses Problem nur von den Steuerzahlern in der Euro-Zone ohne die Beteiligung der wichtigsten Kreditgeber der zyprischen Banken gelöst werden kann, kann von den europäischen Bürgern nicht akzeptiert werden“. Dankenswerterweise wird dieser Satz von der FAZ übersetzt. Er soll bedeuten: Alle zypriotischen Inhaber von Bankkonten sollen zahlen.
Am 23.03. zeigt sich, dass die Berichterstattung in der NZZ kenntnisreicher und umfassender ist, als in der FAZ. Siehe: http://www.nzz.ch/aktuell/international/zypern-ringt-mit-der-zwangsabgabe-1.18052501
Dito am 24.3.2013: http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/kampf-um-rettungzyperns-in-letzter-minute-1.18052953
In der Nacht zum 25.3.2013 einigte man (wer?) sich auf folgenden Rettungsdeal (wer soll gerettet werden?): Temporäre Kontrollen des Kapitalverkehrs, Erhöhung der Quellensteuer auf Kapitaleinkommen und Unternehmenssteuer, Strukturreformen, Privatisierungen. Anders als von Finanzminister Schäuble und seinen europäischen Kollegen ursprünglich beabsichtigt, werden nicht ALLE Bankkunden direkt zur Kasse gebeten. Das wird in der nächsten Zeit, wie in den anderen Ländern des Südens, über die Strukturreformen geschehen. Die Laiki Bank wird nach dem Maßgaben eines parlamentarisch gebilligten Abwicklungsgesetzes in eine "Good Bank" und eine "Bad Bank" geteilt. Die Bank of Cyprus wird rekapitalisiert, u.a. durch ihre Aktionäre, Anleihegläubiger und Einleger. Die Unterstützungsgelder für Zypern sollen vom ESM kommen. Die EU-Parlamente müssen dem zustimmen.
Siehe NZZ unter: http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/ein-neuer-deal-zur-zypern-hilfe-1.18052953
Was wir lernen und nicht vergessen sollten:
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17.03.2013: Überschüsse der Sozialversicherungen im Visier
13.03.2013: BHW: Altersdiskriminierung über 65Jähriger
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