10.04.2013 - von Michael Clauss
Presseerklärung von Daimler-Kolleginnen und Kollegen zur Aktion vor der Hauptversammlung des Daimler-Konzerns am Mittwoch, den 10.04.2013 – ICC Berlin
Daimler - Kolleginnen + Kollegen wehren sich gegen Leiharbeit, Werkvertrag und Fremdvergabe!
Mercedes-Benz wirbt für seine Fahrzeuge mit dem Slogan „Das Beste oder nichts“. Früher hätten viele gedacht, dieses Motto trifft auch für die Arbeitsplätze im Daimler-Konzern zu. Es gilt aber definitiv doch nur für die Vorstände mit ihren millionenschweren Jahresgehältern und „bestens“ gesicherten Altersbezügen. Heute ist Daimler nämlich alles andere als der leuchtende Stern am Arbeitnehmerhimmel. Im Gegenteil dazu nimmt das Unternehmen eher eine Vorreiterrolle bei der Verschlechterung von Arbeitsbedingungen ein.
Seit Jahren nutzt Daimler dauerhaft einen festen Sockel an Leiharbeit.
Außerdem werden in großem Umfang mit Werk- und Dienstverträgen Tätigkeiten bisheriger Stammbeschäftigter fremd vergeben. Das bedeutet für die Beschäftigten: Perspektivlosigkeit,unsichere, weil befristete Beschäftigung, niedrigere Entlohnung, höheres Unfallrisiko durch unterlaufene Arbeitssicherheit, schlechtere oder in den meisten Fällen gar keine betriebliche Alterssicherung, moderne Wanderarbeit mit unterschiedlichen Einsatzorten, ständige Angst durch Prinzip „Hire and fire“
Mit dieser Beschäftigung werden zunehmend Beschäftigte 2. und 3. Klasse geschaffen.
Im gleichen Betrieb werden die gleichen Tätigkeiten zu völlig unterschiedlichen Bedingungen verrichtet. Ein konkretes Beispiel aus dem Produktionswerk Untertürkheim: Ein Staplerfahrer, der Stammbeschäftigter ist, erhält monatlich brutto ca. 3.500 Euro; wenn es ein von Daimler entliehener Leiharbeiter ist, sind es ca. 2.700 Euro ; ist die Tätigkeit an einen Dienstleister fremd vergeben, holt sich diese Firma Leiharbeiter für ca. 1.300 Euro Monatslohn.
Beispiel aus dem Verwaltungsbereich:
Während eine fest bei Daimler beschäftigte Sekretärin 3.500 Euro erhält, kommt die Kollegin der Leiharbeitsfirma nicht über 2.200 Euro. Diese Praxis mit prekären Beschäftigungsverhältnissen verbreitet sich wie ein Krebsgeschwür in allen Unternehmensbereichen. Selbst in Entwicklungs- und Forschungsbereichen sind es teilweise schon über 30 Prozent. Weil derart befristet Beschäftigte notgedrungen schlechtere Bedingungen hinnehmen, erhöht dies auch den Druck auf die Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft.
Nicht nur bei Daimler und in der Automobilindustrie, sondern in allen Branchen ist die prekäre Beschäftigung auf dem Vormarsch.
Seit 2000 wurden 2,3 Millionen Vollzeitarbeitsplätze vernichtet. Im Gegenzug wurden Billigjobs massiv ausgeweitet. Der Niedriglohnanteil mit einem Stundenlohn kleiner € 9,53 (Westdeutschland), bzw. kleiner € 7,22 (Ostdeutschland) ist auf über 22 % angestiegen.
Auch international wird deutlich, dass Daimler ein skrupelloser Ausbeuter befristet und schlecht bezahlter Arbeitnehmer ist. Im Montage-Werk in Pune/Indien kommen auf 167 Stammbeschäftigte ca. 700 Befristete und Leiharbeiter, die nur 20-25% des Lohnes eines Festeingestellten erhalten.
Der durch EU-Recht und bundesdeutsches Recht definierte Gleichbehandlungsgrundsatz von Leiharbeitern und Festangestellten wird durch Öffnungsklauseln mit Tarifverträgen unterlaufen. Solange diese Unterbietungstarifverträge existieren, werden Zetsche und Co. für sich und ihresgleichen immer nur das „Beste“ rausholen. Für die betroffenen Beschäftigten bleibt zu wenig bzw. „nichts“, um ein sozial gesichertes, würdevolles Leben zu führen.
Nicht nur die Mercedes-Kunden haben den Anspruch auf das „Beste“, sondern auch alle Beschäftigten. Deshalb müssen alle DGB-Tarifverträge mit Leiharbeitsverbänden ersatzlos gekündigt werden. Wir brauchen keine Regulierung von Leiharbeit, sondern ein Verbot von Leiharbeit und aller weiteren prekären Beschäftigungsverhältnisse.
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Leiharbeit gehört nicht „reguliert“, sie gehört abgeschafft!
Unter diesem Motto protestierten Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Daimler-Werken am 10. April vor der Aktionärs-Hauptversammlung, dem ICC Messegelände in Berlin, gegen die zunehmende Ausbeutung über Fremdvergabe, Leiharbeit und Werkverträge. Desweilen verkündete drinnen im Saale Dr. Dieter Zetsche den Aktionären eine Rendite von satten 5,4 %! Profit auf dem Rücken prekärer Beschäftigung und der Stammbelegschaft, die dadurch zunehmend unter Druck gerät. Mit Niedriglohn und Hire & Fire - Beschäftigungsverhältnissen will der Vorstand weiteres Wachstum generieren und den Reichtum der Aktionäre mehren.
Auch auf internationalem Terrain operiert Daimler mit moderner Lohnsklaverei: Im Montagewerk in Pune (Indien) kommen auf 167 Stamm-AK ca. 700 Leiharbeiter, die 75-80% weniger verdienen!
Deshalb sind wir der Ansicht: Leiharbeit gehört nicht „reguliert“, sie gehört abgeschafft! aus: Alternative 117, 12. 4. 2013
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