Köln, 2013 Foto: H.S.
15.04.2014
50 Jahre Adolf-Grimme-Preis sind der Anlass für den zehnfachen Grimme-Preisträger Dominik Graf und seinen Co-Autor Martin Farkas, über das deutsche Fernsehen nachzudenken. Marl ist nicht nur wegen des dortigen Preises der rechte Ort dafür, sondern auch weil es sich mit seiner grandiosen 60er-Jahre-Architektur wie ein Zwilling zum Fernsehen entwickelt hat. Beide sind zwar in die Jahre gekommen, können aber auch immer noch ein Bild sein für die Träume und Illusionen einer anderen Gesellschaft und natürlich eines anderen Fernsehens.
Am Anfang des 90minütigen Films steht die Grimme-Preis-Verleihung 2013, wie jedes Jahr Treffpunkt der deutschen Fernsehbranche. Doch schnell tauchen die Filmemacher ab in die Vergangenheit dieses einst so hoffnungsfrohen Mediums. Zunächst ins Jahr 1989, eines der bedeutendsten Wendejahre Deutschlands, das nicht nur politisch eine Zäsur markierte, sondern auch das Fernsehen veränderte.
Der Essayfilm erzählt die Geschichte des gebrochenen Versprechens der Verbindung von Popularität und Avantgarde. Er legt das Fernsehen gleichsam auf die Couch, über der eine Frage schwebt: Was ist aus der Liebe zum Fernsehen geworden?
Graf und Farkas suchen nach Antworten. Sie ziehen dafür Parallelen zwischen dem Fernsehen und der Entwicklung der Stadt Marl, die mit dem Rathaus, der Scharoun-Schule und der ersten Volkshochschule Deutschlands eine Idealstadt für eine Idealgesellschaft werden sollte, bevor das Zechensterben diesen Traum jäh zerstörte. Sie zitieren frühe Meister ihres Faches, etwa Zbynek Brynych mit seinen Filmen für die Reihe "Der Kommissar" oder Horst Königstein, der den jungen Rod Stewart in einem Hamburger Hinterhof singen lässt. Sie ergründen, warum dem Grimme-Preis der Adolf abhanden gekommen ist. Und sie befragen ein knappes Dutzend Persönlichkeiten, warum das Fernsehen so geworden ist, wie es heute ist.
In intensiven Gesprächen zu Wort Marler Bürger, Günter Gaus, Hans Janke, Günter Rohrbach, Barbara Buhl, Bettina Reitz, (BR-Fernsehdirektorin), Katja Herzog (Produzentin), Andreas Schreitmüller (Arte-Spielfilmchef), (ehemaliger Leiter Grimme-Institut und ehemaliger ZDF-Fernsehspielchef), Olaf Möller (Kurator und Filmkritiker), Rainer Knepperges (Filmregisseur und Blogger), Uwe Kammann (Direktor Grimme-Institut) sowie Ulrich Spies (Leiter Grimme-Preis).
Sie reden über Qualität im Fernsehen, Quotenmanie und die Sehnsucht nach einem anspruchvollen Fernsehprogramm. Exemplarisch deutlich wird diese Sehnsucht in der Geschichte der (fiktiven) Fernsehansagerin Inger Stoltze. Sie repräsentiert die dereinst gelungene Verbindung zwischen dem Publikum und der Hochkultur.
Film von: Martin Farkas, Dominik Graf
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