Köln, 2015 Foto: H.S.
02.06.2016 - von CDU/CSU + SPD
Die Antworten, die Erwerbsminderungsrentner von Politikfunktionären oder Bundestagsabgeordneten auf ihre Briefe erhalten sind, wenn die Herrschaften überhaupt antworten, sehr verschieden. So ist die Antwort, die im Auftrag Volker Kauders vom CDU/CSU-Abgeordneten Karl Schiewerling verfasst wurde, erstaunlich empathisch. Das Problem wird eingeräumt und benannt, ausserdem Verständnis für die missliche Lage geäußert, in der sich langjährige Erwerbsminderungsrentnerinnen aufgrund von politisch getroffenen Entscheidungen befinden. Allerdings setzt die Antwort detaillierte Kenntnisse des Problems voraus. Nur dann kann der Empfänger / die Empfängerin der CDU/CSU-Antwort entscheiden, ob die näheren Ausführungen überhaupt Bestandteil des von ihm genannten Problems sind.
Im Vergleich zum CDU/CSU Antwortbrief ist der des Profi-Beantworters von der SPD kurz und knapp, kühl und unpersönlich, dafür aber schneller verschickt worden. Das angesprochene Problem wird nicht benannt, Verständnis nicht einmal andeutungsweise gezeigt. Stattdessen werden in den paar Zeilen immerhin viermal SPD-Personen namentlich erwähnt und zweimal wird auf eine "Reform" hingewiesen, die in einem SPD-geführten Ministerium in der Mache sein soll.
Trotz der Unterschiedlichkeit der Antworten: Eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrente für Bestandsrentner stellen beide nicht in Aussicht. H.S.
CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag, Karl Schiewerling, MdB, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales, Berlin, 9. Mai 2016 Ihre E-Mail zur Erwerbsminderungsrente an Herrn Volker Kauder MdB vom 14. März 2016
Sehr geehrte Frau P.,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 14. März 2016 an Herrn Volker Kauder MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Herr Kauder hat mich als zuständigen arbeits- und sozialpolitischen Sprecher der Fraktion gebeten, Ihnen zu antworten. In Ihrer E-Mail sprechen Sie die schwierige Situation von erwerbsgeminderten Menschen an. Sie kritisieren das Armutsrisiko bei Erwerbsminderungsrentnern, eine zu niedrige Rentenanpassung im Jahr 2015, und, dass Menschen, die bereits zwischen 2001 und Juni 2014 eine Erwerbsminderungsrente erhalten haben, nicht von den Gesetzesregelungen, die für neue Erwerbsminderungsrenten ab dem 1. Juli 2014 gelten, profitieren.
Ihre Einschätzung, dass die Erwerbsminderung ein hohes Armutsrisiko birgt, teile ich grundsätzlich. Es war und bleibt Ziel der CDU/CSU, die Situation der Erwerbsminderungsrentner zu verbessern und ihnen eine sichere Versorgung zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund haben wir die Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente bereits im Rahmen des Rentenpaktes verbessert. Zudem wollen wir zur Vermeidung von Erwerbsminderung den Gedanken der Prävention sowie der Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz stärken. Sie äußern Ihren Unmut darüber, dass die verbesserten Regelungen nur für Neurentner gelten.
Bestandsrentner müssen weiterhin Abschläge in Kauf nehmen. Ich kann Ihnen versichern,dass ich dies absolut nachvollziehen kann. Letztlich ist es auch unser Wunsch, dass möglichst viele Menschen von den verbesserten Regelungen profitieren. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden,dass allein die Erhöhung der Erwerbsminderungsrente für Rentenzugänge ab 1. Juli 2014 bis zum Jahr 2030 Mehrausgaben in Höhe von voraussichtlich 2,1 Milliarden Euro hervorbringt. Für eine Ausweitung der Regelung auf Bestandsrentner sehe ich derzeit leider keine Möglichkeit der Finanzierung. Wir werden aber gleichwohl darüber mit dem Koalitionspartner beraten. Konkrete Maßnahmen kann ich somit nicht in Aussicht stellen. Sollte es dazu kommen, dass Menschen von ihrer Rente und sonstigen Einkünften nicht leben können, wird durch die Grundsicherung im Alter bzw. bei Erwerbsminderung der notwendige Lebensunterhalt garantiert.
Soweit Sie die Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente ansprechen, so ging es bei der Änderung auch um die Beseitigung einer Ungerechtigkeit, weil Geringqualifizierte auch nach der damaligen Rentenpraxis hier schon keinen Schutz hatten.Es scheint mir kaum möglich, diesen Reformschritt zurück zu drehen. Aber wir nehmen das Thema Berufsunfähigkeit stärker in den Blick und prüfen, ob sich hier der Verweis auf Privatvorsorge bewährt hat.
Wie Sie richtig bemerkt haben, fiel die Rentenanpassung 2015 aufgrund eines statistischen Einmaleffekts niedriger aus als ohne diesen Effekt. Hintergrund ist die Umsetzung der Revision der Beschäftigungsstatistik zum September 2014 aufgrund von Vorgaben der Europäischen Union (EU). Verschiedene Personengruppen werden nun zusätzlich als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erfasst.Dabei handelt es sich insbesondere um behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten oder gleichartigen Einrichtungen sowie um Personen, die ein freiwilliges soziales, ein freiwilliges ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten.
Um die Rentnerinnen und Rentner zeitnah an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben zu lassen, wird bei der Rentenanpassung auf die Löhne gemäß den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) zurückgegriffen, die zum Zeitpunkt der Rentenanpassung für das Vorjahr vorliegen.Bei der Rentenanpassung 2015 kam also die Entwicklung der Löhne gemäß VGR von 2013 auf 2014 zur Anwendung.
Die für die Rentenanpassung relevante Lohnentwicklung berechnet sich aus der Veränderung der VGR-Löhne des Vorjahres (2014 gegenüber 2013) und der relativen Abweichung zwischen der Lohnentwicklung gemäß VGR und der beitragspflichtigen Lohnentwicklung für das vorvergangene Jahr (jeweils 2013 gegenüber 2012). Sofern sich die Entwicklung der VGR-Löhne von der Entwicklung der beitragspflichtigen Löhne unterscheidet,wird dies ein Jahr später nachvollzogen. Die Anzahl der statistisch ausgewiesenen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten fällt dadurch nun höher aus. Die zusätzlich erfassten Personen beziehen unterdurchschnittliche Entgelte. In der Folge fallen die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in den VGR durch die Revision geringer aus.
Nach geltendem Recht muss bei der Berechnung der Rentenanpassung auf die Werte Bezug genommen werden, die bei der Rentenanpassung des Vorjahrs verwendet wurden.Daher wurde für die Rentenanpassung 2015 bei den VGRLöhnen der neue Wert für das Jahr 2014 (nach der Revision) auf den alten Wert für das Jahr 2013 (vor der Revision) bezogen. Dadurch fällt die Rentenanpassung 2015 revisionsbedingt mit rd. 1,6 % um rund einen Prozentpunkt niedriger aus als zuletzt auf Basis von Werten vor Revision erwartet. Die revisionsbedingt „zu niedrige" VGR-Lohnentwicklung (von 2013 nach 2014) wird bei der Rentenanpassung 2016 in Relation zur dann vorliegenden Entwicklung der beitragspflichtigen Löhne (ebenfalls von 2013 nach 2014) gesetzt. Da die Revision der Beschäftigtenstatistik keinen Einfluss auf die beitragspflichtigen Löhne hat, bewirkt der Quotient aus VGR-Lohnentwicklung zu beitragspflichtiger Lohnentwicklung in der Anpassungsformel dann eine zusätzliche Steigerung der Rentenanpassung 2016 in Höhe von rund einem Prozentpunkt. Der revisionsbedingt dämpfende Effekt auf die Rentenanpassung im Jahr 2015 wird also bei der Rentenanpassung 2016 - quasi „automatisch" - wieder ausgeglichen.
Sehr geehrte Frau P., ich hoffe, Ihnen mit meinen Informationen behilflich gewesen zu sein, auch wenn nicht alle Aussagen auf Ihr Verständnis stoßen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Schiewerling, MdB, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag
SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS DER PARTEIVORSTAND
SPD-Parteivorstand, Wilhelmstraße 141,10963 Berlin
A.S., Abteilung Kommunikation, Referat Direktkommunikation, 25.05.2016
Ihr Schreiben vom 6. Mai 2016
Sehr geehrte Frau Palkowski, und sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihr Schreiben an den SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel. Sicherlich haben Sie Verständnis dafür, dass der SPD-Parteivorsitzende, Herr Sigmar Gabriel, nicht alle an ihn gerichteten Zuschriften persönlich beantworten kann. Er hat mich gebeten, auf Ihre Nachricht zu antworten.
Wie Sie sicherlich mitbekommen haben, wird Andrea Mahles noch dieses Jahr ein Gesamtkonzept zur Reform der Rente erarbeiten und vorstellen. Insbesondere derzeit benachteiligte Menschen sollen in der Reform bedacht werden und erhebliche Verbesserungen bekommen.
Die Lebensleistungsrente ist bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben und wird ein Teil der Reform sein um Altersarmut zu verhindern.
Ansonsten ist es müßig derzeit über Detailfragen zu diskutieren. Ich habe großes Vertrauen in das von Andrea Mahles geführte Ministerium und warte gespannt auf den Reformvorschlag. Wenn dieser im Herbst vorliegt, gilt es darüber zu streiten und für soziale Gerechtigkeit gegen die Union einzutreten.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Willy-Brandt-Haus
A.S.
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