Leipzig, 2009 Foto: H.S.
06.06.2016
Die Bundesregierung hat sich bei der Reform der Pflegeberufe schwer die Finger verbrannt. Auf kritische Stimmen aus der Opposition und den eigenen Reihen wurde nicht gehört. Das rächt sich jetzt für Familienministerin Schwesig + Gesundheitsminister Gröhe. Zudem haben die Altenpflegeverbände und Gewerkschaften, aber auch Arbeitgeberverbände der generalistischen Pflegeberufsreform bei der Anhörung am Montag eine deftige Watschen verpasst.
Diese Reform wird die Pflegeberufe nicht attraktiver machen. Denn dazu würde viel mehr gehören: Die Bezahlung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen müsste sich angleichen und die Arbeitsbedingungen müssten sich ändern. Die Kosten der Reform sind falsch kalkuliert. Der GKV-Spitzenverband rechnet mit 3,16 Milliarden Euro – das ist mal eben fast eine halbe Milliarde mehr, als das Gesetz es vorsieht. Die Kostenkalkulation steht auf tönernen Füßen. Die Rechtsverordnung zur Ausgestaltung der Ausbildung liegt noch nicht vor – obwohl das von der Bundesregierung versprochen wurde. So viele offene Baustellen gab es selten bei einem Gesetz.
Wenn Karl Lauterbach sich jetzt hinstellt und meint, dass es in der SPD noch kein einheitliches Meinungsbild gebe, dann ist das eine glatte Lüge. Es war das SPD-geführte Ministerium, das von Anfang an das Vorhaben betrieben hat. Die Verbändeanhörung in der Berliner Glinkastraße – Sitz des Familienministeriums – war eine Farce. Dort erhielten die Kritiker des Gesetzes ein Redeverbot. Dass jetzt der Bundesgesundheitsminister die Kohlen aus dem Feuer holen muss, wird er Frau Schwesig wohl noch übel nehmen – zu Recht!
Wir fordern weitere Schritte: Die Pflegeausbildung muss reformiert und modernisiert werden. Wir schlagen vor, gemeinsame Ausbildungsinhalte zusammen zu lehren und innerhalb der Ausbildung eine Spezialisierung zuzulassen. Der jeweils andere Berufsabschluss kann durch eine Ausbildungsverlängerung erworben werden. Wir brauchen für eine gute pflegerische Versorgung wirklich spezialisierte Fachleute. Mit dem jetzigen Gesetzentwurf zur Pflegeberufsreform erweisen wir allen Pflegebedürftigen und auch den professionell Pflegenden einen Bärendienst.
Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik bei den Bündnisgrünen.
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