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Theaterstück zum Nachspielen: FÜNF JAHRZEHNTE

Köln, 2016 Foto: H.S.

30.07.2016 - von Hartmut Jeromin

Diese Personen treten auf:
Arlo und Harzi, die bekannten Arbeitslosen- und Harz-4-Empfänger, etwas abgerissen aber sauber und rasiert und mit Haarschnitt, ca. 30 Jahre alt/ jung und schon durch alle Siebe gefallen.
1.Jahrzehnt: Jung, mit kurzen Hosen, Roller, Katapult.
2. Jahrzehnt: In Berufskleidung, mit Motorradteilen, hochfahrend und auch wieder sehr niedergeschlagen.
3. Jahrzehnt: Im Sportdress, mit Autoersatzteilen, mit Einkaufsnetz für die „Mutti“.
4. Jahrzehnt: Mit Wäsche zum Aufhängen, Urlaubsprospekt, Hausbaupläne.
5. Jahrzehnt: In Freizeitkluft, mit Baumaterial, in Eile, gehetzt.
6./ 7./ 8.Jahrzehnt: Drei rüstige Herren, nach Bedarf auch Frauen, mit Überzeugungskraft, nicht nur in Worten…

1.Bild:

Es treffen sich Arlo und Harzi;
Harzi: „Kann ich, will ich, soll ich…?“
Arlo: „Was sollst, willst, kannst du?“
Harzi: „Soll ich alt werden um zu leben – oder leben um alt zu werden?“
Arlo: „Ach, mein Freund, geht’s dir so elend mit der Biografie? Meine ist aber auch nichts wert, sie ergibt einfach keine Zukunft mehr! Nur noch Verluste, auf der ganzen Linie! Die Arbeit schon wieder futsch, die Frau bekocht jetzt einen anderen, die Wohnung ist Sparflamme, kein Auto mehr und schlimm, was die Rentenkasse schreibt! „
Harzi: „Bei mir das Gleiche, genau das Gleiche. Nur ist noch die Lebensversicherung aufgegessen, das Konto im Minus, das Geerbte durchgebracht. Ich musste sogar einen Offenbarungseid leisten. Mit drei Jahrzehnten Vergangenheit kann ich leben, die wird nur noch älter, die hab‘ ich weg; aber Zukunft? Woher denn? Wie bei dir. Am besten, gar nicht alt werden, es lohnt sich nicht, ich graus mich davor!“
Arlo: „ Und ich überlege, wie Unsterblichkeit zu erreichen ist. Aber es tut sich mir nicht damit. Kein Gedanke, keine Idee. Nur wenn das Leben lang genug währte, gliche sich doch was aus in der Summe der Jahre. Ich würde zwar immer reicher – an Erfahrung. Die kann ich aber nicht essen, mir nichts dafür kaufen. Und darauf käme es am Ende doch an! Was zum Beißen, zum Knabbern.“
Harzi: „Du, Arlo, es braucht ja nicht gleich Unsterblichkeit zu sein, mir genügte ja schon ein gesichertes Rentenalter und dazu brauchen wir eben die ganze Biografie. Mindestens noch drei bis vier Jahrzehnte mehr. Sonst: Zukunft ade! Und nur von Luft und gelegentlicher Liebe kann ich nicht leben!- … Und wenn wir uns nun eine Biografie erbeuten? Sie einfach jemand stehlen, quasi ausborgen? Und damit unsere auffüllen?“
Arlo: „Freiwillig gibt bestimmt niemand was her… aber wir sollten es wenigstens ausprobieren…Versuch macht klug…dann sind wir schlauer…am Ende schnappen wir jemand gerade über Vierzig, der hat zwar das Beste schon hinter sich und bestimmt noch nicht genug Biografie auf dem Konto? Aber schlimmer wird‘s für uns auf keinen Fall. Und haben wir genug davon summiert, nimmt sie wohl auch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt eine andere Gestalt und Wirkung für uns an, die Sammelbiografie?“
Harzi: “ Ach, Gestalt! Mir reicht am Ende eine ordentliche Rente, in der Gestalt akzeptiere ich jedes Jahrzehnt! Also, los! Mal sehen, wer und was da vorbeikommt…!“
Arlo: ( verträumt) „Es müsste jemand sein, der gerade 67 wird, der hat schon allerhand auf seinem Kerbholz, Punkte auf seinem Rentenkonto. Und für ihn reicht‘s auch noch, da könnte was für uns abfallen! So einfach dritteln oder hälften! Ja, einfach teilen, brüderlich! Oder jemand, der bis 75 gearbeitet hat…oder so einer wie Johannes Heesters, der hatte es im Übermaß! Stell dir vor, es gäbe die Heesters- Rente anstatt der Riester-Rente. Die bekommst du mit 105 Jahren, aber dafür kannst du dir dann soviel aus dem Topf nehmen, wie du willst! Da täte ich zulangen –mit beiden Händen und dann: Jeden Tag Fettlebe! Aber – wie man 105 Jahre alt werden kann - keine Ahnung…“
Harzi: „Und jeden Tag kann es vorbei sein! Zu unsicher, zu wenig Zukunft, beinahe so, wie jetzt schon bei uns. Zu lange Wartezeit. – Düstere Vorstellung!
Also, denn ran an die Wegelagerei, werden wir Biografie-Raub-Ritter!“
Sie legen sich auf die Lauer…

2. Bild

Eine kleine Gesellschaft kommt „vorbeibiografiert“, fünf Personen, geschmückt mit Zeichen ihrer jeweiligen Jahrzehnte, den Jüngsten und letzten greifen sie sich und verschwinden mit ihm aus der Reihe…
Arlo: „He, du! Sag, hast du schon eine Biografie?
1. Jahrzehnt: „Bio was?“
Harzi: „Na, einen Lebenslauf, eine Entwicklung, wo kommst du her, wo gehst du hin?“
Arlo: „Und, hast du schon Ansprüche, an die Kasse?“
1. Jahrzehnt: „Ansprüche schon, besonders an meinen Erzeuger, der zahlt aber oft nicht…“
Arlo: „Du Esel, an die Rentenkasse doch…“
1. Jahrzehnt: „Gibt es so was Irgendwo, hab ich noch nie gehört.“
Harzi: „Wenn ich dich so betrachte, kurze Hosen, Schulbuch, Roller, Katapult, sieht nicht nach Einzahlen aus. Ich tippe auf erstes Dezenium? Also wie steht es mit deiner Habenseite?“
1. Jahrzehnt: „Vielleicht hat mein Vater irgendwas auf welcher Kasse? Ich doch nicht! Ich verursachte nur Ausgaben für Windeln, Milch, Kindergarten, die Fibel, den Roller. Also, womit kann ich euch sonst dienen?“
Arlo: „Also nur Verluste aus deinem Leben? Armer Vater!“
1. Jahrzehnt: „Sehe ich nicht so. Ich wachse, lerne, wecke große Erwartungen. Freilich braucht’s dazu einiges, meine Eltern und sogar die Großeltern müssen sich ganz schön strecken. Aber sagt, was ist denn euer Problem? Ihr sondert mich ab, haltet mich fest, fragt noch Bio und Kasse, nach Gewinn und Verlust. Hilft euch dieses Katapult?“
Arlo: „Um himmelswillen, lass das, so nützt es uns nichts. Uns schießen schon andere genug Löcher in unsere Rentenbiografie.“
Harzi: „Also dann, Arrividerci, junger Mann, Wir vertrödeln nun unsere Zeit mit dir.“
(1.Jahrzehnt ab)
Arlo: “Mit kurzen Hosen! Hätten wir gleich laufen lassen sollen, aber jeder fängt ja im Kleinen an…“

3. Bild

Vier Personen kommen des Wegs, ausgerüstet wie vorher, wieder halten sie den Letzten an…
Arlo: „Schon besser, keine kurzen Hosen, im Blaumann! Und mit einem halben Motorrad! Sag an, Freundchen, hast du auch eine Biografie?“
2.Jahrzehnt: „ Die hat doch wohl jeder! Müsst ihr mich deswegen festhalten?“
Harzi: „Und was für eine? Wenn ich bitten dürfte! Gewonnen oder verloren?“ 2. Jahrzehnt: „Eigentlich, wenn ich euch recht verstehe – wie gewonnen, so zerronnen! Am Zahltag gab ich immer ein wenig mehr aus als reinkam. Für dieses und jenes, man kann so viel kaufen…“
Arlo: „Und in deiner Rentenkasse?“
2.Jahrzehnt: „Mit Ferienarbeit, mit Lehr-Geld, mit Wehrsold war wenig einzusammeln. Da braucht es schon ein anderes Fahrwasser. Die goldenen Zeiten kommen wohl erst noch für mich, hoffentlich. Viel Glück und viel Segen, auf all deinen Wegen wünschte mir meine Großmutter. Könnte ich brauchen, wenn es hilft! Kann ich euch sonst noch womit dienen? Ihr seht aber auch gar zu erbärmlich aus…“
Harzi: „Also dann, zieh deines Weges und nichts für ungut!“ ab.
Arlo: „Das kam mir auch irgendwie bekannt vor – wie gewonnen so zerronnen. Das Lied habe ich einst selbst gesungen.
Wir müssen weiter auf die Lauer, wir brauchen jemand mit einer besseren Bilanz, also, der nächste bitte!“

4. Bild

Drei Personen ziehen vorbei, sie greifen sich den Letzten.
[b]Arlo: „Schau mal einer guck, wen haben wir denn da?“
3. Jahrzehnt:[/b] „ Keine Zeit, keine Zeit…!“
Arlo: „Nimm sie dir, nimm sie dir! Für uns! Sag, was hast du auf dem Kerbholz? Will sagen auf der Rentenkasse?“
3. Jahrzehnt: „ Die paar Jahre nun erst, das muß noch mehr scheffeln und schütten, wenn ihr so wollt. Aber, was geht’s euch an? Das interessiert doch nicht einmal meinen Chef, nur mein Versicherungsfritze drängt! Der will mir eine Riesterrente, eine Lebensversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Unfallversicherung neben all den anderen Absicherungen aufschwatzen. Er sagt: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Aber seine Wünsche übersteigen mein Einkommen. Und, sehe ich aus nach Berufsunfähigkeit? Da hilft nur, die Ohren steif halten…“
Harzi: „Und hast du eine Frau, die für dein Auto mitverdienen darf? Ich sehe, du hast Ersatzteile nötig. Wohl kein Jahreswagen?“
3. Jahrzehnt: „In unserem kleinen Ort ist es hart, zu heiraten, die Lotterie ist klein und der Nieten sind zu viele. So ist es schwer, unter wenigen die beste zu finden. Bei der Suche geht mancher Euro drauf. Und am Autoschraube ich selber, aber es fährt, es fährt.“
Harzi: „Und wie denkst du über das Alter und dein Auskommen dann?“
3. Jahrzehnt: „Das findet sich, findet sich. Kann ja eigentlich nur besser werden, denn ich stell mir vor, ich hab‘ dann meine Ruh und recht viel Geld dazu.- Hapert es damit bei euch?“
Harzi: „Unsere Lage ist geradezu erschrecklich, um es vornahm auszudrücken. Aber das sagen wir nur zu dir…und willst du alt werden, um dann zu leben? Genau das klappt bei uns ja nicht, wir leben nur und werden dabei alt. Keine Zukunft für uns, nirgends. Und da wollten wir dich bitten: Hast du Erwerbsbiografie im Überfluss und kannst abgeben davon? Täte uns enorm helfen!“
3. Jahrzehnt: „Wie sagte der Weise: Es ist dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Bei euch und bei mir! Um zu sparen, lebe ich noch im Hotel Mama. Die Vor- und Nachteile dabei heben sich oft gegenseitig auf. Aber Kosten entstehen immer, mehr als hereinkommt! Jeder will nur abbuchen: Die Telekom, die Enso, die Zeitung, der Rundfunk, das Fernsehen, das Internet, Wasser, Müll, Gas, Schornsteinfeger, Steuerbehörden und Versicherung – immer nur abbuchen! Aber fasst mal einen nackten Mann in die Tasche! Und nun wollt ihr brüderlich mit mir teilen…?“
Arlo: „ Nein, wir wollten eigentlich nur die Hälfte! Also mach‘s gut und gute Besserung. So miserabel haben wir uns deine Bilanz nicht vorgestellt! (ab)

5. Bild

2 Personen ziehen vorbei…den Letzten fangen sie auch noch.
Harzi: „Wohin des Wegs, wenn der Herr uns Auskunft geben möchte?
4. Jahrzehnt: „Ich lauf mich gesund, mit meinem Verein, das brauch ich auf Arbeit, um jeden Preis!“
Arlo:
„Nur auf Arbeit?“
4. Jahrzehnt: „Nein, nein. Familie, Kinder, Frau, Schwiegereltern, Großeltern, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen – alle wollen was von mir. Das schlaucht auch, aber was willst du machen?“
Arlo: „Hast du in der Schule nicht gelernt, edel sei der Mensch, hilfreich und gut…?“
4. Jahrzehnt: „Hilf und reich wären ein Paar. Reich bin ich nicht, wie denn helfen? Ich tue aber mein Bestes.“
Hazi. „ Und Gewinne und Verluste?“
4. Jahrzehnt: „ Ohne Fleiß kein Preis! Das gilt immer noch. Ich mühe mich ja redlich und wenn alles gut läuft, geht es noch eine Weile. Aber ich passe verdammt auf, dass immer was übrig bleibt. Keine Risiken, kein Leichtsinn, möglichst keine großen Verluste. Diese Erfahrung verdank ich der teuersten Schule der Welt. Da hab ich Lehrgeld zahlen müssen!- Und nun gebt den Weg frei, ich muß schaffen, schaffen, Häusle bauen!“
Arlo: „ Nur ein Letztes noch, wie wird’s bei dir im Alter?“
4. Jahrzehnt: „ Ich denke, ich lebe, um alt zu werden. Und dann will ich es wissen! Wird eine tolle Zeit: Lange schlafen, gut frühstücken, spazieren, flanieren, Siesta, zum Biere und daheim ein braves Weib! So wird’s gehen!“
Arlo: „Keine Zukunftsangst, wir gönnen es dir. Aber wir kommen mit dir keinen Schritt weiter. Trotzdem, zieh von dannen.“ (ab)
Arlo: „Du Harzi, wir brauchen einen noch älteren Jahrgang, einen mit Kriegs- und Nachkriegserfahrung, der kennt noch Hunger und Durst, Kälte und Hitze und alle Ängste! Der hat mehr Fleisch auf den Knochen und kennt vielleicht das Wort Solidarität noch, der gibt ab. Versuchen wir es noch einmal!“

6. Bild

Eine Person im 5. Lebensjahrzehnt erscheint…die fangen sie nun weg.
Harzi: „Hallo, Adonis. So frohgemut? Wir suchen nach einer besseren Biografie, kannst du damit aushelfen?“
5. Jahrzehnt: „Meine war schwer genug, da darf nun nichts mehr dazwischen kommen, nichts passieren, die brauche ich für mich!“
Arlo: „Und wenn du alt bist, wird es dann reichen? Wie steht es mit Gewinnen und Verlusten bei dir?
Harzi: „ Lass, Arlo, ich spür es schon, das wird auch wieder nichts. Seien wir geduldig, schicken wir uns drein. Wer uns nichts gibt, dem sind wir nichts schuldig!“
Arlo: „ Aber nur, wenn ich das Leben anderer betrachte, wird auch meines wieder erträglich. Mir graust vor Altersarmut…also Freund, wie ist deine Bilanz, kann ich was abzwacken?“
5. Jahrzehnt: „Wenn ich meinen Jetztzustand konservieren könnte – dann sähe die Zukunft gut aus. Wenn ich mich auch noch werde strecken müssen: das Haus muss fertig werden, ein besseres Auto soll her, Urlaub ist immer wieder nötig, Kuren sind kaum zu bekommen, Schichtarbeit ist die Regel, aber die bekommt nicht jedem. Kino, Theater, Volksfest bleiben die Ausnahme. Manchmal denke ich, Länger am Leben sein, heißt ganz und gar nicht, auch wirklich länger zu leben!“
Arlo: „Dich treibt also auch die Frage um: Gibt es ein Leben vor dem Tode?“
Harzi: „ … Lasst es gut sein, wir werden uns in unser Schicksal ergeben müssen …!“
5. Jahrzehnt: „Vielleicht so:
Du hast zwei Hände und einen Mund,
Lern es ermessen,
Zweie sind zur Arbeit,
Und einer nur zum Essen!“
Arlo: „Wenn es so einfach wäre. Ich habe im Wesentlichen nur den Mund, die Hände dürfen ja nicht!“
Harzi: „Also, komm gut nach Hause! (ab) Mir scheint, ein unnütz Leben ist ein früher Tod.“
Arlo: „Verbleiben wir so: Zwischen heut und Morgen, liegt eine lange Frist. Lerne schnell besorgen, da du noch munter bist!“

7. Bild: Epilog

Und so wollen es Arlo und Harzi noch ein letztes Mal versuchen, sich etwas mehr Biografie zu verschaffen, sie treffen auf drei rüstige Herren, aber die…
6. Jahrzehnt: „ …Halt, halt junge Leute, immer langsam mit die jungen Pferde. Wo soll es denn hingehen?“
Arlo: „Wir wollen Land gewinnen, unsere Biografie aufbessern. Habt ihr davon was übrig?“
Harzi: „Ja, klar, eure Habenseite. Gewinne minus Verluste, was gibt da die Vergangenheit so her?“
6. Jahrzehnt: „Haben und kriegen ist zweierlei. Habt ihr gar keine Achtung vor dem Alter, dann (bedrohlich) wenigstens Respekt! Wir könnten euere Väter und Großväter sein. Wie kommt ihr überhaupt in diese Lage…?“
Arlo: „Zu Anfang lief das ja noch einigermaßen, ich hab was gelernt, dann gleich noch was anderes gemacht – wie es eben kam. War aber immer als erster wieder draußen und fing wieder neu an. Aber es wurde nur eine Abwärtsfahrt Erst Mehlstauballergie, dann auch noch Baustauballergie. Das war es dann .Langsam siegte die Arbeitslosigkeit. Am Ende konnte ich von Arbeit nicht leben. Zusatzverdienste mussten her. Seht mal in die Zeitung, was da so angeboten wird! Verkaufen sie für uns, das wird aber nicht so genannt. Du bist dann Vertriebsleiter, Teamleiter, Neukundenpfleger, gar Bezirksleiter mit Leistungsbonus! Am Ende fährst du Pizza aus, verteilst Prospekte, telefonierst mit fremden Menschen. Dabei sollst du leistungswillig, ehrgeizig, redegewandt, begeisterungsfähig, gar dynamisch sein. Und immer verdient jemand mit an dir. In Bewerbungen darfst du solche Arbeit gar nicht erwähnen, die gilt unter Kennern schon als asozial. Und so landest du immer wieder bei der Arbeitsagentur, wenn es noch gut läuft. Wenn aber nicht…, frag Harzi…!“
Harzi: „Zuerst lernte ich Brauer, aber sieh in die Brauerei. Alles Maschinen und Automaten. Da wird kaum noch jemand gebraucht. So bekommst du dein Etikett – schwer vermittelbar-und schon war ich raus und ganz unten und es kam auf mich nicht mehr an, ich wurde als Nummer verwaltet in dieser bekannten Abwärtsspirale. Ich war einfach ein Fehlläufer. Und da kamen wir letztendlich auf die Idee, andere Biografien zu erkunden und für uns zu nutzen. Und jetzt seid ihr dran, wie liefen die Dinge so bei euch?“
7. Jahrzehnt: „Wir durften das Land aufbauen nach dem Krieg, Arbeit die Fülle. Aber wenig zu essen gab es. Es hieß nur immer: Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben. Nun ist morgen und die Rente reicht gerade so und schon nagt der Fiskus daran herum.“
8. Jahrzehnt: „ Ich hatte gerade noch Glück mit dem Krieg, aber nicht mit dem Nachkrieg. Böse Zeiten, kein Honigschlecken! Und wer in der Jugend durch Mühsal sich geschlagen, den rührt es nicht, wenn sich die Jungen wieder plagen! Zukunft ist nun bei uns sehr knapp, aber Vergangenheit, jede Menge!“
6. Jahrzehnt: „Es bleibt euch nichts übrig, ihr müsst die Verhältnisse ändern, sonst ändern sie euch! Geschenkt wird auch heute nichts! Aber das wäre schon Landfriedensbruch oder noch was Schlimmeres. Also, helft euch selbst, so hilft euch Gott!“
7. – 8. Jahrzehnt, nach einiger Beratung: „Also, einen Rat haben wir für euch: Lernt die Altenpflege und macht damit euere Mark, resp. Euro. 20 Millionen Senioren, wenn das kein „Markt“, kein Arbeitsfeld ist…da tummeln sich so viele. Sie bezahlen euch und so kommt ihr auch noch zu was am Ende. Und, umso besser ihr pflegt, desto länger leben wir, euer Vorteil und unserer…!“
Arlo und Harzi: „Schönen Dank auch,,,!“
6.- 8. Jahrzehnt: „Mit schönen Dank hat der Schmied seine Katze totgefüttert…!“

***
Ende
Ein Stück von Hartmut Jeromin, bei dem auch das Copyright ist.

Wenn Sie dieses Stück aufführen oder öffentlich lesen, bittet der Autor, Harmut Jeromin um eine Rückmeldung! (Über diese Webseite)

Link: Herr Glück und Frau Geld