20.12.2016 - von Hartmut Jeromin, GEW- Sachsen
Rente… muss für ein gutes Leben reichen! Fordert nun der DGB u.a. Damit bekommt er volle Säale, so auch am 26.11.16 in Dresden. Vom DGB in Sachsen wollte Iris Kloppich kommen (schade), aus Berlin kam Annelie Buntenbach (gut), auch Leute von der Rentenversicherung Mitteldeutschland (wo liegt das denn?), von den Fachhochschulen Koblenz und Erfurt (Fachkompetenz), auch jede Farbe MdB’s (politisch unterscheidbar?), moderiert von Ulrike Stansch (bewährt).
Andre Schnabel sagte eingangs, was von der Politik, wenn sie es gut meint, erwartet werden muss, (sie soll sich um Gesundheit, Arbeit, Frieden, Sicherheit, Bildung und eben auch um Rente sorgen), damit es uns gut geht im Gemeinwesen und wir lange leben auf Erden (Meßgrössen u.a. Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Fertilität, Müttersterblichkeit, Medianalter).
Sodann entwickelte Martin Winkelbach seine Gedanken: Die Deutsche Rentenversicherung vollzog in ihren 125 Jahren 170 Reformen, was besagt: wurde 170x geändert, Mal so, Mal anders! In ihren ersten 60 Jahren war sie vor allem Hinterbliebenenversorgung, falls der Hauptverdiener wegfiel, in weiteren 40 Jahren war sie lohndynamische Rente und die letzten 25 Jahre diversen „Anpassungen“ an den demografischen Wandel (also Einschränkungen) ausgesetzt. Abgebildet wurde das Ganze von der stetig veränderten volkswirtschaftlichen Rentenformel (die ich auch bei der BZpB fand).
Die von 1992 enthielt alle Werte irgendwie, dann kam die Belastung durch die Pflegeversicherung ins Spiel, dann der Demografiefaktor, dann ein Gewichtungsfaktor Alpha, sowie ein Nachhaltigkeitsfaktor. Danach ein Dämpfungsfaktor, dann die Riestertreppe – die Formel wurde immer länger.
Dabei kommt es in der Wirtschaft eigentlich nur auf die Bilanz von Ausgaben und Einnahmen an, weiß jeder Buchhalter. Und da entstand Streit: Wer zahlt wovon wieviel ein? Es stritten Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auch Staat (Beamte), Banken ( Kapitalerträge), Selbstständige…also die an der Wirtschaft Beteiligten um ihren jeweiligen Anteil an den Alterskosten.
Von den 2260,65 Mrd. € Volkseinkommen, bekamen 2015 42,979 Mio. Erwerbstätige 1540,27 Mrd. € als Entgelt (3612 € Brutto je Nase im Durchschnitt), die Unternehmer und Vermögende bekamen 717,54 Mrd € davon.
Die Lohnnebenkosten wurden Streitobjekt, es kam zu einem politisch gewollten und gesteuerten Ausstieg aus der lohnbezogenen, paritätischen Rentenfinanzierung. Die Medien wurden dazu gebraucht/ mißbraucht: Sie suggerierten, daß RV-Beiträge auf dem Finanzmarkt auch für Erwirtschaftung von Renten genutzt werden können. So wurde langsam aus der Umlage- eine kapitalgedeckelte Rente. Die sollte mindestens 4% Zinsen erbringen für das System, ließ aber alle Finanzkrisen und Bankenkrisen aussen vor, so wurde die Riester-Rente (10% Verwaltungskosten!)der Flop!
Und nun schreit alles nach „Haltelinien“, Altersgrenzen, Abschlägen, Neubewertungen, Anrechnungszeiten und Beitragssätzen, sowie nach Revision der damaligen politischen Entscheidungen und rechnen und rechnen und rechnen…Schuld sei entweder die Wirtschaft oder die demografische Entwicklung.
Aber im Vergleich Standardrente (1370 €/ Juli 2016) zu Standardlohn (3612 €/ 2015) sank das davon errechnete Rentenniveau weiter (2000/ 53 %, 2015 48 % vor Steuern), also eindeutig Abstieg trotz Rentenerhöhungen! Im Osten noch etwas tiefer. Dabei war die Bilanz der umlagefinanzierten Rentenversicherung am Beginn diese Vorganges ca. 1998 stabil und hätte notfalls durch Beitragserhöhungen jederzeit gesichert werden können, aber, s. politische Programme der Parteien in den letzten 25 Jahren! Geld war immer genug da, es kam jeweils auf die Verteilung an!
Annelie Buntenbach vom DGB versuchte nun, diese Zahlen ins Politische zu übersetzen. Sie brachte ins Spiel, dass einige Faktoren das Rentensystem zusätzlich verändern, wie z.B. der Wegfall der Wehrpflicht oder der Mindestlohn oder der Niedriglohnsektor, besonders aber hatte sie den Daumen
auf der Tatsache der wieder höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen. Zudem sind Frauen- Renten durchschnittlich 20% unter Niveau.
Und bezüglich der Angleichung der Ostrenten scheuen alle klare
Aussagen, die Regierung setzt derweil wieder und immer noch auf eine biologische Lösung, weil der Osten inzwischen zu wenig Wähler aufweist (MV 1,6 Mio. Einw.), da kann man ihn stiefmütterlich behandeln, Wahlen werden anderswo entschieden.
Alle Redner konstatierten eine zu erwartende Altersarmut. Forderten, das Rentenniveau zu sichern und wieder anzuheben, zur Parität der Finanzierung zurück zu kehren, die Lasten gerechter zu
verteilen und wieder mehr Tarifbindung in der Entlohnung.
Die DGB-Rentenkampagne treibt die Debatte und hat schon eine Menge bewirkt. Auch der Blick nach Österreich und in die Schweiz gab Mut, weil er zeigt, dass bei Renten/ Pensionen mehr möglich ist (z.B.13. u.14. Rente im Jahr), wenn mehr eingezahlt wird und z.B. für das Militärische weniger verbraucht wird (nur 0,7% vom BIP).
Wenn ich mir aber meinen Steuerbescheid 2015 ansehe und in Folge kalter Progression des Steuertarifs in 5 Jahren eine Erhöhung der Steuerlast auf mein Renteneinkommen auf 375 % feststelle, begreife ich die Worte des Steuerberaters: „Die Rentner werden sich wundern!“
Da wurde in aller Stille mit der Rentenbesteuerung (nachgelagert) eine neue Kampflinie eröffnet! Die sichert zunächst die Arbeit und das Einkommen der Rentenberater und hintenherum auch die Bilanzen des Staatshaushaltes.
Auch deshalb tat ich mir die Nachmittagsrunde mit den Politikern nicht mehr an.
Sie werden es verwinden können?
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