Kriegers Abschied
12.10.2017 - von Hartmut Jeromin
So schnell schießen die Preußen nicht - oder was bekam des Soldaten Weib? Also, die Frauen der Soldaten hatten und haben ein Risiko: Sie können verwitwen. Andere Frauen natürlich auch. Schon immer war das so, besonders in Kriegszeiten. Verwitwete Männer konnten sich schneller wieder verehelichen, so sie am Leben blieben, sagt jedes Märchen -und die Ihren versorgen, wie und wodurch auch immer. Aber die 200.000 Witwen des 1. Weltkrieges samt der 2.000 000 Waisen in Deutschland (von den 14 Millionen Soldaten blieben 2 Millionen auf „dem Felde der Ehre“!) hatten zunächst nichts, nur den Witwenschleier.
Die höheren Militärs waren meist Beamte und wurden nach „althergebrachten Regeln des Berufsbeamtentums“ versorgt, der niedere Adel konnte im Kriege gar unliebsame Miterben entsorgen, auch z.B. Bauern oder Mühlen- oder andere Besitzer. Wer „ nicht abkömmlich“ war, hatte ein geringeres Risiko.
Für adlige Damen gab es Witwenstifte, nach der Reformation oft in ehemaligen Klöstern, meist materiell gut ausgestattet, gut zu studieren im ehemaligen Kloster Dobbertin. Auch Fontane tat sich da um … Die lebten da lange und sehr gut, es konnte die Welt ringsum in Flammen stehen oder untergehen…
Die Historikerin Anna Ogdowski referierte dazu am 06.09.17 im Brandenburg-Preußen-Museum in Wustrau bei Neuruppin. Basis war ihre Magisterarbeit von 2014 an der Uni Potsdam, vormals PHP, zum Thema „Altern in Preussen …“ .
So bekam nach dem 1. Weltkrieg die Gesellschaft der Weimarer Republik ein Problem mit dem kriegsproduzierten Frauenüberschuß! Die Staatsfinanzen wurden ungebührlich belastet. Das politische System „Weimar“ geriet schon dadurch unter Druck. Da mußte etwas gefunden werden. Anna Ogdowski fand im Potsdamer Staatsarchiv die Belege dazu, z.B. in den Akten der Heeresversorgung …
Und nun tauchen bei ihr viele Begriffe der Jetztzeit in ihrer ursprünglichen Form auf: Altersnot, Stammfamilie, Mehrgenerationenfamilie, Asoziale, Hilfsbedürftige, Kriegsgeschädigte, Massenelend, Armenhilfe, Ernährer, Renteneintrittsalter, Heimunterbringung, Armutspflege, Wohlfahrt, Subsidaritätsprinzip, alleinlebende Witwen, Versorgungsgemeinschaft, nutzlose Alte, Arbeitsscheue, Schwachsinnige, Trunksüchtige, Arbeitshaus.
Hinzu kamen die politischen Begriffe wie Inflation, Wirtschaftskrise, Nebenerwerb, Untervermietung, Existenzangst, Sozialhygiene, Mittelstand, u.s.f. Sehr gut verstand es die Referentin die Evolution der „Fach- und Kampfbegriffe“ des Sozialen deutlich zu machen bis hin zu den Verirrungen der Nazizeit, wie Rassenhygiene, Eutanasie.
Das Soziale entwickelte sich neben der caritativen Altenpflege (s. Pietismus in Preußen und christliche Lebensideale), der Beamten- und Angestelltenversorgung und den Versorgungsleistungen in den Familien zwangsläufig infolge der Besitz- und Produktionsverhältnisse im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, aber mehr noch infolge politischer Fehlleistungen in beiden Systemen nur langsam und in kleinen Schritten.
Und so gab es erst bei Bismarck ab 1889 die erste Rentenversorgung für Arbeiter (für 15,4 Millionen Arbeiter, Rente zunächst ab dem 70. Lebensjahr, seit 1916 ab dem 65. Lebensjahr, dafür waren 30 Arbeitsjahre mit 60 Std.-Woche nötig mit 1,7% Beitragszahlung, je 1/3 vom Unternehmer, vom Versicherten, vom Staat aus Steuermitteln, nachweisbar durch Markenkleben und handgeschriebenes Datum darauf, und ab 1911 eine staatlich organisierte Hinterbliebenenversorgung. Allerdings noch mit einer „ständischen Logik“: Witwen der Arbeiter wurden nur bedingt versorgt, wenn sie invalid wurden, also nicht mehr arbeiten konnten, Witwen von Angestellten unbedingt, d.h. im Falle des Wegfalls des „Ernährers“ wird gezahlt.
Also müssen die unteren Stände selbstverständlich möglichst bis an das Lebensende arbeiten um ihre Leute zu versorgen! Aber natürlich, langsam werden auch Rechtsansprüche sichtbar in diesen sozialen Zusammenhängen, nur eben nicht für alle in gleicher Weise! Und schon ab 1907 gab es auch ein „Militärhinterbliebenengesetz“: Danach bekamen entsprechende Stiefkinder und uneheliche Kinder – nichts! Bei „Kriegsgetrauten“ (1.Weltkrieg) mußten die Männer danach erst einmal 3 Monate durchgehalten haben, sonst gab es ebenfalls – nichts!
Offizierswitwen stand indes Pension zu, Witwen von „Mannschaften“ bekamen jährlich max. 540 RM, Witwen von Unteroffizieren max. 600 RM, Feldwebelwitwen gar 900 RM! Daraus resultierte dann nach beiden Kriegen ein „Onkelproblem“: Es wurden keine neuen Ehen eingegangen, um die Geldansprüche nicht zu gefährden, Kinder indes kamen … auch vom „Onkel“, was z.T. über Schulkinderbefragungen „erforscht“ wurde!
Sollte eine Frau aber vor der Heirat schon Ansprüche an die Renten-Kasse erarbeitet haben, wurden diese bei Heirat nun ausbezahlt, stellten also Mitgift dar, um dann im Witwenfalle aus der Beitragsleistung des Ehemannes in % der Beitragsleistung des Mannes neu berechnet zu werden … meine Großmutter wartete noch nach 1945 vergebens auf eine Witwenrente und meine kinderlose Tante heiratete schnell einen Lehrer und hoffte auf die Pension, die es aber in der DDR nicht gab in solchen Fällen, also trabte sie bis zur Rente auf Arbeit und ich sollte mich ihrer Meinung nach später Mal „selbständig“ machen.
Ja, so war das Altern im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Und danach? Es wäre sicher alles noch schneller und humaner verlaufen im Sozialen ohne diese schrecklichen Kriege in einem Jahrhundert und das scheint sich nun gerade nicht sehr schnell zum Besseren zu wenden, auch der kalte Krieg forderte seinen Tribut und ein Ende der Kriege scheint ebenfalls nicht in Sicht … meint Hartmut Jeromin, manches in der Politik dreht sich doch im Kreise, Kriegsgefahr allerorten … soziale Marktwirtschaft scheint auch nicht alles zu können, und meine Schwester hält dicht, was die eventuellen Ansprüche betrifft, die sie als Eltern für den unverheirateten Sohn im Krieg in Afganistan im Fall der Fälle zu beanspruchen hätten, nur ...
Brandenburg-Preußen Museum
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Sonnabend 07.10.2017 Museumsführung um 15 Uhr
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Sonntag 29.10.2017 Museumsführung um 11 und 15 Uhr
Dienstag 31.10.2017 Reformationstag in Wustrau (Freier Eintritt)
Weitere Führungen sind nach Anmeldung möglich.
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