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Gesundheit ist keine Ware!

Schweiz - 01.05.2017

Die steigenden Gesundheitskosten sind nach wie vor politischer Dauerbrenner. Spitäler weiten ihre ambulanten Dienste immer mehr aus, um dort Einnahmen zu generieren. Aufgrund der im stationären Bereich geltenden Fallkostenpauschalen ist es finanziell interessant, möglichst viele Abklärungen ambulant vorzunehmen. Das führt zu einem vermeintlichen Anstieg der ambulanten Kosten, welche der ambulanten Grundversorgung angelastet wird. Dabei ist klar: Wahrscheinlich die einzige Massnahme, welche die Kosten möglicherweise eindämmen könnte, wäre eine Stärkung der Hausarztmedizin, z.B. mittels eines Gatekeepersystems, was bedeutet, dass der Hausarzt alle Behandlungen koordiniert. Eine Stärkung der Hausarztmedizin bleibt deshalb weiterhin ein wichtige politische Forderung. Ein unverändert grosses Problem bleiben die unsozial über eine Kopfsteuer finanzierten Gesundheitskosten. Immer mehr Menschen müssen mit Prämienverbilligungen
unterstützt werden. Für viele Menschen sind die Krankenkassenprämien eine grosse finanzielle Belastung. Nur eine einkommensabhängige Form einer Finanzierung des Gesundheitswesens könnte hier Abhilfe schaffen. Sie muss weiterhin zentrale Forderung an eine Reformation des Gesundheitswesens bleiben.

Spitäler
Auch im sechsten Jahr nach der Einführung der Fallkostenpauschalen zeigt es sich, dass vor allem öffentliche Spitäler immer mehr finanziell unter Druck geraten sind, da sie mit dem Ertrag aus den Fallpauschalen nicht die dringend notwendigen Investitionen, z.B. für medizinische Geräte und nötige Gebäudesanierungen finanzieren können. Und doch ist dieser Service Public der Spitäler in der Zürcher Kantonsverfassung verankert. Die Lösung für diese Probleme soll nun die Überführung der Spitäler in Aktiengesellschaften bringen, der erste Schritt zur Privatisierung der Krankenhäuser !

Am 21. Mai wird die Bevölkerung darüber abstimmen, ob - wie von Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger geplant - das Kantonsspital Winterthur (KSW ) und die Integrierte Psychiatrie Winterthur (ipw ) in Aktiengesellschaften umgewandelt werden. Ziel dieser Umwandlung wäre das Erwirtschaften von Profit durch die Spitäler.
Dafür stehen bewährte Mittel bereit : Mehr Privatversiche rte behandeln und bei den Personalressourcen sparen! Was heisst : schlechtere Arbeitsbedingungen und erhöhter Leistungsdruck für die Angestellten , entsprechend negative Auswirkungen auf die nicht privat versicherten (!) Patienten. Klar ist : Gesundheit geht vor Profit! Der Service Public muss auch weiter eine gute Gesundheitsversorgung für alle sicherstellen . Deshalb: 2x NEIN am 21. Mai zur Spital - Privatisierung

Assistenzärzt_innen
Die Arbeitsbedingungen von Assistenzärzt_innen sind vielerorts nach wie vor inakzeptabel. Gemäss Arbeitsgesetz besteht zwar immerhin eine Maximalarbeitszeit von 50 Stunden, an vielen Orten wird jedoch 60-70 Stunden oder gar noch mehr gearbeitet. Auch die Regelung von Freitagen wird häufig nicht eingehalten. Zudem besteht der inoffizielle Druck, die eigenen Überstunden nicht zu dokumentieren, da man ansonsten Nachteile erfährt, wie z.B. weniger Chancen auf begehrte Operationen oder Anstellungen. In manchen Spitälern ist eine Dokumentation von Überstunden (und somit deren Kompensation oder Auszahlung) nicht einmalerlaubt. Ein weiteres, immenses Problem ist die zunehmende administrative Arbeit, welche den grössten Teil des Alltags darstellt und den Kontakt zu Patient_innen schmälert. Für viele Assistenärzt_innen ist dies frustrierend, da sie sich meist aus anderer Motivation fürdiesen Beruf entschieden haben.

Die Gründe für eine fehlende Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind v.a. politischer und finanzieller Natur, denn für eine Änderung müsste beispielsweise in mehr Studienplätze, Stellen oder Kinderbetreuung investiert werden. Eine radikale Veränderung der Missstände ist längst überfällig. Von alleine wird dies aber nicht geschehen. Wir sollten die prekären Bedingungen als Assistenzärzt_innen nicht stumm tolerieren – wehren wir uns, sei es durch Eigeninitiative, Zusammentun mit Arbeitskolleg_innen oder grösserer Organisierung!

Medizinstudium
2007 wurde das Schweizer Medizinstudium gemäss Bologna reformiert und zu einem Vollzeitstudium gemacht. Der straffe Stundenplan und die obligatorischen Kurse mit Präsenzkontrollen verunmöglichen unseren zukünftigen Ärzt_innen eine selbstorganiserte Bildung.
Zentrale Themen, die in der Bolgona-Medizin ignoriert werden, können kaum im Selbststudium erarbeitet werden. Anstatt Eigenverantwortung und kritische Reflexion zu fördern, besteht ein Klima der Verschulung und des Konkurrenzdruckes. Mit der Einführung der Bologna-Medizin wird ignoriert, dass viele Studierende trotz des 100%- Studiums einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen, um sich das Studium zu finanzieren. Verschärfend kommt hinzu, dass teilweise massiv höhere Gebühren anfallen. Beispielsweise sind die Gebühren für das Abschlussexamen um das Dreifache gestiegen.
Aktuell entscheidet eine Prüfung über die Zulassung zum Medizinstudium. Diese Prüfung gleicht einem Intelligenztest. Motive, Motivation und zwischenmenschliche Kompetenzen spielen in diesem Auswahlverfahren keine Rolle. Die Frage, warum der Bund und die Kantone trotz akutem Ärztemangel weiterhin an diesem umstrittenenAuswahlverfahren festhalten,bleibt offen.

Wir fordern

Kein Abbau im KVG-Bereich, das heisst freier Zugang zum Gesundheitswesen für alle

Kein Ausbau von Selbstbehalten im Sinne von: Wer krank ist, ist selber schuld und soll es auch bezahlen (z.B. Selbstbezahlung von Notfallpauschalen etc.)

Kein Qualitätsabbau in den Spitälern durch erzwungene Sparmassnahmen im Zusammenhang mit der Einführung der DRG

Kein Personalabbau in der Pflege, keine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen

Keine Sparmassnahmen in der Ausbildung der Assistenzärzt_innen

Eine radikale Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Assistenzärt_innen

Mehr Studienplätze für Medizinstudierende

Keine Zweiklassenausbildung in der Medizin durch zunehmende Verteuerung des Studiums

Mehr Möglichkeit zur kritischen Reflexion im Medizinstudium, mehr Flexibilität im Studium und mehr Möglichkeit zur selbstorganisierten Bildun

Quelle: Vereinigung unabhängiger Ärztinennen und Ärzte CH