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Gesundheitskarte + Telemedizin

14.01.2006 - von Hanne Schweitzer

Je weniger Ärzte und Artzpraxen es gibt, je mehr Krankenhäuser geschlossen werden, um so besser stehen die Chancen für die Virtualisierung der medizinischen Versorgung. Der gläserne Patient wird Realität, der persönliche Kontakt mit dem Arzt wird drastisch reduziert.

Telemedizin heißt das Zauberwort, das unsere medizinische Versorgung verbessern soll.

Telemedizin umfasst drei Bereiche:

  • 1.
    Zusammenarbeit von Ärzten über große Distanzen, z.B. per Videokonferenz.

  • 2.
    ÜBERWACHUNG von PatientInnen zu Hause durch Telemonitoring.

  • 3.
    Datenerfassung und Datenarchivierung (z.B. Gesundheitskarte)


  • Telemedizin wird neue Märkte für die Medizintechnikbranche kreieren. Bis 2010 soll der erhoffte Umsatzanstieg immerhin 42% betragen.

    Im Juli 2005 begann am Klinikum in Saarbrücken das erste RFID-Pilotprojekt. Daran beteiligt sind die Firmen Intel, Siemens Business Services und Fujitsu Siemens. Mit Hilfe der Radiofrequenz-Identifikation (RFID-Technik) soll in den Krankenhäusern der Zugriff auf Patientendaten vereinfacht werden und die Medikamentenverträglichkeit und Dosierungsicherheit besser kontrolliert werden.

    Auch die sogenannte Telekardiologie soll eingeführt werden. Als weltweiter Spitzenreiter beim Monitoring von Herzschrittmachern gilt die bundesdeutsche Firma Biotronik. Per Funk werden die Daten des Herzschrittmachers der PatientInnen an ein Handy geschickt. Dieses leitet die Informationen per SMS an das Servicecenter von Biotronic weiter. Dort werden die Daten auf eine Homepage gestellt und können vom behandelnden Arzt eingesehen werden. Die BKK Taunus ist die erste Krankenversicherung in der Bundesrepublik, die telemedizinische Betreuung zur ÜBERWACHUNG von Herzkranken als Kassenleistung anbietet.

    Zur Zeit nehmen 30.000 PatientInnen aus 30 Staaten an einem Feldversuch teil. Geplant sind TELEÜBERWACHUNGEN in Zukunft auch bei PatientInnen mit chronischen Wunden, Diabetes und Asthma.

    Auch IT-Anwendungen gehören zum Markt der Gerätemedizin. Anwendungsbbeispiel dafür ist die geplante Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte mit Paßfoto. 80 Millionen privat und gesetzlich Krankenversicherte sollen diese mitsamt aller gespeicherten Daten demnächst immer mit sich führen.

    Mit der freiwilligen Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte soll in acht Bundesländern ab April 2006 begonnen werden. (Bochum/Essen, Bremen, Flensburg, Heilbronn,Ingolstadt, Löbau-Zittau, Trier, Wolfsburg).
    Die Rahmenbedingungen legte die Gesellschaft für Telematikanwendungen (Gematik) fest. Bei der bundesweiten Einführung der Gesundheitskarte - der genannte Zeitpunkt variiert von 2008 bis 2010 -, die - genauer Mikroprozessor-Karte heißen müsste, handelt es sich um das grösste Telematik-Projekt weltweit.

    Verpflichtend soll sie in der Testphase für die Ausstellung und Aushändigung von Rezepten genutzt werden. Dazu erhalten 140.000 Ärzte und 21.000 Apotheken sowie 2.200 Kliniken und alle Krankenkassenfilialen einen elektronischen Ausweis, der ihnen den Zugang zum Patientenprozessor ermöglicht. Die Speicherung von Notfalldaten und Medikamentenallergien ist zunächst freiwillig. Geplant ist eine Dokumentation der verschriebenen Arzneimittel auf der Karte.
    Die geschätzten Kosten belaufen sich derzeit auf 1,4 Milliarden Euro. Welche IT-Unternehmen die fetten Aufträge für die Gesundheitskarte, den Hilfsberufsausweis, die Netzwerkrechner und die erforderlichen Vernetzungen erhalten werden, ist noch nicht entschieden. Beim IT-Lobbyverband Bitkom ist die Stimmung jedenfalls bestens. T-Systems, Siemens und BMW sind auf alle Fälle schon mal in der Testphase dabei.

    Welche Vorteile der gläserne Patient auch noch für andere Branchen mit sich bringen kann, erläutern die Kritiker der Gesundheitskarte. Die Gesundheitsfakten des Individuums können nach Ansicht der Datenschützer von Versicherungen, Banken und Arbeitgebern künftig genutzt werden, um Leistungen, Einstellungen oder Beförderungen zu verweigern. Die Einführung der Gesundheitskarte dient nicht den Interessen der PatientInnen, sondern der Profitmaximierung der Medizintechnikbranche. IT-Direktoren in den Bundesministerien sind bemüht, Hochtechnologie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu verankern.

    Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=1977