Gehirnjogging setzt auf Altersklischees

05.07.2006 - von Anke Schulz

Auf Spiegel online wird ein Computerspiel namens "Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging" beschrieben.

"Wie fit ist ihr Gehirn?" fragt dieses Programm einen gleich zu Anfang - und stellt schnell fest, dass es ungefähr auf dem Niveau eines 68-Jährigen liegt. Was - ohne ältere Mitbürger beleidigen zu wollen - nicht zufrieden stellen kann. Natürlich ist das ein geschickter Schachzug des Spiels, denn jetzt packt einen der Ehrgeiz und man macht täglich Übungen, die das Gehirn stimulieren, besondere Bereiche ansprechen sollen. Macht Kopfrechenaufgaben, zählt Silben oder Männchen, die in ein Haus hinein- und hinausgehen oderliest vor.

Wunderbar einfach geht das über den Touchscreen und das Mikrofon des Nintendo DS. Schnell stellt man fest, dass es mit der Gehirnleistung bergauf geht. Nach zwei Tagen ist man bei 48 angelangt, nach weiteren dreien bei 28, ein Glücksmoment, der nicht lange anhält, aber unbesorgt in die Zukunft schauen lässt: Noch ist das Gehirn nicht verloren.
Was das erklärte Ziel von Dr. Ryuta Kawashima ist, einem der weltweit führenden Hirnforscher, unter dessen Mitarbeit das Spiel entstanden ist - und den man als "Brillenschlange" beschimpfen kann über das Mikrofon. Und manchmal will man das auch - gerade dann, wenn das Gehirnalter wieder jenseits der fünfzig liegt.

Meiner Ansicht nach wird hier die Hirnforschung für das zweifelhafte Bedürfnis der Jüngeren, sich künstlich durch die Stigmatiserung der älteren Generation aufzuwerten, missbraucht; wobei ich jede andere Form der Diskriminierung - es könnten statt der 68jährigen ja auch Sonderschüler, Hauptschüler oder geistig Behinderte gewählt werden - für genauso beschämend halten würde.

Mit freundlichen Grüßen
Anke Schulz

"Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging" von Nintendo, für Nintendo DS, ca. 30 Euro; USK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung"

siehe dazu auch FAZ vom 21.7.06 Artikel von Andreas Rosenfelder

Link: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,424310,00.html
Quelle: Mail ans Büro gegen Altersdiskriminierung