Aufstand der Alten: ZDF hofft auf Skandal

11.01.2007 - von Hanne Schweitzer

Nach Sandra Maischberger ist es nun Nikolaus Brender, unter dessen Verantwortung das ZDF ein dreiteiliges Fernsehspiel produzierte, das die Euthanasie der künftigen alten Menschen zur Hauptsendezeit in einem Öffentlich-Rechtlichen Programm propagiert.

Dabei ist die zugespitzte Schilderung einer dumpfdeutschen Gesellschaft ohne Mittelstand, Widerstand, Vergangenheit, Moral, anarchistisches Moment oder gar Witz weniger störend, als die unverbrämt faschistoide Propaganda.

Als einzigen Ausweg aus dem fiktionalen Dilemma der Zukunft bietet der Film den Abschluss einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung an. Das passt. Ist es doch vor allem die Versicherungswirtschaft, die am meisten profitiert von der demografischen Lüge und dem forcierten Abbau des Sozialstaats.

Die gesetzliche Rentenkasse war immerhin gut genug, um nach dem Zusammenbruch der DDR Millionen ostdeutscher Renten zu finanzieren. Woher hätte eine private Rentenversicherung das Geld genommen?

Solche Fragen werden im Film nicht aufgeworfen. Stattdessen: der Tanz um das Goldene Kalb, inhumane Lebens- und Entlebensentwürfe, Verhaltens- und Denkweisen, zu denen keine Alternativen aufgezeigt werden, coole Bilder, High Tech. Propagiert wird eine kommerzialisierte Gesellschaft, ohne Solidarität, Bewußtsein, Gemeinsinn und Zukunft und - das Geschäft mit der Euthanasie, mit der Sterbehilfe, das Geschäft mit der Angst.

So etwas hat System und ist nicht neu.
In den 30iger und 40iger Jahren des letzten Jahrtausends war es Dr. Josef Goebbels, der dafür sorgte, dass die Medienschaffenden den "Geburtenrückgang und seine Folgen für Deutschlands Zukunft", ausführlich und immer wieder behandelten. Aber schon damals war die von Politik und Kapital verbreitete Lüge von der demografischen Katastrophe ein alter Hut.

Die Geburtenraten sinken in deutschen Landen bereits seit Ende des vorvergangenen Jahrhunderts. Ebenso konstant ist seitdem die Lebenserwartung gestiegen. Zusammengebrochen ist trotzdem NICHTS. Im Gegenteil. Das angeblich aussterbende Land, das die Last seiner Alten nicht mehr schultern kann, hat zwei Weltkriege begonnen und verloren, und kann es sich leisten, wieder munter mitzumischen im internationalen Militärgeschehen.

Dazu kommt: Wenn es immer weniger Kinder gibt, braucht die arbeitende Bevölkerung für immer weniger Kinder zu sorgen. Schulen, Universitäten können verkleinert werden, die Jugendarbeitlosigkeit geht zurück, Hörsäle sind nicht mehr überfüllt, das Öffentlich - Rechtliche kann am Kinderprogramm sparen.

Der Chefredakteur des Oldie-Senders ZDF begründet den Dreiteiler "2030 - Aufstand der Alten", allerdings mit der Absicht, die Alterung, den Kindermangel und die Rationierung medizinischer Leistungen in eine Bildsprache zu übersetzen, die den gesellschaftlichen Umbruch begreifbar mache.

Für die Bilder, die diesen "Umbruch" begreifbar machen sollen, ist Jörg Lühdorff verantwortlich, Jahrgang 1966 und damit noch zu jung, um einer der laut Drehbuch künftig aufständischen Alten zu werden. Zweimal wurde Lühdorff für Telekom-Spots ausgezeichnet, Fiktion lieferte er bisher für Pro 7, SAT und RTL.

Als Berater wurde ihm Reimer Gronemyer zur Seite gestellt. Der ehemalige evangelische Pfarrer und habilitierte Soziologe hat in seinem 2004 erschienenen Buch "Kampf der Generationen" das faschistoide Zukunftszenario bereits ausführlich geschildert.

Natürlich hofft man beim Sender auf einen Skandal. Das bringt wenigstens Einschaltquoten.

Übrigens: Im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden läuft noch bis zum 24.6.2007 die Ausstellung des Holocaust-Memorial- Museums in Washington: "Tödliche Medizin".

Die Ausstellung widmet sich der Euthanasie von psychisch Kranken und geistig Behinderten im Dritten Reich.

Link: http://www.interactors.org/luehdorff.html
Quelle: diverse