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Direktversicherung: Schafft`s die Piratenpartei NRW?

Köln, Venloerstraße 2011 Foto: H.S.

15.08.2012 - von Hanne Schweitzer

Wegen der Ungerechtigkeiten bei den Direktversicherungen hat ein Mitglied der Partei "Die Piraten", als erstes Mitglied sämtlicher in der Republik vorhandenen Parteien, am 13.8.2012 einen Antrag zum Wahlprogramm der Piraten für die Bundestagswahl 2013 formuliert. Damit bündelt und formalisiert der NRW-Pirat den Unmut all derer (und es handelt sich nicht um Tausende, sondern um Hunderttausende), die von der haarsträubenden Ungerechtigkeit und den Rechtsbrüchen betroffen sind, welche durch die rückwirkenden Gesetzesänderungen im Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) verursacht wurden und noch werden.

Anders gesagt: Die durch rot/grünes Regierungshandeln um erhebliche Teile ihrer privaten Altersversorgung gebrachten Direktversicherten, die bisher in KEINER Partei und bei KEINEM Funktionsträger Gehör gefunden haben, könnten - je nach Ausgang des Antragsverfahrens erleben, dass ihr Anliegen nach acht langen Jahren in ein parteiinternes Prozedere eingespeist wird.

Das Mitglied der Piratenpartei NRW greift im Antrag auf den Gehirnschmalz und - wie es heutzutage heißt, auf das "Engagement" von Betroffenen zurück, die u.a. auf der Webseite .altersdiskriminierung.de seit Jahren bemüht sind, Öffentlichkeit über das Thema Direktversicherungen herzustellen, die Betroffenen zur Gegenwehr zu ermuntern und miteinander in Kontakt zu bringen.

Der Antragstext:
Sozialversicherungsbeiträge bei der Auszahlung einer betrieblichen Altersvorsorge (Direktversicherung)
Antrag
Der Gesetzgeber hat im Jahre 2004 beschlossen, dass auf die Kapitalauszahlung einer betrieblichen Altersvorsorge in Form einer kapitalgebundenen Direktversicherung der volle Sozialversicherungsbeitrag der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch den Betriebsrentner zu entrichten ist. Diese Beitragspflicht wurde damit auf Einmalleistungen aus einer Kapitallebensversicherung ausgeweitet und zwar auch auf alle Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden (sog. Altverträge). Die gesetzlichen Krankenkassen verschicken seitdem Zahlungsaufforderungen an ihre Mitglieder, wobei die Beiträge auf 10 Jahre gestreckt werden und monatlich fällig werden.
Beispiel:
Bei einer einmaligen Auszahlung von 100.000 € aus einer Direktversicherung und dem aktuellen Beitragssatz von 15,5% (KV) und 2,2% (PV) ergibt sich ein Beitrag von 17.700 Euro. Betriebsrentner müssen daher 10 Jahre lang 147,50€ pro Monat Beiträge an die Krankenkasse entrichten (10 Jahre = 120 Monate).
Das Wahlprogramm der Piratenpartei für die kommende Bundestagswahl wird um folgenden Passus ergänzt:
Die PIRATEN sehen durch die rückwirkende Beitragspflicht für Altverträge den Vertrauens- und Bestandsschutz für die Verträge missachtet, die vor der Gesetzesänderung abgeschlossen wurden. Die PIRATEN kritisieren, dass Betriebsrentner auch den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Denn der Arbeitgeber hat keine Sozialversicherungsbeiträge für die Beiträge während der Ansparphase bezahlt. Daher soll die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für Altverträge (abgeschlossen vor 2004) wieder geändert werden, wobei drei Möglichkeiten gesellschaftlich und rechtlich zu diskutieren wären:
A)
Die Beitragspflicht für Altverträge wird wieder komplett aufgehoben.
B)
Alternativ soll die Beitragspflicht erheblich reduziert werden, vorzugsweise durch Begrenzung auf den halben Versicherungssatz des Arbeitnehmers und/oder durch die Anhebung der Beitragsdauer von 10 Jahren auf die in Versicherungskreisen übliche statistische Lebenserwartung, mit entsprechend verringerter monatlicher Belastung.
C)
Die gesamte Kapitalauszahlung ist einmalig unter Beachtung einer noch zu definierenden Beitragsbemessungsgrenze sozialversicherungspflichtig, wobei die Belastung deutlich unterhalb der derzeitigen Beiträge bleiben muss.
Falls keine völlige Abschaffung der Beitragspflicht konsensfähig ist, fordern die PIRATEN:
- Eine Ausweitung der Beitragspflicht auf Versicherte von privaten Krankenversicherungen. Die Möglichkeit wäre zu prüfen, inwieweit in diesem Fall die Zusatzeinnahmen in die private Krankenversicherung dem Betriebsrentner direkt zugute kommen könnten, in dem z.B. Altersrückstellungen aufgestockt werden.
- Die Einführung einer Informationspflicht gegenüber den Versicherten vor dem Vertragsabschluss. Staat und Versicherungsunternehmen sollen über die Beitragszahlungen im Alter transparent und umfassend informieren.
Laufende Beitragszahlungen in die Sozialversicherungen von Betriebsrentnern mit Altverträgen sollen gestoppt und an die neuen Regelungen angepasst werden.
- Die Ausweitung der Beitragspflicht auf privat Versicherte soll möglichst auch für Verträge umgesetzt werden, die seit 2004 abgeschlossen wurden.
- Insgesamt sollte eine Neuregelung der betrieblichen Altersvorsorge erfolgen mit klaren und transparenten Regeln. Die derzeitige Regelung, dass Verträge steuerlich gefördert werden, im Alter jedoch die Sozialversicherungspflicht voll greift, macht die betriebliche Altersvorsorge oft zu einem Verlustgeschäft, fördert stattdessen die private Versicherungswirtschaft und begünstigt daneben nur die Arbeitgeber. Außerdem verringern sich durch die betriebliche Altersvorsorge die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, was das Solidarsystem zusätzlich schwächt (geringeres sozialversicherungspflichtiges Bruttogehalt).
Beispiel einer Neuregelung:
Warum bekommen Bürger keine Förderung, die einen Mehrbeitrag zur Gesetzlichen Rentenversicherung leisten?
Begründung
- Die Beitragspflicht wird rückwirkend auch für Altverträge angewandt, selbst Verträge aus den 70er und 80er Jahren sind betroffen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war den Versicherten nicht bewusst, dass fast 20% ihrer Auszahlung später an die Krankenkasse geht. Diese rückwirkende Anwendung wird vor allem von den Sozialversicherungsträgern interpretiert, weil anscheinend nichts anderes festgelegt ist.
- Wichtige rechtsstaatliche Prinzipien werden verletzt
Bestandsschutz, Vertragstreue, Gerechtigkeit, Vertrauen.
- Der volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von derzeit ca. 17,7% ist zu entrichten, vorher war es bei Rentenzahlungen nur der halbe Satz. Dieser Beitrag wird zudem jährlich an die aktuellen Sätze angepasst, so dass die tatsächliche Höhe der Beiträge selbst bei Auszahlung der Versicherung nicht bekannt ist (wird also tendenziell eher steigen).
- Die Beitragszahlungen wurden auf einmalige Kapitalleistungen erweitert (also nicht nur auf Renten). Daher wurden klassische Direktversicherungen erfasst, bei denen eine Einmalzahlung zu Vertragsbeginn fest vereinbart wurde.
- Die Bemessung der Auszahldauer auf 10 Jahre entspricht nicht der sonst bei Versicherungen üblichen Betrachtung der statistischen Lebenserwartung. Diese ist viel größer und daher wären die monatlich zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge entsprechend geringer.
- Die Beiträge sind zu entrichten auf die gesamte Kapital- oder Rentenauszahlung, also nicht nur auf die Einzahlungen oder Erträge.
- Die Beiträge sind auch zu entrichten, wenn allein der Arbeitnehmer in die Versicherung eingezahlt hat (durch Entgeltumwandlung). Der Arbeitnehmer zahlt also in etwa auch den halben Beitragssatz, den sonst der Arbeitgeber hätte zahlen müssen.
- Die Beiträge sind nur bei gesetzlich Versicherten fällig. Privat Versicherte zahlen nichts, sparen also beim Beispiel oben 17.700 € gegenüber dem gesetzlich Versicherten. Begründung des Gesetzgebers: Bei privat Versicherten seien die Beiträge nicht an das Einkommen gekoppelt.
- Die kumulierten staatlichen bzw. steuerlichen Zuschüsse (Pauschalsteuer 20% bei Altverträgen) während der Einzahlphase werden später fast 1:1 an die Krankenkassen abgeführt. Die Rendite ist viel geringer, als den Versicherten zuvor weis gemacht wurde. Die betriebliche Altersvorsorge ist also eigentlich gesellschaftlich unsinnig. Die private Versicherungswirtschaft und die Arbeitgeber profitieren am meisten. Außerdem verringern sich durch betriebliche Altersvorsorge die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, was das Solidarsystem schwächt (geringeres sozialversicherungspflichtiges Bruttogehalt).
- Hohe Abfindungen bei der Auflösung von Arbeitsverträgen sind meist überhaupt nicht sozialversicherungspflichtig. Warum soll also ein Arbeitnehmer, der durch Gehaltsumwandlung 20-30 Jahre in eine Direktversicherung eingezahlt hat, so viel schlechter gestellt sein als jemand, der eine ähnlich hohe Summe vom Arbeitgeber ausgezahlt bekommt, wenn dieser betriebsbedingt das Unternehmen verlässt?
- Die Betriebsrentner wissen oftmals nichts von “ihrem Glück” und werden durch Zahlungsaufforderungen überrascht.
- Die Gesetzesänderung wurde 2004 ohne große politische bzw. gesellschaftliche Diskussion durch die Hintertür eingeführt.
- Die Politik kümmert sich nicht um die Belange der Betroffenen, wiegelt ab. Kläger und Insider berichten von Klüngeleien. Die öffentlich-rechtlichen Medien werden mundtot gemacht. Richter werden abgesetzt. Das alles findet fast komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Ralf Krüdewagen
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Bevor Sie als Direktversicherte/r nun jubilieren und sich entspannt zurücklehnen, weil Sie denken, dass sich jemand anderes um Ihre Belange kümmert: /b]
Auch bei der Piratenpartei wird nur mit Mehrheits-Wasser gekocht. Bevor die Ungerechtigkeit bei den Direktversicherungsverträgen durch eine Gesetzesänderung rückgängig gemacht werden kann, muss der obige Antrag aus NRW, unter der Schirmherrschaft der "Sozialpiraten" (dabei handelt es ich um eine Arbeitsgruppe bei den Piraten, die sich mit sozialen Themen beschäftigt), erst einmal bei der Mehrheit der Parteimitglieder "Fuß fassen", sprich in der internen Willensbildung der Parteimitglieder Gehör und Interesse finden. Das heißt: Eine große Menge der Mitglieder muß den obigen Antrag unterstützen. Leider ist das Thema Direktversicherungen aber für junge Piraten nicht von sonderlichem Interesse, auch ist es ziemlich kompliziert. Weshalb es bislang in der Partei nur auf wenig Interesse gestoßen ist. Es besteht also die Gefahr, dass der Antrag scheitert, dass er auf dem Bundesparteitag nicht mal zur Abstimmung kommt.

Findet er dort aber eine Mehrheit und wird, nicht wesentlich abgeändert, Bestandteil des Wahlprogramms der Piratenpartei, muss diese bei der Bundestagswahl 2013 so viele Stimmen bekommen, dass sie - entweder in der Opposition oder in einer Regierungskoalition - überhaupt die Chance erhält, diesen Teil ihres Wahlprogramms aufzugreifen und durchzusetzen.
[b]Deshalb werte, von der Ungerechtigkeit der rückwirkenden Direktversicherungverträge Betroffene: Nervt alle Piraten die ihr kennt oder trefft oder im Internet findet mit dem Thema Direktversicherungen!!!


http://www.kruedewagen.de/blog/2012/08/12/antrag-bei-den-piraten-zu-direktversicherung/
oder: Link

Link: Direktversicherung: Soll 9. 000 € zahlen…
Quelle: Krüdewagen Blog

Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema Direktversicherung:
14.08.2012: Direktversicherung: Jeden Monat 150 Euro
01.08.2012: Direktversicherung: 10 Jahre 127,01 pro Monat
29.07.2012: Direktversicherung: Soll 9. 000 € zahlen

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