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Kräfte bündeln und Widerstand leisten

08.03.2005 - von Ursula Selle

Die Sorge um die Altenpflege - Bewohner und Personal motiviert
mich, Ihnen zu schreiben.

Ich habe 27 Jahre in der Altenpflege gearbeitet und mich immer für diese engagiert. Die Lebens - und Arbeitsqualität der Mitarbeiter und Bewohner sind miteinander verkoppelt. Zwar war ich auf der Mitarbeiterseite aktiv im Berufsverband - im Bundesvorstand und als Bundesvorsitzende aber die Bewohner lagen mir ebenso am
Herzen. Ich habe meinen Beruf geliebt und würde ihn immer wieder
wählen.

Auch wenn ich heute Rentnerin bin, so bin ich noch immer aktiv
für die Altenpflege. Ich bin im Fachbereichsvorstand Ver.di für
das Land NRW und Fachbereichsvorsitzende Altenpflege für Duisburg, habe alle zwei Monate einen Altenpflegestammtisch in
Duisburg und bin in einigen Altenpflegeforen im Internet. So weiß ich wie es hier und in den anderen Bundesländern aussieht.

Die in meiner lange Betriebsratstätigkeit gemachten Erfahrungen
gebe ich an andere Betriebsräte in Altenheimen bundesweit weiter
und kenne ihre Probleme.

Zusätzlich hab ich ja noch meine Tochter, die als Altenpflegerin arbeitet, die bei mir ihren Druck ablädt.

Die Arbeitssituation ist eigentlich überall unerträglich geworden.
Wenn ich heute die Aktion "Nimm 2" von Ver.di sehe packt mich
das Grauen - ein Personalschlüssel von 2:1.
Der DBVA hat vor langen Zeiten schon 1:1,5 gefordert - den obigen
gab es schon.

Es ist also nicht besser sondern schlechter geworden. Besonders
da sich die Bewohnerstruktur in den Heimen verändert hat und
viele zusätzliche Aufgaben viel Zeit erfordern.

Die Pflegeversicherung, von der wir so viel erhofften, hat sich zum Nachteil ausgewirkt. Sicher, wir haben heute Qualitätssicherung
und Qualitätsmanagement; aber ich frage mich wirklich welche
Qualität gesichert werden soll - die fiktive oder reale?
Die Altenpflege ist ein Potjemkinsches Dorf geworden - viel schöner Schein und nichts dahinter.

Die Führung der Dokumentation ist oft zu einer Dokumentenfälschung verkommen -.

Das Personal ist hoffnungslos überfordert, verängstigt und gesundheitlich geschädigt. In einigen Häusern liegt der Krankenstand über 25%. Die Qualität der Pflege und des Lebens für die Bewohner ist entsprechend.

Eben tauchte doch wirklich noch die Frage im Altenpflegechat auf
"Wie human ist es in der Nacht zu waschen?"
Und viele bestätigten, daß es ihrer Einrichtung passiert - über ganz Deutschland verteilt.
Das kann und darf doch nicht so hingenommen werden!

Es ist an der Zeit die Kräfte zu bündeln und Widerstand zu leisten.

Sicher, ich weiß daß gerade in der Altenpflege der Organisationsgrad gering ist - aber was passiert in den bestehenden Organisationen? Was könnte man tun - vielleicht
gemeinsam? Es ist an der Zeit sehr laut zu werden wenn man nicht
schuldig werden will. Es geht um Menschenrechtsverletzungen
auf beiden Seiten - Personal und Bewohner.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=632
Quelle: Mail an Redaktion