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ADG: BDA will Entschädigungen begrenzen

08.04.2005 - von Hanne Schweitzer

Der BDA hat, unterstützt von zwei Ausschüssen des Deutschen Anwaltvereins und der Versicherungswirtschaft, zu seinen Trommeln und Rasseln gegriffen. Mit Unterstützung der willfährigen Trompeter in den Medien beginnt eine neue ideologische Schlammschlacht um das seit langem überfällige Gesetz.

Zur Erinnerung:
Schon 2001 legte die damalige Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin einen Gesetzentwurf zur Verhinderung von Diskriminierung im Zivilrecht vor. Ihr Entwurf nutzte den Spielraum, den die EU bei der Umsetzung ihrer Richtlinien einräumt. [Darin ist ausdrücklich die Rede von "Mindestanforderungen". Alle im Amsterdamer Vertrag aufgeführten acht Gründe, die häufig zu Diskriminierungen der BürgerInnen in den EU-Staaten führen, waren im zivilrechtlichen Gesetzentwurfenthalten. Auch das ALTER.

Der bürgerfreundliche Gesetzentwurf hielt sich nicht lange. Arbeitgeberpräsident Hundt gab der Welt zu Protokoll, das Gesetz sei "ein Projekt von weltfremden, missionarischen und ideologischen Bürokraten. Sollte es umgesetzt werden, würde das Vertrauensverhältnis zwischen Vertragspartnern beschädigt und der freie Geschäftsverkehr stranguliert." Der Gesetzentwurf verschwand ganz hinten in einer tiefen Schublade.

2005, vier Jahre später, ist es wieder der BDA der, u.a. unterstützt von zwei Ausschüssen des Anwaltsvereins und der Versicherungswirtschaft, den zivilrechtlichen Teil des Gesetzentwurfs kippen will.

Die Anwälte plädieren so:
Diskriminierungen im Zivilrecht aus Gründen des Alters, der sexuellen Identität, einer Behinderung, der Religion und der Weltansschauung müssen erlaubt sein.
Der Markt muss Vorrang vor Gesetzen haben;
"Prozeßflut";
"Rechtsunsicherheit";
"Bedenken gegen Sanktionen";
(dazu muss man wissen: Die EU fordert Sanktionen, die "wirksam", "verhältnissmäßig" und "abschreckend" sein sollen.)
Weniger Rechte für Antidiskriminierungsverbände.

Der BDA fordert:
Diskriminierungen aus Gründen des Alters, der Religion, der Weltansschauung, der sexuellen Identität und einer Behinderung sollen im Zivilrecht weiter erlaubt sein.
Antidiskriminierungsvereine sollen keine abgetretenen Ansprüche von ArbeitnehmerInnen einklagen können.
Sanktionen, sprich Entschädigungen, sollen auf einen festen Betrag für alle Arbeitnehmer -unabhängig von Lohn oder Gehalt - begrenzt werden.

Die Versicherungswirtschaft fordert:
"Die Versicherungswirtschaft muss aus dem Anwendungsbereich des Antidiskriminierungsgesetzes ausgenommen werden".

Wird es der bürgerfeindlichen Lobby gelingen, die SPD- und Grünen-Abgeordneten von ihrem Glauben und ihren Forderungen zu überzeugen? Immerhin bedeutet die sogenannte Eins-zu Eins-Umsetzung in Bezug auf das Diskriminierungsmerkmal Alter für alle jetzigen aber auch für alle Älteren der Zukunft:

1.
Diskriminierungen wegen des Lebensalters beim Sozialschutz einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste sind erlaubt.
2.
Diskriminierungen wegen des Lebensalters beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum sind erlaubt.
3.
Diskriminierungen wegen des Lebensalters beim Zugang zu sozialen Vergünstigungen sind erlaubt.
4.
Diskriminierungen wegen des Lebensalters beim Zugang zur Bildung sind erlaubt.

Am 13.4.2005 sollen die Ausschußsitzungen im Bundestag in Sachen Antidiskriminierungsgesetz abgeschlossen sein. Am 22.4.05 soll die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs folgen.

Mit den Zähnen möchte man knirschen ... Vier Jahre nach dem ersten Gesetzentwurf hat sich nichts verändert.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2045
Quelle: Frankfurter Rundschau, 6.4.05, FAZ, 6.4.05, Welt, 19.3.02,