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Neues Unheil in der Arzneimittelversorgung?

Foto: H.S.

24.09.2019 - von Gerd Feller

Mit dieser Frage beschäftigt sich Wolfgang P. Kuck im Gesundheitsmagazin „my life“ (Ausgabe 1.Juli 2019, S.38/39), das zweimal monatlich kostenlos in den Apotheken ausliegt. Es geht darum, dass der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Veränderungen in der bisher sicheren Arzneimittelversorgung plant, die für die Apotheken vor Ort, aber auch für die Patient*innen, und dabei nicht zuletzt auch für die älteren Menschen, erhebliche Probleme bringen könnten.

Demnach hat Spahn der Europäischen Kommission bereits im April 2019 vorgeschlagen, ohne Abstimmung mit den Ministerkollegen*innen und ohne Diskussion im Parlament die im Arzneimittelgesetz festgelegte Preisbindung zu streichen. Außerdem soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden.Mit einer elektronischen Patientenkarte könnte ich mich noch abfinden, aber das elektronische Rezept, das Spahn schon 2020 realisieren will, sollte erst mal gründlich von den Betroffenen, dazu gehört auch die Generation 60+, überdacht werden. I

n Zukunft sollen z.B. Arztpraxen E-Rezepte ausstellen können, die überall landen, auf den Handys der Patienten, bei Betreuern bettlägeriger Kranker, bei der Apotheke vor Ort oder einerVersandapotheke im In- und Ausland und selbstverständlich auch bei der Krankenkasse.Wer dabei mitspielt, geht nicht mehr zur Apotheke im Quartier, so dass diese Einrichtung der örtlichen Versorgungsinfrastruktur über kurz oder lang wahrscheinlich verloren geht.

Der Arzt oder der Patient selbst bestellt mit dem E-Rezept per Knopfdruck beim Versandhandel die Medikamente. Kleingeschriebene, oft schwer verständliche Gebrauchsanweisungen, werden dann den direkten Kontakt und das Beratungsgespräch mit einer Apothekenkraft ersetzen, genauere Nachfragen werden schwer oder gar nicht möglich sein. Den approbierten und mir bekannten Apothekerkräften vertraue ich jedenfalls mehr, als anonymen Hinweisen auf dem Display. Wer weiß dann noch, ob man es im Versandhandel mit pharmazeutisch ausgebildeten Kräften zu tun hat?

Meine Gesundheit möchte ich auf keinen Fall oberflächlich ausgebildeten und wenig engagierten Leiharbeitern anvertrauen. Es wird wohl vielfältige Anlässe zu Irritationen und Ärgernissen geben. Ausgerechnet kranke Menschen müssen sich dann damit herumschlagen. Die Vorteile der geplanten Änderungen liegen weitgehend beim Versandhandel und dessen Partnern. Da der Minister in einer Markus-Lanz-Show (ZDF) sagte, er handle lieber schnell, und wenn er sich geirrt habe, könne man ja korrigieren, befürchte ich, dass durch Oberflächlichkeit und politische Arroganz neues Unheil im Gesundheitswesen auch auf Bremer/innen zukommt. Deshalb sehe ich für die Bremer Seniorenvertretung die Aufgabe, dass sich zumindest der Arbeitskreis Gesundheit und Pflege mit diesen geplanten Änderungen, also auch mit dem Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes, ausführlicher beschäftigt.

Noch besser wäre, wenn sich alle Landesseniorenvertretungen damit befassten, um Unheil zu verhindern; denn Korrekturen bedürfen erfahrungsgemäß langer Wartezeiten, wenn sie überhaupt in Angriff genommen werden.

Quelle: DURCHBLICK, September 2019