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Angriff von Grünem auf das Berufsbeamtentum in Baden-Württemberg ???

Foto: H.S.

10.12.2019 - von Heinritz + Eicher

Bei der Übertragung des Tarifergebnisses des öffentlichen Dienstes auf die Landesbeamten und Pensionäre 2019 durch den Landtag Baden-Württemberg, hat es ein Abgeordneter der Grünen „gewagt“, dieser Übertragung NICHT zuzustimmen. Bei einem Interview begründete der Abgeordnete seine Haltung und vertrat die Auffassung, dass im Hinblick auf die auf Baden-Württemberg zurollende Pensionslawine, Beamte, wie z.B. Lehrer*innen, die keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen, nicht verbeamtet werden müssen.

Daraufhin wurde der Abgeordnete vom Beamtenbund BW heftig angegriffen. In einem Schreiben des Landesvorsitzenden des Beamtenbundes BW Herrn Kai Rosenberger an den Fraktionsvorsitzenden der Grünen Herrn Andreas Schwarz, befürchtet dieser einen Angriff auf das Berufsbeamtentum. Grünen Fraktionschef Schwarz hat sich daraufhin öffentlich von seinem Fraktionsmitglied distanziert, was eine politische Kapitulation vor den Interessen der Landesbeamten darstellt. Das Bündnis für Rentenbeitragszahler und Rentner e.V. hat sich diesbezüglich mit einem Schreiben an den Fraktionsvorsitzenden der Grünen in Baden Württemberg, Herrn Schwarz gewandt:

Bündnis für Rentenbeitragszahler und Rentner e.V.
An: Herrn Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, Landtag Baden-Württemberg
Zur Kenntnis: Herrn Kai Rosenberger Landesvorsitzender Beamtenbund BW
Offener Brief 02.12.2019

Sehr geehrter Herr Schwarz,
mit den zuletzt guten Wahlergebnissen für die Grünen sind diese offensichtlich in der Mitte der Etablierten- oder Altparteien angekommen. Da schreibt Ihnen einer der größten Lobbyistenvertreter und Besitzstandswahrer, Herr Kai Rosenberg, Chef des Beamtenbundes Baden-Württemberg, einen Brief, in dem er seine Besorgnis ausdrückt, dass von Seiten der Grünen ein Angriff auf das Berufsbeamtentum zu befürchten ist. Und das obwohl, unter Führung der Grünen, gerade gegen jegliche Vernunft und Hinweise des Landesrechnungshof auf die hohen Personalkosten, das Tarifergebnis des öffentlichen Dienstes auf die Landesbeamten übertragen wurde.

Dass damit die Besoldungserhöhung üppiger ausfällt, als die Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst, weil Beamte keine Renten- und Arbeitslosenbeiträge entrichten müssen, wird einfach hingenommen. Auf die Interessen zukünftiger Generationen, welche über ihre Steuern Besoldung und Pensionen finanzieren müssen, wurde keine Rücksicht genommen. Der Begriff Generationengerechtigkeit, auf den bei Rentenerhöhungen immer reflexhaft hingewiesen wird, ist den Grünen bei der Finanzierung von Besoldung und Pensionen keinerlei Erwähnung wert.

Auch wird der Öffentlichkeit nicht angemessen vermittelt, dass bei der Übertragung des Tarifergebnisses nicht nur die Besoldung der aktiven Beamten erhöht wurde, sondern auch in gleichem Umfang die schon üppigen Pensionen. Und das, obwohl Pensionäre, laut statistischem Bundesamt, in unserer Gesellschaft die wohlhabendste soziale Gruppe bilden.

Eine Überprüfung der Bedürftigkeit, wie bei der vorgesehenen Grundrente im Koalitionsvertrag vereinbart, ist bei Pensionären unvorstellbar. Ebenso wird der Tatsache keinerlei Beachtung geschenkt, dass die durchschnittlichen Pensionen ca. dreimal so hoch sind( Männer B-W: 3.200.- Euro) als die durchschnittlichen Renten (Männer B-W: 1.100.- Euro) und damit die Schere immer weiter auseinander geht.

Welche Ungleichbehandlungen in den unterschiedlichen Altersversorgungssystemen stattfinden, zeigt sich dadurch, dass unter Führung der Grünen die Pensionäre des Landes nicht nur für 2019 eine 3,2 prozentige Pensionserhöhung erhalten, sondern auch schon für 2020 mit 3,2 Prozent und 2021 mit 1,4 Prozent. Solche Automatismen, ohne Rücksicht auf die Haushaltslage, sind im Rentenrecht unvorstellbar, obwohl dort, im Gegensatz zu den Pensionen, über Jahrzehnte Eigenbeiträge geleistet wurden.

Dass der Beamtenbund an einem attraktiven öffentlichen Dienst und einer guten Besoldungund Versorgung interessiert ist, ist nicht anders zu erwarten. Dass dieses Interesse Sie aber mit dem Beamtenbund eint, ist nicht nachvollziehbar. Ihr Interesse als Politiker müsste sich an den Hinweisen des Landesrechnungshofs orientieren, der schon 2012 anmahnte, dass der Landeshaushalt nur durch nachhaltige Einsparungen bei den Personalausgaben erfolgreich konsolidiert werden kann.

Das sah damals auch die grün rote Landesregierung unter Winfried Kretschmann so.Offensichtlich hat die Fraktion der Grünen nur ein Mitglied (MdL Kern) aufzubieten das diese Faktenlage zur Kenntnis nimmt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Die Forderung, dem steigenden Pensionsaufkommen mit einer Einschränkung der weiteren Ausweitung des Berufsbeamtentums zu begegnen, ist nur die logische Folge.

Dass solche Denkanstöße für Sie als Fraktionsvorsitzender ein Grund sind, sich von dem Abgeordneten zu distanzieren, ist die politische Kapitulation vor dem Berufsbeamtentum. Der immer wieder angeführte Kampf um die besten Köpfe und die Wettbewerbsfähigkeit für den öffentlichen Dienst findet nicht statt! So schrieb die Frankfurter Allgemeine schon 2017: "Jeder zweite Student will Beamter werden." Bei einer deutschlandweiten Umfrage unter1.023 Studenten strebten 54 Prozent eine Verbeamtung an. Nur 8 Prozent konnten Beamte werden.

Wir beklagen heute die Schwächung der politischen Mitte und das Erstarken der politischen Ränder. Die Ursachen hierfür liegen auf der Hand: Ein Zwei-Klassensystem von solidarisch und nicht solidarisch Versicherten! Ein System das zwingend erforderlich ist, wenn man dieMenschen unterschiedlich behandeln möchte und dafür die Spaltung der Gesellschaft in Kauf nimmt. Der Verlust von Werten und Inhalten ist in allen Bereichen von Politik, Justiz und Wirtschaftersichtlich. Die Justiz ist eine tragende Säule dieser Entwicklung. Die Rechtsprechung in den Sozialsystemen ist voller Ungleichheit und es fehlt an Gerechtigkeit. Dies führt zu einer Entfremdung der Menschen zu diesem Rechtsstaat, der immer mehr den Begriff des .„definierten Rechts" in den Fokus stellt, und immer weniger den Begriff der Gerechtigkeit.

So wird es möglich, dass ganz offensichtliches Unrecht zu gültigem Recht wird und damit dieVersicherten in den gesetzlichen Sozialsystemen stigmatisiert und diskriminiert werden. Begleitend hierzu wird die gesetzliche Rentenversicherung systematisch negativ im Fokus der Öffentlichkeit gehalten, obwohl diese nicht die einzige Altersversorgung in Deutschland ist. Wesentlichen Anteil an dieser negativen gesellschaftlichen Entwicklung hat das Berufsbeamtentum.

Dieses Berufsbeamtentum versteht sich nicht mehr als Staatsdiener, sondern aufgrund seines Standes und der damit verbundenen institutionellen Machtfülle, als Staatsherren dieses Systems. Aus diesem Anspruch heraus halten sie ihre privilegierte Versorgung nach den „hergebrachten Grundsätzen" des Berufsbeamtentums {GG Art.33 Abs.5) für gerechtfertigt. Die Hintergründe, welche zu dem GG Art. 33 Abs.5 führten, sind der Öffentlichkeit jedoch zumeist unbekannt. Diese Beamten haben nach 1945 maßgebend an der Erarbeitung des Grundgesetzes mitgewirkt, und gegen den ursprünglichen Willen der Alliierten den Absatz 5 im Artikel 33 Ins Grundgesetz eingebracht, der wohlwollend betrachtet, zu diesem Zeitpunkt ohne jeglichen Inhalt war und heute der Definitionshoheit der Richter (Beamte) obliegt.

Nach Kriegsende 1945 haben sich als erste Berufsorganisation die Beamten zum Beamtenbund zusammengeschlossen. Sie haben erreicht, dass nach und nach auch höhere Beamte und Richter wieder in Ihre früheren Positionen eingesetzt wurden. Am 13.10.2014 schreibt dazu die SZ: „Dafür sorgte im großen Ganzen der selber unbelastete Machiavellist Konrad Adenauer, dafür sorgten die im Bundestag vertretenen Parteien, dafür sorgten im Einzelfall Beamte und Juristen, die von einem unglaublichen Korpsgeist beseelt, alles taten, um auch Massenmörder laufen zu lassen. Recht und Rechtsprechung wurden im Interesse der Staatsraison systematisch zu Unrecht, (s. auch Ingo Müllers Buch Furchtbare Juristen/EditionTiamat).
"Beamte dienten schon im Kaiserreich und im 3. Reich „treu" ihren Dienstherren und schufen so deren Machtbasis und Machterhalt. Dafür wurden sie immer bevorzugt behandelt.

Und von Anfang an dominieren Beamte auch die Legislative, die Exekutive und die Judikative inder Bundesrepublik Deutschland. Als das Bundesjustizministerium 2012 anfing, seine eigeneVergangenheit aufzuarbeiten, hat eine erste Bestandsaufnahme ergeben, dass noch in den1960er-Jahren sämtliche Abteilungsleiter im Ministerium eine einschlägige Nazi-Vergangenheit aufwiesen (SZ vom 11.06.2013 - Furchtbare Einser-Juristen - alte Nazis machten nachdem Krieg im Justizministerium Karriere).

Ergebnis: Die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" wurden nach und nach in Zusammenarbeit von Beamtenbund mit der Gesetzgebung und der Rechtsprechung (sind selbstverständlich alle Beamte) geschaffen und im öffentlichen Bewusstsein verankert. Für das Berufsbeamtentum gibt es keine Globalisierung ihrer Arbeitswelt und ihre Versorgung basiert teils auf dem Rechtsverständnis des Preußentums und des feudalistischen Kaiserreichs.

Dieser herrenrechtliche Anspruch wird durch Präsens in Legislative, Exekutive und Judikative abgesichert. Durch die Besetzung aller Gewalten mit den gleichen Interessensvertretern wird die Gewaltenteilung ad absurdum geführt. Die Verzahnung der Staatsorgane und die damit verbundene Zusammenarbeit des Berufsbeamtentums über alle Institutionen hinweg, läuft der Trennung der Staatsgewalten zuwider und stellt durchLobbyismus die zentrale Stellung des Parlaments - und damit die demokratischen Strukturen - in Frage.

Es wäre deshalb an der Zeit, Art.33 Abs.5 aus dem Grundgesetz ersatzlos zu streichen. So wie Soldaten „Bürger in Uniform" sind, sind Beamte „Bürger im Staatsdienst." Daraus eine privilegierte Stellung gegenüber allen anderen Arbeitnehmern abzuleiten ist nicht mehr zeitgemäß.

Das heutige Zwei-Kiassensystem birgt die Grundzüge eines Apartheidrechts in sich, in dem für die Einen nicht gilt, was für die Anderen selbstverständlich Ist. Dieses System stellt die Grundlagen für eine friedliche, freiheitliche und rechtsstaatliche Ordnung mehr und mehr infrage. So kann der Zusammenhalt der Gesellschaft nicht gelingen.

Die MdL-Grünen BW haben mit der Übertragung des Tarifergebnisses des öffentlichen Dienstes auf die Landesbeamten und ihrer Flucht vor der gesetzlichen Rentenversicherung bei ihrer eigenen Altersversorgung in ein Versorgungswerk, bewiesen, dass sie nicht mehr für eine Bürgerversicherung zur Verfügung stehen.

Mit freundlichen Grüßen
Herbert Heinritz, Bernhard Eicher, Bündnis fürRentenbeitragszahler und Rentner e.V.

Quelle: Bündis für Rentner und Rentenbeitragszahler