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Meine Mutter liegt im Sterben und Besuchsrecht muss erkämpft werden!

Foto: H.s.

30.05.2020 - von O.G.

Meine Mutter liegt im Sterben, in einer kleinen Wohnung im Betreuten Wohnen eines schönen Kölner privaten Heims und ich muss mir mein uneingeschränktes Besuchsrecht per richterlichen Beschluss erkämpfen. Muss so ein alter Mensch, der sein Leben gemeistert hat, sie war ein so außergewöhnlicher Mensch! - so aus dem Leben gehen?
Dabei glaubte ich anfangs, sie sei gut untergebracht in einem schönen ansprechenden Haus....
Ab Pfingstsonntag wird mir nun endlich für 2x2 Std. wöchentlich aufgrund des dringenden Anratens der Hausärztin meiner Mutter Besuch erlaubt sein. Aber eigentlich zu spät. Es wäre schon Anfang Mai möglich gewesen, als es ihr nach der langen Isolation noch recht gut ging. Aber das reicht mir nicht. Denn ich muss dann wieder bangen, ob ich sie dann nach ein paar Tagen überhaupt noch sehe, mich in Ruhe verabschieden. kann Alles was sie will, ist jetzt in Frieden sterben.

Mitte März (!) mein vorläufig letzter Besuch für einen langen Zeitraum: Die alte Dame bewegte sich mit ihren 96 Jahren noch über die Flure des Heims und ging dann nachmittags ins Cafe des Heimes. Sie bekam Hundebesuch, wurde von mir und einer privaten Seniorenbetreuung betreut, hatte Ergotherapie, Physiotherapie und genoss das Mittagessen in einer betreuten Gruppe der älteren Herrschaften.

Sie hat trotz ihres hohen Altersnoch gerne gelacht und meine Gegenwart war ihr das Wichtigste. Ich war ihr "Mäuschen", "Möppchen" (man bleibt immer das Kind). Sie liebte die Spazierfahrten am Rhein, bekam nie genug davon, Schiffe zu beobachten.

Dann kam der Lockdown. Ende März stand ich vor der Tür und durfte nicht mehr zu ihr, gerade mal eine paar mitgebrachte Dinge abgeben. Telefonieren war nicht möglich, wegen ihrer Schwierigkeit.

Es war eine sehr schlimme Zeit, auch für mich. Die Vorstellung, dass sie völlig vereinsamt den ganzen Tag in ihrem Zimmer sitzt machte mir zu schaffen.

Kurz vor Ostern bekam ich einen Anruf des Pflegedienstes, man mache sich Sorgen um eine Mutter, sie habe aufgehört zu essen und zu trinken. Ich wollte sie sehen und man holte sie an das Fenster eines Büros. Ich bekam den ersten Schock: Was für eine Veränderung. Sie saß da, völlig teilnahmslos und apathisch, erkannte mich nicht. Auf meine Frage, warum sie im Rollstuhl sitzt, hieß es: Sie wolle nicht mehr laufen.

Da sich ihr Zustand verschlimmerte, sie nicht mehr aufstehen wollte, durfte ich dann mit der Ärztin zu ihr, um mich zu beraten. Ich entschied mich für Palliativmedizin. Durch mein Dasein kehrte ihr Lebensmut zurück und sie begann dann auch sogar wieder selbständig zu trinken. Auch hatte sie ein homöopathisches Präparat bekommen.
Sie konnte wohl auch wieder in den Rollstuhl und hat auch laut Aussage des Heims wieder gegessen und getrunken.

Später dann hätte ich sie im Außenbereich treffen können, aber es kam kälteres Wetter und das ging nicht. Der Pflegedienst versicherte mir, meine Mutter würde gut gepflegt.

Dann ging es wieder bergab. Ehrlich gesagt, ich kann verstehen, dass sie keine Lust mehr hat. Ich würde auch nicht gerne tagaus tagein abgeschnitten von der Umwelt, das Essen auf Papptellern, mit Plastikbesteck und im Pappbecher zu mir nehmen wollen. Auf meine Frage, ob dies auf eine Bestimmung des Gesundheitsamtes hin so erfolge, bekam ich von der Heimleitung keine Antwort. Ich finde Pappbecher für alte Leute ungünstig, da sie nicht so stabil stehen wie Porzellantassen.

Das Essen war wohl auch auf Corona umgestellt, trotz eigener Küche eher Krankenhaus- Mittelklasse. Fertig-Desserts in Plastikverpackung.

Mitte April wendete ich mich an die Landesregierung NRW mit der Bitte um eine Ausnahmeregelung - man antwortete mir erstaunlich schnell - in ethisch begründeten Fällen könnten durchaus Ausnahmeregelungen durch das Heim erfolgen. Das Heim jedoch berief sich auf die Verordnung der Feuerwehr (!) der Stadt Köln für Heime. Demnach durfte ich also weiterhin nicht in ihre Wohnung. Ausnahme bei Bettlägerigkeit.

Seit Mitte Mai durfte die private Betreuung wieder ins Haus, mir als Tochter aber war der Besuch in der Wohnung meiner Mutter durch die Pflegedienstleitung weiter erwehrt.
Dienstag 19. Mai fuhr ich dann gemeinsam mit der Betreuerin meine Mutter ins Heim. Trotz ihres deutlich geschwächten Zustandes war es ihr eine Freude.

Meine zahlreichen Versuche, meine Mutter öfter zu besuchen, wurden von der Heimleitung abgeschmettert - der Pflegedienst würde mich über eine Verschlechterung informieren. Wie sich dann aber herausstellte, war dies nicht der Fall. Ich drängte darauf, dass eine Pflegesachbeauftragte meine Mutter besucht und zwar eine Woche später. Mich wollte man nicht reinlassen OBWOHL, wie ich dann feststellte, sie im Bett lag ... abgemagert, schwach.... darüber wurde ich nicht nur nicht informiert, denn selbst nach der Feuerwehr-Corona-Empfehlung hätte ich sie da täglich besuchen dürfen, sondern man ließ mich nur 10 Minuten zu ihr. Dabei wurde ich von der Pflegedienstleiterin persönlich und einer Hilfskraft bewacht und gedrängt, wieder zu gehen, eigentlich dürfe sie mich nicht zu meiner Mutter lassen... angeblich ein Gnadenakt. Was aber, wie sich dann herausstellte, nicht stimmte!

In dieser kurzen Zeit, in der man mir ordentlich Stress machte, konnte ich gerade mal meine Mutter in eine Erdbeere beißen lassen, gegessen hatte sie wie es aussah so gut wie nichts... Sie sagte nur: "Nimm mich bitte mit"

Zwei Tage später hatte ich dann erwirkt, mit der Ärztin, die sich nun auch ein Bild machen wollte, zu meiner Mutter gehen zu dürfen. Auch hier wurden wir die ganze Zeit bewacht. Die Ärztin bat dann nach 20 Minuten die Pflegedienstleiterin zum dritten Male darum, uns bitte alleine zu lassen, sie könne so nicht arbeiten, was diese dann endlich tat.

Ich bekam dann prompt einen Kostenvoranschlag des Hauses - in dem 1.243,-- Euro für das Anreichen einer Mahlzeit pro Tag veranschlagt wurden. Meine Frage, seit wann genau und wieviel meine Mutter isst, seit wann genau sie bettlägerig sei, wurde nicht beantwortet.

Inzwischen hatte ich mit allen möglichen Institutionen gesprochen, Caritas der Stadt Köln, DRK, mit einer Pflegesachbeauftragten... alle waren der Meinung, dass ich meine Mutter in ihrer Wohnung besuchen solle, ich müsse das rechtlich prüfen. Seit 2 Wochen hatten die Krankenhäuser ihre Besuchsverbot stark gelockert: Zwei Besucher für zwei Stunden täglich. In den Hospize: unbegrenzt. Freitag vor Pfingsten gab man mir die Telefon-Nummer des Corona-Telefons, einer Hotline des Gesundheitsamtes.

Was ich zu erzählen hatte, das Besuchsverbot und der schlechte Zustand meiner Mutter, bezeichnete die Mitarbeiterin als unmenschlich. Außerdem klärte sie mich darüber auf, dass diese Feuerwehr-Verordnung aufgrund des Erlasses der Landesregierung vom 9.Mai* ungültig sei. Es wäre einzig die Entscheidung des Heims. Ich dürfe seit diesem Datum meine Mutter unbefristet in ihrer Wohnung besuchen. Es dürften auch zwei Personen an einem Tag sein.

Der Gedanke daran, dass ich fast den ganzen Monat über schon hätte unbegrenzt zu meiner Mutter gedurft und ihr in den allerletzten Lebenstagen beistehen können, statt sie dieser unmenschlichen Situation voller Angst und Hilflosigkeit weiter ausgeliefert zu wissen, ist für mich nahezu unerträglich und das werde ich wohl nie richtig verkraften können.

Wir verblieben so, dass die Mitarbeiterin meine Angelegenheit an das Gesundheitsamt weiterleiten würde, das sich ggfs. mit der Heimleitung in Verbindung setze.
Am Dienstag werde ich nun eine Einstweilige Verfügung per Gericht für ein uneingeschränktes Besuchsrecht beantragen und hoffe, dass diese mir nun endlich erteilt wird.

Am 29.5.2020 hat die Heimleitung mir aufgrund der Dringlichkeit und eines Anrufs der Ärztin zweimal zwei Stunden pro Woche "vorläufig" genehmigt... (was heißt das?)

Und gerade in den letzten Tagen hat man sich noch viel zu sagen.... diese Zeit ist so wichtig für Hinterbliebene und Sterbende ...

* "Bund und Länder haben am 6. Mai 2020 beschlossen, dass jeder Bewohnerin bzw. jedem Bewohner einer Pflegeeinrichtung der wiederkehrende Besuch durch eine definierte Person ermöglicht werden soll, sofern es kein aktuelles SARS-Cov-2-Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt. Der Beschluss wurde von den Bundesländern in höchst unterschiedlicher Weise umgesetzt. Rückmeldungen von Betroffenen zeigen, dass es bis heute keine verlässlichen Regeln gibt, die angemessene Begegnungen ermöglichen." Bagso
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Wer bestimmt die aktuellen Besuchsreglungen in den Altenheimen? Link

Quelle: Mail an die Redaktion