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Die vom griechischen Staat verübten Push-backs +Menschenrechtsverletzungen

04.10.2020

Am Montag, den 28. September, gab die griechische Polizei in einer Pressemitteilung bekannt, dass sie gegen 33 Mitarbeiter*innen von vier NGO’s und gegen zwei Drittstaatsangehörige eine Strafuntersuchung eingeleitet hatte. Die Anklagepunkte beinhalten Bildung und Beteiligung an einer kriminellen Organisation, Spionage, Verletzung von Staatsgeheimnissen sowie Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt.

(1) In der Pressemitteilung wurden weder NOG`s noch einzelne Personen namentlich genannt, mehrere Medien berichteten jedoch, dass das Alarm Phone ins Visier der Behörden geraten war.

(2) Wir wollen die laufenden Ermittlungen zur Zeit nicht kommentieren. Stattdessen weisen wir auf die vom griechischen Staat verübten Verbrechen hin.

Fortgesetzte Push-backs und weitere schwere Formen der Gewalt einschließlich Körperverletzung, Raub, Gebrauch von Schusswaffen und Verweigerung von Hilfeleistungen. Auch werden Geflüchtete auf aufblasbare Rettungsinseln gezwungen und auf dem offenen Meer ausgesetzt. Wir sind nicht die einzigen Zeugen dieser zweifelsfrei von Beamten des griechischen Staats verübten Verbrechen. UNHCR, the Greek Council of Refugees, Amnesty International, Human Right Watch und weitere Menschenrechtsorganisationen sowie mehrere NGO`s und Medien berichteten regelmäßig über die unrechtmäßigen Aktionen der Küstenwachen auf dem Meer und der Grenzbeamten auf dem Land.

Dasselbe gilt für Moria. Die Situation im Lager wird in der Pressemitteilung der griechischen Polizei als eines der Staatsgeheimnisse genannt. Es handelt sich jedoch um eine öffentlich bekannte Tatsache, dass Moria mit Geldern und Unterstützung aus der EU zum Symbol der europäischen Migrations Politik wurde, deren Ziel es ist, schutzsuchende Menschen abzuschrecken und ihre Würde und Rechte mit Füssen zu treten.
Das Ausmass der Menschenrechtsverletzungen in der Ägäis hat seit Anfang März 2020 in erschreckender Weise zugenommen. Eine Eskalation, die mit der wachsenden Repression gegen NGO’s und alle Arten von solidarischen Strukturen für Migrant*innen einhergeht. Es ist offensichtlich, dass der griechische Staat sich durch unsere Arbeit bedroht fühlt und jegliche Zeugenschaft der von ihm verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhindern will. Trotzdem beobachtete Alarm Phone in diesem Jahr zahlreiche Push-backs und dokumentierte mehrere schwere Menschenrechtsverletzungen. (4)

Unsere Beziehung zu den griechischen Küstenwachen gestaltete sich noch nie so kompliziert wie sie es heute tut. Seit der Gründung des Alarm Phones im Oktober 2014 leiteten wir in 1.975 Fällen die Hilferufe von Menschen in Seenot an die Küstenwachen weiter. Und wir durften immer wieder die Erfahrung machen, dass die Küstenwachen sich um eine möglichst schnelle Rettung bemühten. Gemeinsam bauten wir eine schnelle und effiziente Kommunikationsstruktur auf, was in Zeiten, in denen wir täglich bis zu 23 Notrufe aus der Ägäis erhielten, von entscheidender Bedeutung war – und es heute noch ist.

Die Küstenwachen wurden zu Beginn unseres Projekts in offener Weise über den Zweck und die Rolle des Alarm Phones informiert. In einem Brief vom Oktober 2014 schrieben wir: «Unsere Hoffnung ist, dass wir Sie bei Ihrer täglichen Aufgabe, das Leben von Migrant*innen zu retten, unterstützen können. Wir werden jedoch konsequent jede gescheiterte oder verzögerte Rettungsmission anprangern. Und wir hoffen, dass Ihre Behörde sowohl unsere Unterstützung als auch die von uns geforderte Rechenschaftspflicht, der alle öffentlichen Institutionen unterliegen, akzeptiert.»

Das ist es, was wir mit aller Entschlossenheit getan haben. Und weiterhin tun.
Die wachsende Anzahl von Push-backs und Menschrechtsverletzungen sind jedoch nicht nur auf der Route zwischen der Türkei und Griechenland zu beobachten. Alarm Phone verzeichnet ebenfalls einen steigenden Trend von illegalen Rückführungen nach Libyen und Tunesien im zentralen Mittelmeer aber auch nach Marokko im westlichen Mittelmeer.

Wir rufen alle auf, die sich mit Menschen auf der Flucht solidarisieren: Berichtet in eurer Umgebung über die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die täglich in der Ägäis begangen werden, weckt das Bewusstein für das, was an den Grenzen geschieht und äussert eure Proteste. Jeder Mensch, der zurückgeschafft oder in einem seeuntüchtigen Boot zurückgelassen, jedes Kind, das in seiner Not alleingelassen wird, ist Grund genug aufzustehen und die Stimme zu erheben. Wir werden nicht schweigen!

Crimes of Malta
In der ersten Hälfte in 2020 haben die maltesischen Behörden mehrere Verstöße gegen die Achtung und den Schutz der Rechte von Geflüchteten und Migrant:innen auf See begangen. Unter ihrer Koordination wurden Menschen nach Libyen zurückgedrängt – ein Land im Krieg, in dem Geflüchtete und Migrant:innen systematisch missbraucht werden. Die Verzögerungen bei der Beantwortung von Notrufen brachten die Menschen in Gefahr, zu ertrinken. Menschen, die auf See gerettet wurden, wurde die Ausschiffung verweigert, und sie wurden unrechtmäßig wochenlang an Bord privater Schiffe festgehalten….
Mehr hier Link

Airborne Monthly Factsheet August 2020
This factsheet outlines a summary of the distress cases witnessed in August 2020 by Sea-Watch’s Airborne crew with Moonbird. In August 2020 we flew 18 missions, with a total flight time of 81 hours and 43 minutes. We spotted around 704 persons in distress.
Full report here: Link


Dublin und Kirchenasyl: keine Fristverlängerung auf 18 Monate!
Von Pro Asyl:
„Bundesverwaltungsgericht entscheidet: Kein »Flüchtigsein« im offenen Kirchenasyl!
In einer wichtigen Entscheidung im Juni hat das BVerwG festgestellt, dass eine Person im Kirchenasyl nicht als »flüchtig« im Sinne der Dublin-Verordnung gilt. Im Gegensatz zur aktuellen Praxis des BAMF, darf somit die Überstellungsfrist nicht auf 18 Monate verlängert werden! Eine wichtige Entscheidung, die jetzt entsprechend umgesetzt werden muss….“
Ausführlicher Stellungnahme dazu hier: Link

Quelle: Pressemitteilung des Alarm Phone