Diskriminierung melden
Suchen:

Risikokommunikation zu Covid 19 in den Medien - Netzwerk Evidenz-basierte Medizin

Foto: H.S.

20.08.2020

Stellungnahme: Bereits in zwei früheren Stellungnahmen zu COVID-19 (20. März und Update vom 15. April 2020) hat das EbMNetzwerk die Beachtung wissenschaftlicher Kriterien einer evidenz-basierten Risikokommunikation in der medialen Berichterstattung gefordert. Auch wenn es Verbesserungen im zeitlichen Verlauf gibt, besteht das Problem der missverständlichen Kommunikation weiterhin. Selbst in renommierten Medien wie beispielsweise der Süddeutschen Zeitung, im öffentlichen Fernsehen, aber auch international, etwa beim Fernsehsender er BBC oder CNN, werden die Informationen über COVID 19 oft in einer irreführenden Art und Weise berichtet. Andererseits finden sich auf den Websites mancher Leitmedien inzwischen auch qualitativ hochwertige Hintergrundinformationen.

Wissenschaftsbasierte Risikokommunikation
Seit nunmehr drei Jahrzehnten beschäftigen sich verschiedene internationale Arbeitsgruppen mit der Frage, wie Informationen zu Gesundheits- und Krankheitsfragen präsentiert werden sollen, damit sie von einer breiten Bevölkerungsschicht verstanden werden können. Auch das EbM Netzwerk hat schon vor Jahren gemeinsam mit Vertreter*innen aus den Medien, Medizin und Gesundheitssystem Kriterien für eine wissenschaftsbasierte und verständliche Risikokommunikation definiert.

Es gibt dazu Publikationen wie die „Gute Praxis Gesundheitsinformation 2.0“ (siehe BOX S.5) und eine Leitlinie zur Erstellung von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen. Die Kriterien finden sich inzwischen in den Methodenpapieren von Institutionen, die Gesundheitsinformationen erstellen, beispielsweise dem IQ WiG Link, Methoden), medizinischen Fachgesellschaften wie der AWMF oder dem ÄZQ (Entwicklung von Patientenleitlinien) oder anderen Entwickler*innen von Gesundheitsinformationen, etwa der Stiftung Gesundheitswissen. Auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin hat immer wieder eine wissenschaftsbasierte Risikokommunikation zu Gesundheitsthemen in den Medien eingefordert. Ein aktueller Beitrag von Odette Wegwarth und Koautor*innen zur COVID-19-Risikokommunikation nennt eine Reihe relevanter Kriterien, wie sie auch vom EbM Netzwerk formuliert wurden.
Die unzureichende Befolgung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse der Risikokommunikation führt aktuell zu missverständlichen Informationen.

Irreführende Darstellungen in den Medien
Selbst in den Leitmedien wurden zur Beschreibung des Infektionsrisikos über Monate lediglich Fallzahlen ohne Bezugsgrößen und unter Verwendung unpräziser Bezeichnungen benutzt, etwa „Bisher gibt es X Infizierte und Y Todesfälle“. Dabei wird nicht zwischen Testergebnissen, Diagnosen, Infektionen und Erkrankungen differenziert. Üblicherweise handelt es ich um„gemeldete positive Testergebnisse“. Dabei bleibt unklar, ob das Testergebnis richtig positiv ist, also eine Infektion mit SARS-CoV-2 tatsächlich anzeigt. Auch wäre jeweils relevant, ob und wie schwer die Personen erkrankt sind. Diagnosen sind noch keine Krankheiten. Gerade für COVID-19 wäre wichtig zu wissen, wie viele Personen tatsächlich so krank sind, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Die immer noch genutzte Aussage „Heute gab es X Infektionen“ ist falsch, da die Gesamtzahl der Infizierten unbekannt bleibt. Dazu bräuchte es eine zeitgleiche vollständige Testung einer repräsentativen Stichprobe aus der Bevölkerung .Eine korrekte Formulierung könnte lauten: „Heute wurden XY neue positive Testergebnisse gemeldet.“ Und „Die Anzahl der Testungen hat sich in der letzten Woche von AA auf BB erhöht. “Die tägliche Berichterstattung der gemeldeten Fälle ist kaum interpretierbar, wenn nicht bekannt ist, wie viele Tests bei welchen Personen durchgeführt wurden. Je mehr getestet wird, umso häufiger finden sich auch richtig oder falsch positiv getestete Personen (Lühmann D, KVJ Hamburg Sep/2020). Je häufiger gesunde und beschwerdefreie Menschen untersucht werden, umso eher gibt es auch positive Ergebnisse von fraglicher Bedeutung. Die falsch-positiv-Rate müsste dementsprechend erwähnt werden.

Weiterlesen unter: Link

Quelle: Netzwerk Evidenzbasierter Medizin