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Ämter verweigern Neurentnern Hilfe

25.01.2006 - von Herb55

Wie diskriminierend der Staat und die in seinem Auftrag handelnden Ämter mit den Schwächsten dieser Gesellschaft umgehen, entnehmen Sie bitte den folgenden Zeilen eines engagierten Betreuers. Das angesprochene Problem betrifft besonders die Bezieher von Erwerbsunfähigkeitsrenten, denen oft das Geld fehlt, um die notwendigsten Lebensmittel zu kaufen.

Sehr geehrte Frau Schweitzer,
die von mir betreute Person erhielt ihre Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) am 01.08.2005 bewilligt. Der Rentenbescheid erging im Dezember 2005. Da bis Ende Dezember Sozialhilfe gezahlt wurde, wurde die Rentennachzahlung vom Sozialamt in voller Höhe einbehalten.

Die erste Rentenleistung, die dem Empfänger selber zusteht, wird Ende Januar 2006 für Januar 2006 erfolgen.
Der Rentner hat also in dieser Zeit erhalten: für Dezember 2005
ca. 905,00 Euro Sozialhilfe und für Januar 2006 ca. 342 Euro Grundsicherungsleistung Anfang Januar 2006. Mit diesen Beträgen soll eine Zeit vom 01.12.2005 bis 31.01.2006 abgedeckt werden:
Gesamtzahlung: 1247 Euro, davon müssten geleistet werden:

  • 2x490 € Miete,
  • 65 € Strom,
  • ca.234 € Krankenversicherung,
  • gesamt 1279 Euro.


  • Das ergibt einen MINUSBETRAG von 32 Euro. Folglich kann dieser Mensch entweder seine Ernährung nicht sichern oder die Miete für Januar 2006 nicht zahlen, da die Januar-Rente 2006 ja erst am Monatsende gezahlt wird.

    Mit dieser Regelung wird m.E. gegen gesetzliche Grundlagen der Sozialhilfe verstoßen. Die tatsächliche Sicherstellung des Lebensunterhaltes durch die Neuregelung des Rentenzahlungstermins ist für NEURENTNER nicht mehr sicher
    gestellt. Die Grundsicherungsämter sehen die entstandene Problematik, haben aber angeblich keinerlei
    Möglichkeit, die Folgen dieser Neuregelung aufzufangen. Die Sozialämter erklären sich als nicht zuständig (was auch den Tatsachen entspricht). So werden Personengruppen, die zu den schwächsten der Gesellschaft gehören, regelrecht brutal in Existenzprobleme getrieben, ohne dass diese selber diese Probleme verursacht haben.

    Hintergrund:
    Am 30.03.2004 teilte das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) in einer Pressemeldung u.a. mit: Für Deutschlands Rentner treten zum 1. April einige wichtige Änderungen in der Sozialversicherung in Kraft. Neurentner, die ab April 2004 in den Ruhestand gehen, erhalten ihre Renten zum Monatsende. Das BMGS rechnet mit einer jährlichen Ersparnis von etwa 750
    Millionen Euro.
    Will sagen:
    WER AB APRIL 2004 ERSTMALS ALTERS-ODER ERWERBSUNFÄHIGKEITSRENTE BEZIEHT, ERHÄLT DIE ZAHLUNG NICHT ZUM MONATSENDE FÜR DEN NÄCHSTEN MONAT (ALSO IM VORAUS), SONDERN AM ENDE DES LAUFENDEN MONATS (ALSO IM NACHHINEIN). Folge ist, dass dieser Personenkreis, seine
    Lebenshaltungskosten ca. 9 Wochen im voraus finanzieren muss.
    Insbesondere bei der Mietzahlung gibt es Probleme, weil die Rente ja erst am Monatsende eingeht.
    Besonders problematisch ist dies für den Personenkreis, der vor dem Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) Sozialhilfe bezogen hat und nun wegen nicht ausreichender Rentenhöhe Grundsicherungsleistungen erhält.

    Beispiel: Grundsicherungsleistung zum Monatsanfang: 345,12 € abzüglich Krankenversicherung 116,42 €: Auszahlung: 229,70 €.
    Am Monatsanfang wird die Miete fällig: 490,00 € und da hakt es.

    Der Rentner kann diese
    Mietzahlung nicht leisten, weil er eben nur über netto 229,70 zum
    Monatsanfang verfügt. Die Rente, die erst am Monatsende gezahlt wird, wird natürlich in die Berechnung der Grundsicherung einbezogen. Außerdem werden am Monatsanfang die Stromzahlungen fällig. Um diesen Engpass zu überbrücken, muss eine solche "Musterperson" also über mindestens 520,00 € Vermögen verfügen, um diese Zahlungen leisten zu können. Wer dieses Vermögen nicht hat, ist arm dran, weil er unverschuldet in akute
    Zahlungsschwierigkeiten gerät. Hier hilft auch kein Amt: weder
    Grundsicherungs- noch Sozialamt erklären sich für zuständig, eine
    Überbrückungsleistung zu zahlen.

    Sinnvoll wäre es, wenn die Rente an das Grundsicherungsamt abgetreten werden könnte und das Amt die Leistung am Monatsanfang komplett zahlt. Dies zu tun, weigern sich die Ämter jedoch.

    Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3060
    Quelle: Mail an die Redaktion

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