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09.03.2021 - von Vijay Prashad
In seinem Vorwort zur englischen Ausgabe des Buchs von Vijay Prashad "Uns haben sie vergessen" (erschienen in Niederländisch,Französisch, Deutsch und Spanisch bei Leftword Books, schreibt er:
"Es gab eine Zeit, in der Bücher ihren Wert für ein langes Leben behielten. In den Zeiten von Twitter ist dies weniger offensichtlich. Sieben Monate sind vergangen seit das Buch geschrieben wurde. Im Leben eines Virus ist das eine Ewigkeit. Zum Vergleich: Zwischen der anfänglichen Infektion und der globalen Abriegelung lagen nur sieben Wochen. Heute sind wir bei zwei neuen Wellen, neunzig Millionen Infektionen und mehr als eineinhalb Millionen Todesfällen. Es gab eine Eindämmung, eine Entspannung und dann wieder eine Eindämmung. Ausnahmemaßnahmen wurden “vorübergehend" genannt, dann " temporär", und dann wurde die temporäre Ausnahme allmählich zur Regel.
Als dieses Buch veröffentlicht wurde, runzelten die westlichen Meinungsmacher die Stirn. Was meinen Sie damit, ein "Klassenvirus"? Ob König, Kaiser oder Kardinal, alle können sich mit dem Coronavirus anstecken, oder? Das ist nicht der Fall. Covid-19 hat die Widersprüche des Weltkapitalismus verschärft; das haben uns die Fakten seitdem gelehrt.
In der finsteren Nacht dieser Pandemie haben Menschen in wichtigen Berufen weitergearbeitet. Es sind keine Hedge-Fonds-Manager, Börsianer, Finanzberater oder Talkshow-Stars. Es sind auch keine Kardashians. Es sind Krankenschwestern, Müllmänner, Reinigungskräfte, Lehrerinnen, Regalauffüller im Supermarkt, Postangestellte und Busfahrer und Busfahrerinnen. Sie sind es, die Risiken eingegangen sind und die Gesellschaft am Laufen gehalten haben. Und sie tun es auch weiterhin. Aber sobald die Kurven abflachen, will die Klasse der Schönredner, dass wir das alles so schnell wie möglich vergessen. Wir sollen in Amnesie verfallen und zurück zum unmöglichen Status quo von vor dem Virus. “Als sie Angst vor dem Tod hatten, waren wir plötzlich die Helden. Heute haben sie uns schon vergessen", sagt Monica aus Cremona, Italien, in diesem Buch.
Gewinner und Verlierer
Noah, ein Freund aus den Niederlanden, hat mein Buch online bestellt. Es wurde ihm von einem Fahrer von bol.com geliefert, der nur zwei Euro pro Lieferung verdient. Bol.com ist eine Online-Verkaufsseite, die niederländische Version von Amazon. Die Eigentümer von bol.com gehören zu den Gewinnern der Krise. Ihr Nettogewinn hat sich auf mehr als zwei Milliarden Euro verdoppelt. Auf der anderen Seite liefern ausgebeutete Kuriere die Ware für einen miserablen Lohn an den Kunden. Und in den gigantischen Distributionszentren legen die Zusteller bis zu zwanzig Kilometer am Tag zurück und bearbeiten 225 Pakete pro Stunde für nur 10 Euro brutto. Es sind Menschen aller Nationalitäten. Sie sind in Wohncontainern auf dem bol.com-Campingplatz untergebracht, wo sie 400 Euro für eine Einzelmatratze zahlen. Das sind die Niederlande im Jahr 2021. Das ist moderne Sklaverei.
Jeff Bezos, der Besitzer von Amazon, diesem anderen Paketriesen, ist einer der reichsten Menschen der Welt. Mitten in der Coronavirus-Krise hat er sein Vermögen um weitere 78 Milliarden Dollar anschwellen sehen, während seine Kommissionsarbeiter zwar hart arbeiten, aber nicht einmal das Salz für ihre Kartoffeln verdienen. Die vielleicht größte Lüge des Jahres 2020 ist es, so zu tun, als sei das Virus demokratisch und würde alle gleichermaßen betreffen. Die Reichen sind reicher geworden, die Armen sind ärmer geworden. Dieser Virus ist in der Tat ein Klassenvirus. “Mertens bezeichnet das Coronavirus als Klassenvirus", schreibt die deutsche Wochenzeitung Unsere Zeit. “Er analysiert die Auswirkungen der Pandemie in ganz Europa. Es trifft die Schwächsten und Ärmsten in allen Ländern. In einer prekären Arbeitssituation sind auch die Gesundheit und die Sicherheit prekär. Das ist zum Beispiel bei Saisonarbeitern auf Gemüseplantagen in Südeuropa oder bei Vertragsarbeitern des Fleischriesen Tönnies in Deutschland der Fall.”
Ein Klassenvirus.
Dieses Wort steht im Mittelpunkt fast jeder Buchbesprechung. In der Zeitschrift Jacobin, in den Vereinigten Staaten; in der L`Humanité, in Frankreich; in der junge Welt, Neues Deutschland und Unsere Zeit in Deutschland; im NRC Handelsblad in den Niederlanden; in Cuarto Poder und El Plural in Spanien. Ein Klassenvirus. Gabriela Bucher, Exekutivdirektorin von Oxfam International, sagt nichts anderes, wenn sie ihren Bericht zur Ungleichheit vorstellt: “Noch nie seit Einführung der Maßnahmen haben die globalen Ungleichheiten so stark zugenommen wie heute." Was geschah zwischen dem 18. März und dem 31. Dezember 2020? Zum einen stieg die Zahl der in Armut lebenden Menschen auf der Welt um bis zu 500 Millionen. Auf der anderen Seite konnten die zehn reichsten Menschen der Welt ihr Vermögen um nicht weniger als 540 Milliarden Dollar steigern. Lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen./Das muss man sich mal vorstellen./ Diesen Bissen muss man erst einmal herunterschlucken: Dieser Zuwachs an Reichtum dieser zehn reichsten Menschen auf dem Planeten würde ausreichen, um die gesamte Weltbevölkerung zu impfen und sicherzustellen, dass niemand mehr in Armut lebt. Die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich ist so tödlich wie das Virus selbst", folgert Gabriela Bucher.
Überall auf der Welt haben die ärmsten Regionen eine höhere Infektions- und Sterberate als wirtschaftlich wohlhabendere Regionen. In England ist die Sterblichkeitsrate aufgrund von Covid-19 in den ärmsten Vierteln doppelt so hoch wie in den reichsten Vierteln. Das Gleiche gilt für Indien, Frankreich und Spanien.
Haben die großen Pharmakonzerne auch Patentrechte auf eine ganze Reihe von Politikern?
Nur ein paar Milliliter einer flüssigen Substanz in einem Glasfläschchen: Das klingt nicht besonders beeindruckend. Aber man sollte sich nicht täuschen. Diese wenigen Milliliter Flüssigkeit enthalten eine enorme Menge an angesammeltem Wissen. Dagegen ist der Zaubertrank des Druiden Panoramix aus dem Asterix-Comic keine große Sache. Dieses winzige Bisschen in der Ampulle basiert auf allen möglichen Erkenntnissen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen: von der Zellbiologie bis zur Physiologie, von der Immunologie bis zur Epidemiologie, von der Physik bis zur Statistik.
Fantastisch also: Wir haben jetzt wirksame Impfstoffe, die das Virus stoppen können. Aber wird jeder einen Löffel aus dem Kessel des Panoramix bekommen, damit die Römer besiegt werden können? Nein. Das wird Jahre dauern. Warum denn? Die fortschrittliche Antwort ist, dass wir nicht genug Impfstoff produzieren. Wäre das nicht möglich? Doch, das wäre technisch durchaus möglich. Warum wird es dann nicht getan? Weil es nicht erlaubt ist. Impfstoffe sind patentiert und durch Patente geschützt, so dass sie nicht jeder herstellen darf. Noch absurder ist, dass es verboten ist.
Blickt man der Realität ins Auge: Hunderttausende von Menschen auf der ganzen Welt sterben an dem Virus, Krankenhäuser brechen unter der Pandemie zusammen, ganze Wirtschaftszweige werden lahmgelegt, Unternehmen gehen in Konkurs, Menschen verlieren ihre Arbeit und junge Menschen verlieren die Hoffnung, aber… wir werden dieses Problem nicht so bald lösen, weil die großen Pharmakonzerne es uns nicht erlauben!
Realitätsprüfung, mal wieder... Wenn wir wollten, könnten morgen Zehntausende von Unternehmen auf der ganzen Welt in die Impfstoffproduktion einsteigen. Bis Ende 2021 könnten wir dann die gesamte Bevölkerung dieses blauen Planeten impfen. Großartig für die Menschen, großartig für die Gesundheit und großartig für die Wirtschaft. Aber es passiert nicht, denn es gibt eine Monopol-Branche, die im Weg steht: die Pharmaindustrie.
Es scheint, dass Big Pharma nicht nur Impfstoffe patentiert, sondern auch Patentrechte auf eine ganze Reihe von Politikern der ganzen Welt hält. Anstatt Verantwortung zu übernehmen und die Produktion von Impfstoffen in ausreichender Menge zu ermöglichen, wiederholt die politische Kaste die Rhetorik der Pharmalobby. Patente soll es geben, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in diesen kleinen Impfstoff-Fläschchen enthalten sind, von privaten Giganten entwickelt wurden. Das ist Unsinn und eine Farce! Alle brauchbaren Impfstoffe sind das Ergebnis jahrelanger wissenschaftlicher Forschung in öffentlich finanzierten Labors und Forschungsinstituten. Das habe ich letzten Sommer in diesem Buch geschrieben, und es hat sich seitdem wieder bestätigt. Steuerzahler und Regierungen stecken eine Menge Geld in die Entwicklung von Impfstoffen. Eine Gegenleistung erhalten sie jedoch nicht.
Der Krieg um ein paar Milliliter flüssiger Substanz
Die mRNA-Impfstoffe von Pfizer und Moderna basieren auf Grundlagenforschung, die an einer US-Universität durchgeführt wurde. AstraZeneca ist eine Partnerschaft mit der Oxford Universität eingegangen. Im Endspurt bis 2020 hat die US-Regierung mehr als 10 Milliarden Dollar in die Entwicklung eines Impfstoffs investiert. Auch die Europäische Union hat sich bereit erklärt, 6 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen. BioNTech, das Unternehmen, das eine Partnerschaft mit Pfizer eingegangen ist, hat fast 400 Millionen Euro von der deutschen Regierung erhalten. Danke schön.
Man hätte verlangen müssen, dass die Forschungsergebnisse zur Verfügung gestellt werden, damit der Impfstoff schnell weltweit reproduziert werden kann. Es ist kriminell, dies nicht verlangt zu haben. Die Folge ist, dass wir in den kommenden Monaten zu wenig Impfstoffe haben, um den Großteil der Welt zu schützen, und einige Länder werden Jahre warten müssen. Nur eine Handvoll Unternehmen werden in der Lage sein, die Impfstoffe zu liefern, und jegliche Art von Problem wird sofort erhebliche Verzögerungen nach sich ziehen.
“Wir werden von einer Europäischen Kommission ausgebremst, die es vorzieht, von ihren Mitgliedsstaaten zu verlangen, ihre Renten oder öffentlichen Ausgaben zu kürzen, anstatt von den Pharmaunternehmen zu verlangen, die versprochenen Impfstoffe zu liefern", schrieb der bekannte spanische Journalist Pascual Serrano Anfang des Jahres. Im belgischen Parlament betonte Dr. Sofie Merckx: "Wir impfen heute nicht im Tempo des Bedarfs, sondern im Tempo der Profitgier der Pharmaunternehmen." Pfizer hat inzwischen angekündigt, dass der Impfstoff gegen das Coronavirus zusätzliche 15 Milliarden Dollar einbringen wird, was den Gewinn in der eigenen Kasse um 5 Milliarden Dollar erhöht.
Bald werden Millionen von Impfstoffdosen auf dem Fließband der südafrikanischen Firma Aspen laufen. Es ist zu befürchten, dass die Südafrikaner selbst weitere vier Jahre warten müssen, um geimpft zu werden. In der Tat haben die reichen Länder "den Markt" aufgekauft. Sie haben das Doppelte oder Dreifache der benötigten Menge gekauft. "Der Markt ist nicht in der Lage, eine gerechte Verteilung nach den gesundheitlichen Bedürfnissen zu organisieren. Hier kommt die Solidarität ins Spiel", folgert der belgische Professor für Allgemeinmedizin Jan De Maeseneer.
Das feierliche Versprechen, den Coronavirus-Impfstoff zu einem öffentlichen, für alle zugänglichen Gut zu machen, ist längst gebrochen worden. Wer zuerst bestellt und vor allem am meisten bezahlt hat, hat gewonnen. Mehr als 70 Länder werden dagegen in diesem Jahr wahrscheinlich leer ausgehen: Sie werden keinen Impfstoff haben. Ein junger Mann in einem reichen Land kann sich eher impfen lassen, als eine ältere Frau in einem ärmeren Land, obwohl ihr Todesrisiko viel höher ist. Das ist nicht nur eine fundamentale Ungerechtigkeit, sondern auch ein unerträglicher Mangel an Weitblick. Solange die Pandemie wütet, sind alle verunsichert. Und je länger das Virus zirkuliert, desto mehr Varianten können sich vermehren und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass neue Impfstoffe untauglich werden. In Europa haben sich authentische linke Parteien, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Bürger zusammengeschlossen, um die europäische Bürgerinitiative Right2Cure zu starten. Unter Link wollen sie eine Million Unterschriften zur Abschaffung von Patenten auf Coronavirus-Impfstoffe sammeln. "Es ist an der Zeit, die Patente auf Impfstoffe zu brechen", sagt Dr. Anne Delespaul, die die Aktion initiiert hat.
Auf dem Weg zum globalen Wissensaustausch
Zu spät, zu wenig, zu intransparent, zu teuer. Überall hinken die Regierungen hinterher. Dies ist nicht das erste Mal, dass sie versagt haben. Auf das Mundschutz-Desaster folgte ein Mangel an Sauerstoff und Schutzkleidung. Dann gab es die Pflegeheim-Tragödien und das völlige Versagen bei der Prüfung und Rückverfolgung. Und heute ist man nicht in der Lage, schnell und effektiv zu impfen. Wiederkehrende Ausfälle sind keine Ausnahme. Es gibt ein Muster hinter all dem.
Dieses Muster ist ein frommer Glaube an freie Märkte und Kapitalismus. "Die einzigen Rädchen, die die politische Ökonomie in Bewegung setzen, sind das Profitstreben und der Krieg zwischen den Verfechtern dieses Profitstrebens", schrieb Karl Marx; und man kann es nicht widerlegen. Die gesamte Gesellschaftsordnung wurde so organisiert und eingerichtet, dass einige wenige Großkonzerne die Zügel in die Hand nehmen, während uns regelrecht alle Fakten lauthals entgegenrufen, dass ein öffentlicher und kollektiver Ansatz eine lebenswichtige Notwendigkeit ist. Wir brauchen einen Bruch zwischen Politik und Pharmalobby. Wir müssen nicht nur in die öffentliche Forschung, sondern auch in die Produktion von Medikamenten investieren. Wir müssen das gesamte Gesundheitssystem neu überdenken. Wir verstehen die Gesundheitsversorgung nicht als kommerzielle Spielwiese für das Großkapital, sondern als Grundbedürfnis einer jeden Gemeinschaft. Wir sehen Gesundheitsvorsorge nicht nur kurativ, sondern auch präventiv, um Krankheit und Unsicherheit so weit wie möglich zu vermeiden.
Während dieser Pandemie haben viele Menschen ihr Bestes gegeben, mit den Mitteln, über die sie verfügten. “Aber unser präventives Gesundheitssystem ist erheblich schwächer", sagt die belgische Infektiologe Erika Vlieghe. “Es ist kein Zufall, dass es Ländern wie Kuba, Vietnam und Thailand in dieser Krise besser ergeht.”
Alle diese Länder haben ein hochentwickeltes System der bevölkerungsnahen Vorsorge. Für dieses Buch sprach ich mit K.K. Shailaja, der populären kommunistischen Gesundheitsministerin des indischen Bundesstaates Kerala. Kerala hat verhältnismäßig weniger Coronavirus-Opfer. Das Geheimnis liegt in den nachbarschaftlichen Gesundheitszentren. Jedes Viertel hat ein solches Zentrum. Und jeder kann dorthin gehen. Diese Zentren beschäftigen insgesamt 26.000 Präventionskräfte, überwiegend Frauen. Sie kennen die ganze Nachbarschaft, und sobald es einen Fall von Coronavirus gibt, schreiten sie ein und ersticken ihn im Keim. Was für ein Kontrast zu einem reichen Land wie Belgien. In Kuba wird nicht anders verfahren; auch dort steht die Prävention an erster Stelle. Außerdem helfen die Kubaner, wo sie können. Mitten in der Abriegelung kamen die kubanischen Sanitätsbrigaden, um ein Feldlazarett in Italien einzurichten. Ein kleines Land im Süden, das einem reichen Land im Norden zu Hilfe eilt. "Wir sind keine Helden, wir teilen, was wir haben", sagen die Kubaner. Für die Verfechter des freien Marktes ist das zu radikal. Für die Menschheit sollte das normal sein. Meines Erachtens haben die kubanischen Ärzte den Friedensnobelpreis verdient.
Covid-19 könnte ein Wendepunkt sein. Viel wichtiger als das große Lissabonner Erdbeben von 1755 war das geistige Erdbeben, welches darauf folgte, schreibt Philipp Blom. Dieses Erdbeben stellte das Mainstream-Denken in Frage. Das kann auch heute noch geschehen. Wir müssen also dazu beitragen, die Agenda zu bestimmen und die Themen der Debatte durchzusetzen. Außerdem müssen wir die Tatsache aussprechen, dass der Markt nicht funktioniert. Die Tatsache, dass heute abertausende von Menschen verhungern, während die Aktienmärkte durch die Decke gehen. Die Tatsache, dass wir erneut 4 000 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern in die Wirtschaft pumpen, um den Motor anzuschmeißen, während wir dies vor nur zehn Jahren, während der Bankenkrise, schon einmal getan haben. Sehr bezeichnend für die angebliche Überlegenheit des selbstregulierten Marktes, der alle zehn Jahre tausende von Milliarden Euro von uns allen erhalten soll.
"Wenn der Mensch auf den Mond fliegen kann, warum können wir dann nicht die wichtigen Probleme auf der Erde lösen?", fragt die italienische Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato. Wir brauchen ehrgeizige öffentliche Ziele. Sie nennt sie "Moonshots", Missionen. Zugang zu Gesundheit und Bildung für alle. Saubere und öffentliche Energieerzeugung. Effiziente und zugängliche öffentliche Verkehrsmittel. Eine Gesellschaft ohne digitale Kluft, mit öffentlichen Datenträgern und freiem Wifi. All dies ist weniger utopisch als der Weg zum Mars, ein Projekt, das bereits im Gange ist. Aber dafür… werden wir uns den großen etablierten Interessen des Kapitals entgegenstellen müssen.
Auch das muss gesagt werden. Denn heute werden tausende von Milliarden in das System gepumpt, aber all dieses Geld geht fast unmittelbar an die habgierigen Kapitalisten der großen Pharmakonzerne, an die Giganten der fossilen Energie, an die Technologieriesen, die unser Privatleben verschlingen oder an Börsenspekulanten. Genau wie nach der Bankenkrise. Das ist keine Lösung. Während wir uns von dem Virus befreien, müssen wir uns auch von den großen privaten Tentakeln befreien, die die Erde kontrollieren. Die "Moonshots", die wir brauchen, sind nicht solche, die es den privaten Giganten erlauben, sich weiterhin durch Ausbeutung zu bereichern. Es ist Zeit für eine Veränderung; es ist Zeit für öffentliche Initiativen in die Organisation und Produktion von Energie, Transport, Digitaltechnik und Pflege.
„Ein Geist, der sich für eine neue Idee öffnet, wird niemals zu seiner ursprünglichen Größe zurückkehren.“ sagte Albert Einstein. Es ist Zeit.
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