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FDP fordert Gesetz, das die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen aus Versorgungsbezügen ab Januar 2020 beendet

Foto: H.S.

11.12.2019 - von Bundestag-Drucksache

Deutscher Bundestag Drucksache 19/15889
19. Wahlperiode 11.12.2019

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christine Aschenberg-Dugnus, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, Nicole Bauer, Jens Beeck, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Mario Brandenburg (Südpfalz), Dr. Marco Buschmann, Carl-
Julius Cronenberg, Britta Katharina Dassler, Hartmut Ebbing, Dr. Marcus Faber, Thomas Hacker, Peter Heidt, Katrin Helling-Plahr, Markus Herbrand, Torsten Herbst, Katja Hessel, Dr. Christoph Hoffmann, Reinhard Houben, Ulla Ihnen, Olaf in der Beek, Gyde Jensen, Dr. Christian Jung, Dr. Marcel Klinge, Daniela Kluckert, Pascal Kober, Carina Konrad, Konstantin Kuhle, Alexander Graf Lambsdorff, Ulrich Lechte, Michael Georg Link, Till Mansmann, Alexander Müller, Roman Müller-Böhm, Frank Müller-Rosentritt, Dr. Martin Neumann, Hagen Reinhold, Dr. Stefan Ruppert, Christian Sauter, Frank Schäffler, Dr. Wieland Schinnenburg, Matthias Seestern-Pauly, Frank Sitta, Judith Skudelny, Dr. Hermann Otto Solms, Bettina Stark-Watzinger, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Benjamin Strasser, Katja Suding, Stephan Thomae, Manfred Todtenhausen, Dr. Florian Toncar, Dr. Andrew Ullmann, Gerald Ullrich, Nicole Westig, Johannes Vogel (Olpe) und der Fraktion der FDP
zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – Drucksachen 19/15438, 19/15877 – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV- Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Im Jahr 2003 wurden mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) u. a. erhebliche Änderungen zur Beitragserhebung bei der betrieblichen Altersvorsorge beschlossen. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes mussten pflichtversicherte Rentner lediglich den halben Krankenversicherungsbeitragssatz auf ihre Betriebsrente zahlen. Bei freiwillig versicherten Rentnern wurde bereits seit 1993 der volle Beitragssatz erhoben.

Mit dem GMG wurde geregelt, dass ab 2004 einheitlich der volle Beitragssatz geleistet werden muss. Zudem werden seitdem auch auf eine einmalige Auszahlung einer Kapitalabfindung Beiträge zur Krankenversicherung erhoben. Im GMG wurde das damit begründet, dass die auf Rentner entfallenden Leistungsausgaben in der GKV zu einem immer kleiner werdenden Teil auch von den Beiträgen der Rentner gedeckt werden (BT-Drs.
15/1525, S. 140, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/15/015/1501525.pdf).

Das Gesetz wurde damals von der rot-grünen Koalition gemeinsam mit der CDU/CSU beschlossen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßten sogar den „Solidarausgleich zwischen den Versicherten“ durch die „volle Verbeitragung anderer Einkommensarten bei den Rentnern“ (Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung, BT-Drs. 15/1600, S. 10, http://dip21.bundestag.de/doc/btd/15/016/1501600.pdf). Die
FDP-Fraktion hat dem GMG damals als einzige Fraktion im Deutschen Bundestag nicht zugestimmt.

In höchstrichterlichen Entscheidungen wurden die Regelungen zwar bestätigt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06 – Rn 39, www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/02/rk20080228_1bvr213706.html), bei den Betroffenen besteht aber dennoch bis heute ein Ungerechtigkeitsempfinden über diese Doppelverbeitragung.

Denn sie haben die Beiträge im Vertrauen darauf entrichtet, dass zum Ende der Laufzeit noch das gilt, was beim Abschluss verabredet war. Das führt zu einer Belastung ausgerechnet für diejenigen, die privat für Ihr Alter vorgesorgt haben. Die Menschen sollen sich darauf verlassen können, dass sich private Altersversorge lohnt und diese im Nachhinein nicht gekürzt wird. Aber genau das sieht die Regelung im GMG vor, die auch für sämtliche davor geschlossenen Verträge gilt.

Insgesamt gibt es ca. sieben Millionen Direktversicherungsverträge (Wortprotokoll der 10. Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Öffentliche Anhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE., Gerechte Krankenversicherungsbeiträge für Betriebsrenten – Doppelverbeitragung abschaffen, 25. April 2018, S. 8., www.bundestag.de/resource/blob/561238/a587458f4825f06be8d2f55a24ec6e44/010_25-04-2018_Protokoll_Internet-data.pdf ) und fünf Millionen Bezieher einer betrieblichen Altersversor-
gung (ebd., S. 10.).

Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. geht von „Hunderttausenden Fällen“ an Betroffenen einer Doppelverbeitragung aus (ebd., S. 16). Die Einnahmen der GKV aus der Verbeitragung von Versorgungsbezügen betragen derzeit jährlich rund sechs Milliarden Euro, wovon der größte Teil auf Beiträge aus Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zurückzuführen ist.

Die öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages im April 2018 hat gezeigt, dass wir das Vertrauen in die betriebliche Altersversorgung zurückgewinnen müssen. Um die Betriebsrentner zu entlasten, ist es deshalb dringend geboten, so schnell wie möglich die aus Versorgungsbezügen zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr zu erheben. Diese Streichung des Beitragssatzes aus Versorgungsbezügen würde zu jährlichen Mindereinnahmen der GKV führen. Demgegenüber würde die betriebliche Altersvorsorge jedoch an Attraktivität gewinnen.

Diese Maßnahme ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Übernahme solcher gesamtgesellschaftlicher Aufgaben durch die gesetzliche Krankenversicherung, zu denen beispielsweise auch die Finanzierung familienpolitischer Leistungen sowie die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Beziehern von Arbeitslosengeld II gehört, führt zu einer erheblichen Mehrbelastung der Beitragszahler in der GKV. Diese ist deshalb über Steuermittel auszugleichen.
Entsprechend sollte sich der jährliche Zuschuss des Bundes ab dem Jahr 2020 dauerhaft erhöhen. Damit würde der steuerfinanzierte Bundeszuschuss für die pauschale Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen ein Stück näher an die tatsächlichen Aufwendungen für diese Leistungen heran-
geführt werden.


II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf, ein Gesetz vorzulegen, das die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen aus Versorgungsbezügen ab dem 1. Januar 2020 beendet, so dass Betriebsrentner und Bezieher anderer Versorgungsbezüge entlastet werden. Sollten bereits während der Ansparphase Krankenversicherungsbeiträge abgeführt worden sein, dürfen in der Auszahlungsphase keine Beiträge mehr abgeführt werden.

Berlin, den 10. Dezember 2019
Christian Lindner und Fraktion

Quelle: Bundestag-Drucksache