Foto: H.S.
25.11.2021
"Gestern hatte ich meinen letzten Tag auf der Arbeit. Meinen letzten Tag mit wundervollen Kollegen. Meinen letzten Tag als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Meinen letzten Tag in der Pflege.
Hätte mir jemand vor 16Jahren gesagt als meine Reise mit der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin begann, wie traurig sie zu Ende gehen wird, hätte ich sie vermutlich nie begonnen und mich für einen anderen Beruf entschieden.
Ich bin so traurig darüber wie sehr sich die Bedingungen und Umstände in diesem wundervollen Beruf in den letzten 16Jahren seitdem ich dabei bin gewandelt haben. Damals noch total glücklich und euphorisch darüber meine Herzens-Berufung ausüben zu können, nämlich Menschen durch meine Tätigkeit zu helfen, zu heilen, zu beraten, zu pflegen, ihnen täglich ein Lächeln zu schenken, für sie da zu sein und vor allem sich für sie ZEIT nehmen zu können in ihrer oft schweren Zeit.
Heute kann ich von all diesen Dingen kaum noch etwas feststellen. ZEIT haben für Menschen die krank sind? Mangelware. Existiert so gut wie nicht mehr. Pflegen? Ja. Aber eher als Art Massenabfertigung. Hauptsache schnell schnell. Auf Bedürfnisse eingehen können? Auf das Nötigste ja, aber nur wenn es nicht zu lange dauert und auch nur auf das, was wirklich sein muss. Sich wie früher einfach mal mit ans Bett setzen können und Gespräche zu führen bei beispielsweise totkranken Menschen die einfach ein Bedürfnis an Zuwendung und Kommunikation haben? "Ja würde ich gerne, aber bitte nicht länger als 2 Minuten Gespräch da ich keine Zeit habe", so oft meine Gedanken und mit Hummeln im Hintern um das Patientenzimmer bitte wieder schnell verlassen zu können.
Ich bin es nach all den Jahren mittlerweile leid, oft von meinen Diensten zu kommen und unglücklich zu sein. Unglücklich darüber dass ich weiß dass ich diesen kranken Menschen hätte so viel mehr geben können, wenn ich nur die Zeit gehabt oder wir mehr Personal gehabt hätten. Und dabei denke ich noch nicht mal an mich. Mich, die Krankenschwester, die nach 8 Stunden Dienst weder Zeit hatte etwas zu essen, zu trinken oder gar auf die Toilette gehen zu können. Die traurige Wahrheit.
Ich hoffe die Politik wacht irgendwann einmal auf und ändert die Bedingungen um in der Pflege zu arbeiten grundlegend. Ich hoffe der Job wird irgendwann wieder attraktiv, besser bezahlt und hoffentlich menschlicher und familienfreundlicher!
In diesem Sinne verabschiede ich mich vorerst aus der Pflege und beginne arbeitstechnisch einen Neuanfang!
Danke an euch alle die an der Front weiter kämpfen und ihr Bestes für die kranken Menschen geben! Ihr habt meinen größten Respekt und im Herzen seid ihr bei mir! ?
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