Diskriminierung melden
Suchen:

Faule Tricks bei Studien mit Krebsmedikamenten

Foto: H.S.

29.12.2023 - von Martina Frei

Eine Stichprobe zeigt, dass oft im Nachhinein wesentliche Punkte geändert werden. Das ist wissenschaftliche Manipulation.

Szene: Ein Wettkampf zwischen zwei Mannschaften. Zu jeder Mannschaft bei diesem 100-Meter-Hürdenlauf gehören mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Der Veranstalter hat ein Interesse daran, dass Mannschaft A gut abschneidet.

Während des Laufs beschliesst der Veranstalter, dass bei diesem Wettkampf nicht allein zählt, welche Mannschaft am schnellsten im Ziel ist. Sondern auch, welche Mannschaft die Hürden höher übersprungen hat.

Als die Läuferinnen und Läufer im Ziel sind, entscheidet der Veranstalter spontan, die Resultate derjenigen Läuferinnen und Läufer mit besonders langen Beinen, mit blauen T-Shirts, mit roten Haaren oder mit sonst einem Merkmal gesondert zu betrachten. Es kann sogar sein, dass später in der Zeitung nur etwas über die Erfolge der Läuferinnen mit roten Haaren berichtet wird.

Sie finden das irritierend? Unfair?

Bei Nutzenstudien von Krebsmedikamenten sind solche Vorgänge gang und gäbe, wie eine Auswertung von 38 solcher Studien zeigt. In diesen Studien an Menschen mit Lungenkrebs oder bösartigen Tumoren der Nieren oder der Harnwege wurden sogenannte Immuntherapien mit Chemotherapien oder mit Placebo verglichen. Die Teilnehmenden wurden dabei per Los einer von beiden Gruppen zugeteilt. Solche Studien sind wichtig, wenn ein Hersteller die Zulassung eines neuen Medikaments beantragen möchte. Die Zulassungsbehörden stützen sich maßgeblich darauf.

Bei 63 Prozent der Studien wurde mindestens ein wesentlicher Aspekt geändert

Ein kanadisch-niederländisches Forscherteam hat untersucht, wie oft der ursprünglich angepeilte Hauptzweck der Studie umdefiniert wurde. Das war bei 24 von 38 Studien der Fall. «In einigen Fällen führten diese Änderungen zu erheblich anderen Schlussfolgerungen», stellen Anke Richters von der niederländischen Comprehensive Cancer Organisation und ihre Kollegen in ihrer Zusammenfassung in «Jama Oncology» fest.
...

Ginge es bei dem «Wettlauf» um kleine Mauscheleien bei einer Vereinsmeisterschaft, könnte man vielleicht darüber hinwegsehen. In diesen Fällen aber geht es um ungezählte Menschen, die aufgrund der Studien diese Medikamente erhalten. Es geht auch um riesige Geschäfte, Behandlungen, die Tausende von Franken kosten. Und um die Entwicklung der Aktienkurse, von denen manche Boni abhängen.


Martina Frei / 29.12.2023 für infosperber unter: Link

Quelle: infosperber