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Direktversicherung: Setzt BVerfG auf biologische Lösung ?

Foto: Hartmut Jermonin

28.01.2022 - von Inititiative Bürgerversicherung - JETZT!

An die Unterstützer und Spender von Klagen gegen den Direktversicherungsbetrug der Krankenkassen
Liebe Mitstreiter,
wieder ist ein Jahr ins Land gezogen, ohne dass es in den Streitverfahren zur Verbeitragung unserer Kapitallebensversicherungen große Fortschritte gegeben hätte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) scheint auf eine biologische Lösung zu setzen und die Sozialgerichte berufen sich auf eine "ständige Rechtsprechung", die geltende Gesetze durch ein eigenes Wortlautverständnis rechtsbeugend falsch auslegt.

Stand unserer Verfassungsbeschwerden

Im Fokus unserer Verfassungsbeschwerden steht die Frage, ob die einmalige Kapitalzahlung einer Kapitallebensversicherung mit der Abfindung (Kapitalisierung) einer Rentenversicherung gleichgesetzt werden kann. Beide Versicherungsarten im Durchführungsweg der Direktversicherung unterscheiden sich in der Zwecksetzung und der versicherungsmathematischen Kalkulation: Die Kapitallebensversicherung ist ein Sparvertrag, der Auszahlungsbetrag kann der Versicherte für alles Mögliche (Weltreise, Kauf eines PKWs, Glücksspiel, Abzahlung eines Immobilienkredits, Schenkung an Dritte etc.) verwenden, eine gesetzliche Pflicht, das ausgezahlte Kapital zur Altersvorsorge einzusetzen, besteht nicht. Dagegen dient eine Rentenversicherung der Altersvorsorge, insbesondere der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos. Die Abfindung (Kapitalisierung) einer Rente durch eine einmalige Kapitalzahlung hebt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Zweckgebundenheit der Alterssicherung nicht auf und unterliegt nach geltender Rechtslage ebenso der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung wie die Rentenzahlungen selbst.

Interessanterweise hat sich das BVerfG in den bisherigen Entscheidungen (z.B. -1 BvR 1924/07- und -1 BvR 1660/08-) nur zu Fällen geäußert, bei denen eine Rente mit einer einmaligen Kapitalleistung abgefunden wurde. Auf Betreiben der Krankenkassen schob der Gesetzgeber mit der Änderung des § 229 SGB V der Möglichkeit, die Beitragspflicht einer Rente durch Abfindung (Kapitalisierung) zu umgehen, einen Riegel vor. Einen Grundrechtsverstoß konnte das BVerfG auf der Grundlage des in 2003 geänderten § 229 SGB V nicht erkennen.

In den drei noch noch nicht entschiedenen Verfassungsbeschwerden (Drake, Heins und König) geht es jedoch um einmalige Kapitalauszahlungen von Kapitallebensversicherungen, die nie eine Rente waren. Weil sie nie eine Rente waren, konnte die Beitragspflicht der Rente zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht umgangen werden. Jochen Drake reichte seine Verfassungsbeschwerde (Az. -1 BvR 1950/19-) bereits im August 2019 ein, und noch immer sieht sich das BVerfG nicht in der Lage, auf Anfrage einen Entscheidungstermin zu nennen. Spekulieren die Verfassungsrichter auf eine biologische Lösung?

In seiner Verfassungsbeschwerde -1 BvR 1193/20- begründete Peter Weber ausführlich, warum nicht die Kapitalzahlung seiner selbst finanzierten Kapitallebensversicherung, sondern bestenfalls deren Ertrag der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen könne. Nur der Ertrag der Kapitallebensversicherung würde seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhen, nicht jedoch die gezahlten Versicherungsbeiträge, die aus bereits verbeitragtem Entgelt (Eigentum) finanziert wurden. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Mit Verweis auf § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG teilte das BVerfG mit Schreiben vom 8. Februar 2021 mit, dass von einer Begründung abgesehen wird. So einfach kann sich das BVerfG aus der Affäre ziehen - mit Rechtsstaatlichkeit und hat das aber nichts zu tun.

Berufungsklage von Egbert Lohrmann

Das Berufungsverfahren (Az. L 11 KR 843/16) von Egbert Lohrmann ist nicht nur wegen seiner überlangen Verfahrensdauer interessant, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts wurde bereits 2016 eingelegt, es zeigt auch wie ineffizient die Sozialgerichte mitunter arbeiten. Die erste mündliche Verhandlung fand am 31.10.2018 statt. Von dieser Verhandlung, in der Prof. Dr. Bieback die Interessen von Egbert Lohrmann vertrat, gibt es zwar ein Protokoll aber keine schriftliche Urteilsbegründung. Bevor diese ausgestellt werden konnte, wurde der Senat personell umbesetzt. In der Folge wurde das Verfahren komplett neu aufgerollt, hierzu waren zwei neue Verhandlungstermine erforderlich. In der Verhandlung vom 21. Juli 2021 wurde die Klage schließlich abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Allerdings benötigte der Vorsitzende Richter noch bis zum 28. Dezember 2021, um sein Urteil auf 19 Seiten schriftlich zu begründen.

Das LSG äußerte sich in der schriftlichen Urteilsbegründung u.a. auch zur Beitragspflicht der Beitragsrückgewähr einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die Egbert Lohrmann als Zusatzversicherung zusammen mit seiner Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Zitat aus der Urteilsbegründung:

"Sie (Anm. die Beitragsrückgewähr) sind nicht Erträge einer Lebensversicherung, die als Direktversicherung vom Arbeitgeber des Klägers abgeschlossen wurde (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 - B12 KR 2/16 R)."

+++ Damit wurde erstmals richterlich klargestellt, dass Erträge von kombinierten Zusatzversicherungen, wie z.B. Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherungen, auch bei einer Kapitallebensversicherung im Durchführungsweg der Direktversicherung nicht der Beitragspflicht nach § 229 SGB V unterliegen. +++

Solche Zusatzversicherungen wurden sehr häufig in Kombination mit einer Direktversicherung abgeschlossen. Sollten Sie betroffen sein, dann erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung nach dem in der Kapitalzahlung enthaltenen Ertrag der Kombiversicherung, sofern dieser in der Abrehnung nicht explizit ausgewiesen wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das LSG vom Ertrag der Zusatzversicherung spricht, während für die Kapitallebensversicherung die Kapitalleistung und nicht der Ertrag als Bemessungsgrundlage herangezogen wird.

Gegen die Nichtzulassung der Revision legte Egbert Lohrmann beim Bundessozialgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde ein. Zusätztlich stellte er gegen den Vorsitzenden Richter des 11. Senats Strafanzeige wegen Rechtsbeugung. Wir dürfen gespannt sein, wie es in der Sache weitergehen wird - unsere Unterstützung hat er.

Mit freundlichen Grüßen
Initiative Bürgerversicherung-JETZT!
Peter Weber <35>peter.weber@buergerversicherung-jetzt.org

PS. Bitte leiten Sie die E-Mail an gleichfalls besorgte Bürger aus Ihrem Bekanntenkreis weiter, vielen Dank!

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82223 Eichenau <44>kontakt@bueregerversicherung-jetzt.org

Quelle: Infobrief der Initiative Bürgerversicherung - JETZT!