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ILO: Mehr Investitionen in die Pflege schaffen 300 Millionen neue Arbeitsplätze

07.03.2022 - von International Labour Organisation

Durch die Schließung bestehender, signifikanter Lücken im Pflegesektor würden 300 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, die dazu beitragen, Menschen aus Armut zu führen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und die Pflege von Kindern und älteren Menschen zu unterstützen, so die Botschaft des Berichts der Internationalen Labour Organisation im Kontext des Internationalen Frauentags.

GENF (ILO-News) — Anhaltende und erhebliche Lücken in den Pflegedienstleistungen haben dazu geführt, dass Hunderte von Millionen Arbeitnehmende mit familiären Verpflichtungen keinen angemessenen Schutz und keine angemessene Unterstützung erhalten, obwohl die Erfüllung dieser Bedürfnisse bis 2035 fast 300 Millionen Arbeitsplätze schaffen könnte.

Der aktuelle Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Care at work: Investing in care leave and services for a more gender-equal world of work stellt fest, dass drei von zehn Frauen im reproduktiven Alter — 649 Millionen Frauen — einen unzureichenden Mutterschutz erfahren, der nicht die Anforderungen des ILO-Übereinkommens über den Mutterschutz aus dem Jahr 2000 (Nr. 183) erfüllt.

Das Übereinkommen schreibt eine Mindestzeit für Mutterschutz von 14 Wochen vor, mindestens zwei Drittel des früheren Verdienstes, finanziert aus Mitteln der Sozialversicherung oder aus öffentlichen Mitteln. Zweiundachtzig der 185 ILO-Mitgliedsländer, die für den Bericht untersucht wurden, erfüllten diese Standards nicht, obwohl „bezahlter Mutterschutz ein universelles Menschen- und Arbeitsrecht ist“, heißt es in der Studie. Bei dem derzeitigen Reformtempo wird es mindestens 46 Jahre dauern, bis in den untersuchten Ländern ein Mindestmaß an Mutterschutzrecht erreicht ist, was bedeutet, dass das entsprechende UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung 2030 nicht voll umgesetzt wird.

Mehr als 1,2 Milliarden Männer im reproduktiven Alter leben in Ländern, in denen es keinen Anspruch auf Vaterschaftszeit gibt, obwohl diese dazu beitragen würde, die beruflichen und familiären Pflichten von Müttern und Vätern in Einklang zu bringen. Dort, wo es Vaterschaftszeit gibt, ist sie nach wie vor kurz — im weltweiten Durchschnitt neun Tage — was zu einem großen „Gender Leave Gap“ führt. Auch die Inanspruchnahme der Vaterschaftszeiten ist gering, was dem Bericht zufolge Geschlechternormen, mangelnder politischer Gestaltung sowie niedrigen Einkommen während der Vaterschaftszeit geschuldet ist.

Der ILO „Care at work“- Bericht bietet einen globalen Überblick über nationale Gesetze, Strategien und Praktiken im Bereich der Pflege, einschließlich Mutterschaft, Vaterschaft, Elternzeit, Kinderbetreuung und Langzeitpflege. Er hebt hervor, dass einige Beschäftigte nicht in den Geltungsbereich dieser gesetzlichen Schutzmaßnahmen fallen. Dazu gehören Selbstständige, Beschäftigte in der informellen Wirtschaft, Migrant*innen sowie Adoptiv- und LGBTQI+-Eltern. Außerdem werden die Argumente für größere Investitionen in die Pflege — und deren mögliche Auswirkungen — untersucht.

In nur 40 der untersuchten Länder haben schwangere oder stillende Frauen das Recht auf Schutz vor gefährlicher oder ungesunder Arbeit, wie es den ILO-Normen entspricht. Nur 53 Länder bieten ein Recht auf bezahlte Freistellung für vorgeburtliche medizinische Untersuchungen. In vielen Ländern fehlte es auch an Freizeit, Einkommenssicherheit und geeigneten Einrichtungen zum Stillen.

“Wir müssen die Art und Weise, wie wir Betreuungsmaßnahmen und -dienste bereitstellen, überdenken, damit sie ein Betreuungskontinuum bilden, das Kindern einen guten Start ermöglicht, Frauen dabei unterstützt, erwerbstätig zu bleiben, und verhindert, dass Familien oder Einzelpersonen in Armut abrutschen“
Manuela Tomei, ILO-Direktorin für Arbeitsbedingungen und Gleichstellung

Der Bedarf an Langzeitpflegedienstleistungen für ältere und behinderte Menschen ist aufgrund der höheren Lebenserwartung und der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie stark angestiegen. Die ILO-Studie stellt jedoch fest, dass der Zugang zu Dienstleistungen wie Heimpflege, Tagesbetreuung und häusliche Pflege für die große Mehrheit der Bedürftigen weltweit unzugänglich bleibt, obwohl „Langzeitpflegedienste für die Gewährleistung des Rechts auf ein gesundes Altern in Würde unerlässlich sind“.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass es „gute Argumente für Investitionen“ gibt, um ein transformatives Paket von Pflegepolitiken zu schnüren, das auf einem universellen Zugang basiert und einen bahnbrechenden Weg zum Aufbau einer besseren und geschlechtergerechteren Arbeitswelt schaffen würde. Investitionen in geschlechtergerechte Elternzeit, universelle Kinderbetreuung und Langzeitpflegedienste könnten bis zum Jahr 2035 bis zu 299 Millionen Arbeitsplätze schaffen. Die Schließung dieser politischen Lücken würde bis zum Jahr 2035 jährliche Investitionen in Höhe von 5,4 Billionen US-Dollar (das entspricht 4,2 Prozent des gesamten jährlichen BIP) erfordern, von denen ein Teil durch höhere Steuereinnahmen aufgrund der zusätzlichen Einkommen und Arbeitsplätze ausgeglichen werden könnte.

„Wir müssen die Art und Weise, wie wir Betreuungsmaßnahmen und -dienste bereitstellen, überdenken, damit sie ein Betreuungskontinuum bilden, das Kindern einen guten Start ermöglicht, Frauen dabei unterstützt, erwerbstätig zu bleiben, und verhindert, dass Familien oder Einzelpersonen in Armut abrutschen“, sagt Manuela Tomei, ILO-Direktorin für Arbeitsbedingungen und Gleichstellung. „Die Schließung dieser Betreuungslücken sollte als eine Investition betrachtet werden, die nicht nur die Gesundheit und den Lebensunterhalt sichert, sondern auch die Grundrechte, die Gleichstellung der Geschlechter und eine stärkere Repräsentanz von Frauen“.

Care at work: Investing in care leave and services for a more gender equal world of work unter: Link

Quelle: International Labour Organisation

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