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Behörden wollen Demente ausforschen

11.07.2006 - von Hanne SChweitzer

Ein von der Hamburger CDU initiierter Gesetzentwurf des Bundesrats sieht vor, dass Behörden in Zukunft das persönliche Umfeld von psychisch Kranken und dementen Menschen, die unter rechtlicher Betreuung stehen, ausforschen können. Die Bundesregierung unterstützt diesen Gesetzentwurf.

Hierzulande stehen zur Zeit ca. 1 Million BürgerInnen unter Betreuung. Das heißt, das Gericht bestimmt jemanden, der an ihrer Stelle Geschäfte tätigt, Verträge schließt, und den Aufenthaltsort bestimmt.

Die größte Gruppe der Betreuten ist die der geistig Behinderten mit 36,3%. Die zweitgrößte Gruppe sind die psychisch Kranken mit 33,9% Es folgt die Gruppe der an Demenz erkrankten Menschen mit 18,6% und an vierter Stelle stehen die Suchtkranken mit 14,6%.

Bei der Einführung des neuen Betreuungsgestzes 1992 gab es nur rund 350.000 Betreute. Heute sind es s.o. eine Million. Das liegt u.a. daran, dass professionelle Betreuer vom Staat bezahlt werden.

Das neue Gesetz will es den Behörden gestatten, die Situation eines evtl. zu Betreuenden fortan auch ohne dessen Einverständnis durch Gespräche mit den Nachbarn, den Verwandten oder den Arbeitgebern (?) festzustellen.

Die Bundesländer haben dem Gesetzentwurf bereits zugestimmt.
Widerspruch kommt von Sabine Leuthheusser-Schnarrenberger: Der Gesetzentwurf sehe im Datenschutz offenbar nur ein Verfahrenshindernis.

Vielleicht muss in diesem Zusammenhang auch die Initiative der Spitzenverbände der Krankenkassen gesehen werden, die plötzlich von der Wirksamkeit präventiver Hausbesuche so begeistert sind. Diese sollen zur Beratung älterer Menschen und
zur Einschätzung ihrer Lebenssituation dienen und gelichezitig soll ihr Nutzen erforscht werden. Wie FORUM SOZIALSTATION erfuhr, gaben die Spitzenverbände der Krankenkassen Anfang Juni grünes Licht für eine Vor-Studie, die das Design
für eine eigentliche Studie "Präventive Hausbesuche" festlegen soll.

Pflegediensten winken hier neue Betätigungsfelder: Schließlich sind Pflegefachkräfte nach Meinung von Experten die Idealbesetzung für solche
Hausbesuche. Und sollte eine Betreuung nötig werden, überniehmen die Pflegedienste sicherlich gerne die Vermittlung einer Betreuung oder die Betreuung gleich selber.

Quelle: TAZ, 11.7.06, www.forumsozialstation.de/indices/index_bs_nach.htm

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