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Österreich: Streiks und Lohnverhandlungen - Einmalzahlung kommen uns teuer zu stehen

Foto: H.S.

Österreich - 30.11.2022 - von Christian Domke-Seidel

7.12.2022: Einmalzahlung kommen uns teuer zu stehen
Warnstreiks und eskalierte KV-Verhandlungen waren in dieser Herbstlohnrunde Alltag. Es gab kaum eine Branche, in der die Arbeitgeber:innen es nicht bis auf die Spitze trieben. Das Mittel der Wahl war die sogenannte Einmalzahlung. In der Öffentlichkeit lässt sie die Verhandler gut aussehen, weil es um beeindruckende Summen geht, die sofort Verfügbar wären. Jeder Beschäftigte freut sich über 1.000 Euro mehr, die einfach so auf dem Konto auftauchen.
Die Gewerkschaften sind strikt gegen Einmalzahlungen. Die Arbeitgeber:innen nutzten diesen Standpunkt sogar als populistische Waffe. So würden dringend benötigte Hilfen verzögert. Kalte Wohnungen und leere Kühlschränke – und alles nur wegen der Gewerkschaften. Unsinn. Denn Einmalzahlungen sind schnell verbraucht. Erstens. Und zweitens wirkt eine prozentuale Lohnerhöhung über das ganze Erwerbsleben. Barbara Blaha vom Momentum Institut brachte es in der ZIB2 auf den Punkt: „Eine Bahnangestellte, die 2.000 Euro verdient und 1.000 Euro Einmalzahlung akzeptiert, verliert aufs Leben gerechnet über 40.000 Euro.“ Das sei Geld, das man dem Unternehmen schenke.
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30.11.2022: Einmalzahlungen sind keine Gehalt- und keine Rentenerhöhungen
Einmalzahlungen sind nicht unumstritten. Einerseits können sie bei akuten Problemen kurzfristig helfen. Andererseits sind sie keine Langfristige Lösung. Nicht in der Politik und schon gar nicht bei Lohnverhandlungen. Denn die Einmalzahlungen sind schnell verbraucht. In Zeiten explodierender Energiekosten, Mieten und Lebensmittelpreise sogar noch schneller.
Ist die Einmalzahlung verbraucht, bleibt den Empfänger:innen nichts mehr übrig. Im Gegenteil. Sie fallen auf das alte Einkommensniveau zurück, während die Kosten gleich hoch bleiben. In der Politik wie auch beim Lohn lehnen Arbeiterkammer und Gewerkschaften (IN ÖSTERREICH) Einmalzahlungen daher ab. Sie sind in der aktuellen Situation nur ein Trick, um kurzfristig Lohnerhöhungen schönzurechnen, die es langfristig schlicht nicht gibt. Immerhin gewährt die Regierung eine Steuererleichterung bei Einmalzahlungen gegen die Teuerung. Unternehmen können ihre Beschäftigten also jederzeit ein entsprechendes Zuckerl zukommen lassen. Mit den KV-Verhandlungen hat diese Einmalzahlung jedoch nichts zu tun.

Abschluss im Handel
Die Gewerkschaft GPA ist auf den Trick mit der Einmalzahlung nicht hereingefallen. Sie hat sich mit ihrer Forderung nach nachhaltigen Lohnerhöhungen durchgesetzt. Dank eines Mindestbetrags von 145 Euro profitieren davon vor allem niedrigere Einkommen. Ursprünglich wollten die Arbeitgeber:innen die Beschäftigten auch hier mit Einmalzahlungen glücklich machen. Diese hätten aber nur eine Lohnerhöhung von gerade einmal fünf Prozent bedeutet. Zu wenig in Zeiten mit derart hoher Inflation.

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24.1.2022: Vierte Lohnrunde im Handel gescheitert
Jetzt ist schon wieder was passiert. Diesmal um 22 Uhr am Abend. Da scheiterte die vierte Lohnrunde im Handel. Für 430.000 Arbeitnehmer:innen ist das sehr bitter. Davon sind rund 70 Prozent Frauen. Und 37 Prozent arbeiten in Teilzeit. Sehr oft, wenn Politiker:innen von den Menschen sprechen, die sich in der aktuellen Situation die Heizung nicht mehr leisten können, sprechen sie im nächsten Satz von eben jenen Angestellten im Handel. Zwischen Schichtbetrieb, Wochenenddienst und mangelhafter Kinderbetreuung. Viele wollen so gar nicht arbeiten und es fehlt an Verkäufer:innen und Kassierer:innen. Vielleicht hängt es aber auch mit dem Gehalt zusammen. Die Arbeitgeber:innen bieten vier Prozent mehr. Die Basis für die Verhandlungen ist aber eine rollierende Inflation von 6,9 Prozent. Das heißt, dass die Beschäftigten ärmer werden, während sie Regale einräumen und Kunden beraten. Kann man so machen, führt dann halt zu einem Streik. Denn die Gewerkschaften wollen 8,5 Prozent mehr Lohn und einen Mindestbetrag für die kleineren Einkommen. Am 29. November ist die nächste Verhandlungsrunde. Scheitert die, könnte es ab 3. Dezember zu einem Streik kommen.

Zug ist noch nicht abgefahren
Nicht nur im Handel eskalieren aktuell die Lohnverhandlungen. Auch bei der Bahn. Dort verließen die Arbeitgeber:innen die Sitzung. Das lag vor allem daran, dass die Gewerkschaften sich vehement für eine Erhöhung des kollektivvertraglichen Mindestlohns einsetzten. Und das in einer Branche, die vor Umwälzungen steht. Denn die Generation der Baby-Boomer reißt mit ihrer Pensionierungswelle riesige Löcher in die Personaldecke. Die Angestellten, mit denen diese Löcher aber gestopft werden, finden oft fragwürdige Arbeitsbedingungen vor. Von der Bezahlung über den Schichtdienst bis zur Belastung. Eine Anhebung des Mindestlohns dient daher auch der nachhaltigen Sicherung der Branche.
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Bis der Arzt kommt
Warnstreiks gibt und gab es auch in den Ordensspitälern. Mittlerweile jahrelang arbeiten deren Angestellten am Limit. Dort ist die Coronapandemie noch längst nicht vorbei. Wenn die Beschäftigten geglaubt haben, die Politik hätte sie in dieser Krise schon vergessen, dürften sie über das Angebot der Arbeitgeber:innen nicht schlecht staunen. Nicht einmal eine Inflationsanpassung ist drinnen. Und die angebotene Einmalzahlung würden nicht alle Angestellten bekommen. Dabei fließt das Geld. Denn die Organisationsform ist eine Mischung aus Gemeinnützigkeit und privater Investoren. Das bedeutet, die öffentliche Hand finanziert die (kritische) Infrastruktur mit.
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Quelle: Arbeit-Wirtschaft.at