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Renten sind kein Zubrot im Alter sondern Lohnersatz bzw. nachgezahlte Löhne

Foto: H.S.

05.12.2023 - von Winfried Schmähl

Die Wirtschaftsberaterin der Bundesregierung, Grimm, machte nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts, sprich nachdem das Bundesverfassungsgericht das Gesetz über den Zweiten Nachtragshaushalt 2021 als verfassungswidrig eingestuft und als nichtig erklärt hat) einen Sparvorschlag, der hierzulande immer wieder gerne gemacht wird. Auskunft darüber gibt der Artikel "Deutsche Rentenreformen im Überblick: So wurde die Rentenversicherung seit 1992 reformiert", auf Seniorenbedarf.info

Nun also der gefühlt 150ste Griff nach den Renten. Gestrichen oder gekürzt haben möchte Grimm die Rente ab 63, die man nach 45 Jahren Maloche beantragen kann, im Blick hat sie auch die Mütterrente. Selbst bei der den Bestandsrenten soll der Rotstift zum Einsatz kommen. Grimm nennt das auf orwellsch: "Weniger Aufwüchse vorsehen". Gegen "Aufwüchse" ist auch der Grüne Finanzminister in Baden-Württemberg, Danyal Bayaz, Rente mit 63 und Mütterrente „dürfen nicht in Stein gemeißelt sein“ verlautbart er. Ein weiterer FDPler, der Generalsekretär Bijan Djir-Sarai will die mehr als fünf Millionen Empfänger von sogenanntem Bürgergeld (»Hartz IV«) schröpfen: »Es kann nicht sein, dass wir in Zeiten knapper Kassen und mit der niedrigsten Inflation seit 2021 das Bürgergeld um zwölf Prozent anheben.«

Die meisten wissen inzwischen, dass die gesetzliche Rente in der Bundesrepublik zu den niedrigsten in Europa gehört. In Österreich werden 14 Renten im Jahr ausgezahlt, in den Niederlanden hat jede/r der ab dem 15. Lebensjahr dort lebt, einen Anspruch auf eine Mindestrente von 1.200 Euro.

Im Jahr 2007 hatte Winfried Schmähl ein Arbeitspapier veröffentlicht, in dem er Gründe, Ziele und Maßnahmen für die Einführung der dynamischen Rente im Jahr 1957 untersucht hat. Sein Versuch einer Bilanz hat an Aktualität nichts eingebüßt.

– Im Januar 1957 beschloss der Bundestag eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung. Durch sie wurde nicht nur das Leistungsniveau deutlich erhöht, sondern vor allem trat an die Stelle einer statischen nun eine dynamische, an die Lohnentwicklung anknüpfende Rentenformel. Renten sollten nicht länger ein Zubrot im Alter, sondern Lohnersatz sein. Diese Reform hatte Ausstrahlung auf das gesamte Alterssicherungssystem in Deutschland. In diesem Beitrag wird erörtert,
- warum eine grundlegende Reform für erforderlich gehalten wurde,
- welches die wichtigsten mit der Reform verfolgten Ziele waren und welche Maßnahmen zu deren Realisierung ergriffen wurden und
- welche Wirkungen mit den Maßnahmen verbunden waren. Dabei wird auch auf die von Gegnern der Reform befürchteten negativen ökonomischen Folgen eingegangen.

Schließlich wird der Frage nachgegangen, ob das seinerzeit beschlossene Reformkonzept die Basis für ein „marodes“ Rentensystem geschaffen hat, das nicht zukunftstauglich ist, wie dies in den letzten Jahren vielfach behauptet wird.


Summary
In January 1957 a fundamental reform of the statutory social pension insurance in Germany was decided by parliament. Not only a remarkable increase in pensions was its effect, but also a shift in the concept of pension calculation: from a static towards a dynamic pension scheme linked to the development of earnings. In this paper, the following questions are discussed:
- What were the main reasons for such a fundamental reform?
- What were the objectives to be achieved by the reform and what measures were taken to realise these objectives?
- What were the main effects of the reform? Here, also arguments are discussed raised by important opponents to the reform, pointing at expected negative economic effects.

Finally, it is discussed whether the reform concept of 1957 was a base for a pension scheme
that is not sustainable, as often has been argued in Germany during recent years.


Winfried Schmähl Schmähl: Die Einführung der „dynamischen Rente“ 1957 Gründe, Ziele und Maßnahmen
– Versuch einer Bilanz –
Link

ZeS-Arbeitspapier Nr. 3/2007
Zentrum für Sozialpolitik
Universität Bremen

Herausgeber:
Zentrum für Sozialpolitik
Universität Bremen
- Barkhof -, Parkallee 39
28209 Bremen

Link
ZeS-Arbeitspapiere
ISSN 1436-7203


siehe auch:
Sinkendes Rentenniveau: Finstere Aussichten auch für qualifizierte Beschäftigte unter: Link

Wertschöpfungsfinanzierte Alterssicherung - Antwort auf den Rentenabbau in Europa
unter: Link

Quelle: ZeS-Arbeitspapier Nr. 3/2007